Hochschule forscht an neuer Technologie

Luzerner Firma will Gletscherschmelze aufhalten

Der Aletschgletscher ist der wohl bekannteste Gletscher der Schweiz. Luzerner Forscher wollen mit einem neuen Produkt die Gletscherschmelze verlangsamen. (Bild: aletscharena)

Forscher sind überzeugt: Die Gletscherschmelze kann verlangsamt werden, wenn man den Gletscher mit Kunstschnee zudeckt. Eine Luzerner Firma hat ein Patent auf eine Schneilanze, die ohne Strom Kunstschnee erzeugen kann.

Wie kann die Gletscherschmelze aufgehalten werden? Seit Jahren ist der Rückgang der Gletscher ein grosses Thema und gilt als direkte Folge des Klimawandels. Nun wird der Schutz der Gletscher konkret, so lautet jedenfalls der Titel einer Medienmitteilung der HTW Chur.

Die Idee ist simpel: Gletscher werden im Sommer künstlich beschneit. So schmilzt nicht der Gletscher, sondern nur der Kunstschnee. Das «spektakuläre» Projekt zur Gletscherrettung wurde kürzlich bewilligt. Es kostet 2,5 Millionen Franken und wird während 30 Monaten realisiert. Die Schweizer Agentur für Innovationsförderung übernimmt die Hälfte der Kosten.

Mit an Bord ist auch die Hochschule Luzern und die Firma Bächler Top Track AG aus Emmenbrücke. Roger Waser vom Institut für Maschinen- und Energietechnik der Hochschule Luzern erklärt: «Für eine flächige Beschneiung wollen wir die Technologie einer Schneilanze an einem gespannten Seil anbringen.» Gegenüber der klassischen Beschneiung vom Pistenrand bietet dieses Konzept ganz neue Möglichkeiten. Waser: «Am Seil werden mehrere Düsen montiert. Man kann es sich wie eine Sprinkleranlage vorstellen.»

So könnte die Beschneiung über den Gletschern dereinst aussehen.

Die Firma Bächler, welche für Auskünfte an die Projektleitung verweist, besitzt ein Patent auf eine Schneilanze. Das Spezielle daran: die Schneeproduktion ist ohne Strom möglich (zentralplus berichtete). «Die für den Gefrierprozess benötigte Druckluft wird dabei in der Lanze durch das fliessende Wasser erzeugt», so Waser. Die Produktionsfirma und die Hochschule Luzern sind Entwicklungspartner. «Wir unterstützen das Unternehmen insbesondere bei komplizierten Berechnungen», sagt Waser. Etwa um sicherzustellen, dass das Wasser nicht bereits in den Leitungen gefriert.

Schneedecke von mindestens vier Metern

Teil dieses speziellen Projekts zu sein, freut den Wissenschaftler. «Es ist eine komplette Neuentwicklung. Eine Seilbeschneiung gab es bisher nicht», sagt Waser. «Es kommen aber bestimmt auch grosse Herausforderungen auf uns zu», schiebt er nach.

Dieter Müller von der HTW Chur ist stellvertretender Projektleiter. Er glaubt daran, mit dieser Seilbeschneiung  einen guten Ansatz zur  Minderung der Gletscherschmelze gefunden zu haben. «Ganz aufhalten können wir das Schmelzen der Gletscher wohl nicht», erklärt Müller. Schliesslich hänge dieser Prozess auch von der zukünftigen Entwicklung des Klimas ab. «Aber unser Ziel ist es, die Gletscherschmelze zu verlangsamen.» 

Er erklärt das Prinzip: «Der Kunstschnee auf dem Gletscher schützt das Eis vor der Sonneneinstrahlung. Bis zu 90 Prozent der Strahlung wird dabei reflektiert.» Er wirkt wie ein Schutzschild. Für den Morteratschgletscher haben die Forscher berechnet, dass es auf eine Fläche von 0,8 bis 1 Quadratkilometer eine Schneeschicht von rund 4 bis 8 Metern pro Jahr brauchen würde. «Man muss während der möglichen Schneitagen mit einer Beschneigungsanlage so viel Schnee produzieren, dass ein Schutz des Eises möglich wird.

Die Forscher machen Prognosen, wie das Schmelzen des Morteratschgletschers verzögert werden könnte.

Mit dem Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels entspricht das Projekt dem aktuellen Zeitgeist. Müller sagt, dass sich die Sicht auf die Gletscherschmelze verändert hat. «Heute stehen ganz klar die Auswirkungen der Gletscherschmelze im Zentrum der Debatte. Im Himalaya beispielsweise, wo die Gletscher als Quelle für Trinkwasser dienen, ist es ein wahrer Überlebenskampf, die Schmelze zu vermindern.» Früher stellte das Schmelzen der Gletscher eher für den Tourismus eine Gefahr dar. «Der landschaftlich-ästhetische Verlust ist etwas in den Hintergrund geraten», so Müller. 

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