Plattform für Carsharing

Zentralschweizer wollen nicht teilen

Die Karte zeigt, wo in den Kantonen Zug und Luzern über «sharoo» Privatautos gemietet werden können. (Bild: Screenshot sharoo.com)

In der Schweiz stehen jeden Tag Tausende Fahrzeuge ungenutzt herum. Diesen Umstand will sich die Firma m-way AG zunutze machen und hat die Plattform «sharoo» gegründet. Seit knapp einem Jahr kann dort jedermann sein Privatauto vermieten. In den Regionen Luzern und Zug hat sich das Angebot bisher jedoch nicht etabliert.

Das Teilen von Autos ist in der Schweiz nicht neu. Man kennt es mittlerweile seit einigen Jahren vom Carsharing-Unternehmen Mobility mit Sitz in Luzern. Fast 3000 Autos können an diversen Standorten im ganzen Land gemietet werden. Seit Mai 2014 gibt es nun aber eine weitere Form des Autoteilens: das Vermieten und Mieten von Privatfahrzeugen.

Die dafür gegründete Plattform «sharoo» setzt dabei auf die Tatsache, dass unzählige Autos täglich während vieler Stunden ungenutzt herumstehen. «Mit sharoo können bestehende Ressourcen sinnvoll und effizient genutzt werden», erklärt Carmen Spielmann, CEO des Start-up-Unternehmens mit Sitz in Zürich. «Viele Leute wollen einerseits nicht auf das Auto verzichten, andererseits aber auch die Freiheit haben, situativ zu entscheiden, welche Mobilitätsform für sie am meisten Sinn macht», so Spielmann.

Vom Angebot mehr erhofft

Seit knapp zwei Monaten macht Andrea Heller aus Kriens bei sharoo mit. Sie vermiete ihren Seat, weil sie sich selbstständig gemacht habe und zu Hause arbeite. Deshalb brauche sie ihr Auto nicht mehr so oft, erklärt Heller. Zudem habe sie sich ein Zusatzeinkommen erhofft. Bisher ist es aber bei der Hoffnung geblieben – sie konnte ihr Auto noch nie vermieten. «Ich muss allerdings auch zugeben, dass ich bis jetzt keine Zeit hatte, mein Auto aktiv anzubieten.» Das kann man vor allem über die sozialen Netzwerke tun, die sich sharoo ebenfalls zunutze machen will. Heller hat sich vom neuen Angebot dennoch etwas mehr erhofft.

Grundsätzlich findet die Krienserin die Idee des Autoteilens aber gut. Auch René Nussbaum ist der Meinung, sharoo sei eine gute Sache, «die meine Frau und ich unterstützen wollen». Sie wohnen im aargauischen Dietwil, arbeiten aber im benachbarten Rotkreuz. Tagsüber stehe das Auto ungenutzt in Rotkreuz, sagt er. «Wenn es jemand in dieser Zeit brauchen kann, ist das doch gut.»

Allerdings konnte auch Nussbaum in den ersten knapp zwei Monaten noch keine Buchung verzeichnen. Er glaubt, in Rotkreuz sei die Konkurrenz durch Mobility zu gross. Um bei sharoo mitzumachen, hatte er bisher Auslagen von etwa 150 Franken für zusätzliche Versicherungsleistungen. Zumindest diesen Betrag wolle er wieder reinholen, so Nussbaum. «Und sonst haben wir wenigstens eine gute Sache unterstützt.»

«Der persönliche Besitz wird an Bedeutung verlieren»

Noch etwas länger dabei als Heller und Nussbaum ist Claudio Gradenecker aus Zug. Seit einigen Monaten bietet er sein Auto auf sharoo an – vermieten konnte er es noch nie. Er habe erst eine Anfrage erhalten. Damals brauchte er sein Auto jedoch gerade selber. Gradenecker hoffte, die Nachfrage würde grösser sein. Sharoo mache in letzter Zeit aber viel Werbung und er sei zuversichtlich, dass die Nachfrage bald steige, sagt er.

Der Zuger findet sharoo aber nach wie vor «eine geniale Idee». Er sei überzeugt davon, dass der persönliche Besitz in Zukunft in einer entwickelten Gesellschaft an Bedeutung verlieren und das Teilen wichtiger werde. «Ich brauche mein Auto nur selten, die geteilte Nutzung macht einfach Sinn.» Gradenecker könnte sich sogar vorstellen, bei entsprechend breitem Angebot von sharoo künftig auf ein eigenes Auto zu verzichten.

Sharoo soll im täglichen Leben eine Option werden

Sharoo-CEO Carmen Spielmann bestätigt, dass Angebot und Nachfrage in der Zentralschweiz bisher «noch überschaubar» sind. Die Städte Zürich und Bern seien momentan Spitzenreiter, was die Anzahl Fahrzeuge und Vermietungen angehe. Das Autoteilen sei momentan eher ein urbanes Thema, sagt sie. Allerdings funktioniere sharoo auch ausserhalb der Stadt. «Ein einzelnes Auto braucht meist nur eine kleine Anzahl Mieter. Dies können Freunde oder Nachbarn sein.»

So funktioniert «sharoo»

Auf der Plattform sharoo können Personen ihr Privatauto vermieten. Über die Webseite oder mittels App können sich Nutzer registrieren, Autos suchen und buchen. Sharoo habe einen «Access Kit» entwickelt, mit dem Fahrzeuge über das Smartphone und ohne Schlüsselübergabe geöffnet und wieder geschlossen werden können, schreibt sharoo auf ihrer Webseite. Dafür muss der Vermieter jedoch vorgängig auf eigene Kosten diesen «Access Kit» einbauen lassen.
Nutzerkreise erlauben es dem Vermieter zu bestimmen, mit wem er wann und zu welchem Preis sein Auto teilen will. Der Vermieter könne dadurch das Vermieten des Autos auf ausgewählte Personen beschränken und den Preis für bestimmte Nutzerkreise festlegen.

Für Spielmann setzt sharoo eine Verhaltensänderung voraus: «Das Auto wird in Zukunft nicht mehr Statussymbol sein, sondern viel mehr ein Gebrauchsgegenstand.» Deshalb sei wichtig, dass sharoo im täglichen Leben zu einer Option werde. Man könne dann den Zug nehmen oder einfach ein Auto über sharoo buchen. «Mit der App ist es möglich, innerhalb von zehn Sekunden ein Auto in der Nähe zu buchen.»

Noch nicht profitabel

Gemäss Spielmann können mittlerweile über 400 Autos auf sharoo gemietet werden. In den Kantonen Luzern und Zug sind es knapp 20. Etwa 8000 Mieter seien auf der Plattform registriert. Wie viele davon in der Zentralschweiz wohnen, ist nicht bekannt.

Die Start-up-Firma ist im ersten Jahr nach der Lancierung gemäss Spielmann noch nicht profitabel. Was sie aber nach der Abwicklung einiger Tausend Buchungen sagen kann: Missbrauch gibt es bisher nicht. Dabei ist wichtig zu wissen: «Alle Mieter werden sorgfältig identifiziert und hinterlegen auf der Plattform ein persönliches Foto, den Führerausweis und ihre Kreditkartennummer», sagt sie.

Mieter und Vermieter sind versichert

Einige Autobesitzer schrecken möglicherweise davor zurück, ihr Auto zu vermieten aus Sorge, ihr Fahrzeug könnte vom Mieter beschädigt werden. Daran hat natürlich auch sharoo gedacht. Deshalb arbeitet die Plattform mit der Mobiliar Versicherungsgesellschaft zusammen. Die Mobiliar habe eigens für sharoo einen Versicherungsschutz entwickelt, der bei jeder Fahrt gelöst werde, erklärt Spielmann. Dieser kostet je nach Mietdauer und Auto zwischen 10 und 18 Franken. «Die sharoo-Kunden sind zudem eine kleine Community. Das Mieten und Vermieten von Autos bietet auch die Möglichkeit, neue Menschen zu treffen.»

Migros, Mobiliar und Mobility sind beteiligt
Gegründet wurde die Plattform 2011 von der m-way AG. Danach wurde sie aufgebaut, entwickelt und in Pilotprojekten getestet. Die m-way AG ist ein Tochterunternehmen der Migros Gruppe. Gemäss eigenen Angaben ist das Ziel des noch jungen Unternehmens, das Thema innovative Mobilität voranzutreiben. Ebenfalls an sharoo beteiligt sind die Mobiliar sowie seit Kurzem Mobility.

 

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2 Kommentare
  • Profilfoto von alchimedes
    alchimedes, 19.01.2015, 18:20 Uhr

    … ich will es hier und jetzt und wenn ich’s nicht mehr brauche, soll ein anderer schauen – so denke ich, kämen wir an der Sache schon ein bisschen näher.

    Ein Auto besitzen und unterhalten bedeutet VERANTWORTUNG übernehmen (oder ist sonst Charaktersache wie die Benutzung auch).
    Wenn ich mir in der Rolle eines Autoleihers ein Auto ausleihe, und es geht etwas kaputt dabei, dann ist ja jemand anders da, der das Problem schlussendlich grundsätzlich lösen muss – wie mit allen Dingen, die man verleiht. Das Auto ist für den Mieter ein Konsumgut – für den Vermieter meistens ein Investitionsgut (welches er gegenwärtig nicht braucht) und dazwischen braucht es eine tüchtige Portion Vertrauen … und dort haperts.

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  • Profilfoto von tschovanni
    tschovanni, 19.01.2015, 17:24 Uhr

    Die Idee an sich wäre gut. Bei näherem Hinsehen erkenne ich aber etwelches Problem- und Konfliktpotential. Welchen Wert erstattet mir die Versicherung im Falle eines Totalschadens? Ist es der Verkehrswert gemäss Eurotax oder der Gebrauchswert? Wer legt letzteren fest auf Grund welcher Kriterien? Eine unpersönliche Uebernahme mit dem Accesskit birgt zudem grosses Konfliktpotential mit nachfolgenden langwierigen Auseinandersetzungen zwischen Mieter und Vermieter. Bei Uebernahme eines konventionellen Mietautos sollte man i.d.R. persönlich das Auto auf sichtbare Schäden prüfen und solche sofort schriftlich auf dem Uebernahmeprotokoll dokumentieren weil sonst der Mieter bei der Rückgabe für Mängel haftbar gemacht wird. Wie Mängelvorbehalte mit dem Accesskit funktionieren sollen ist mir rätselhaft. Für mich ist dieses private An- und Vermieten deshalb definitiv ein NoGo!

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