Nationale Grosskunden

Krienser Agentur zeigt Firmen, wie Junge ticken – aber so richtig

Yannick Blättler ist Geschäftsführer des auf die Generation Z spezialisierten Unternehmens Neoviso. (Bild: kap)

Die Krienser Marketing-Agentur Neoviso will verzweifelten Unternehmen die Generation Z näherbringen. Die Auftragsbücher sind voll, jährlich verdoppelt die Firma den Umsatz. Woher kommt dieser Erfolg?

Noch fehlt der Schriftzug der auf die Generation Z spezialisierten Marketingagentur Neoviso am Eingang zu den Büroräumlichkeiten im Krienser Mattenhofquartier.

Die Firma ist soeben umgezogen, Google Maps führt noch zum alten Standort unmittelbar gegenüber. Der Grund für den Umzug: Die Firma braucht Platz für die immer zahlreicheren Mitarbeiter. Daher umfasst die neu angemietete Fläche fast 600 Quadratmeter.

Nicht ohne Stolz führt der Geschäftsführer Yannick Blättler durch das neue Grossraumbüro. Es gibt eine Cafeteria, eine grossflächige Terrasse mit Grill und einen «Mate-Corner», benannt nach dem unter Jungen so beliebten Koffeingetränk. Daneben steht ein Töggelikasten und ein Gaming-Zimmer. Angeschlossen am darin aufgehängten Fernseher ist eine Nintendo 64. Ein Relikt aus einer Zeit, die wohl weit vor dem Geburtstag der meisten Angestellten liegt.

«Junge sind sehr wohl fähig, Vollgas zu geben.»

Yannick Blättler

20 Mitarbeiter mehr als vor drei Jahren

34 Angestellte hat Neoviso mittlerweile – viele davon sind Quereinsteiger. Noch vor drei Jahren waren es weniger als zehn.

Die Geschichte der Firma reicht aber weiter zurück: Im Jahr 2016 lud Blättler für einen Studentenverein regelmässig Führungspersonen aus der Wirtschaft ein. Oftmals hätten diese ihn vorgängig gefragt, wofür sich die jungen Erwachsenen interessieren würden. Blättler erkannte die Diskrepanz zwischen den Studenten und den Unternehmern. Kurz darauf gründete er eine GmbH. Das Ziel: den Graben zwischen den Generationen zu schliessen.

Richtig durch die Decke ging das Geschäft aber erst einige Jahre später – während der Coronakrise. Der während der Pandemie zum Vorschein gekommene Fachkräftemangel habe der Firma «enormen» Aufschub geleistet, erklärt Blättler, auf dessen schwarzen Kapuzenpullover der Firmenschriftzug aufgestickt ist.

150’000 Franken für ein Jahr Social-Media-Betreuung

Die Firmen, die Neoviso zu seinen Kunden zählt, haben meist ähnliche Probleme. «Entweder sie finden keine Angestellten respektive Lernenden oder die Auftraggeber wollen ihre Produkte der jüngeren Kundschaft zugänglicher machen», sagt der Geschäftsführer.

Etwa zwei Drittel der Aufträge seien derzeit auf das Unternehmen abgestimmte Rekrutierungskampagnen. Diese plant und führt Neoviso von Beginn bis zum Ende durch. Basierend auf den Erkenntnissen von selbst durchgeführten Interviews und Marktforschungsergebnissen produziert Neoviso eigene Videos, die sie dann über die Social-Media-Kanäle der Firmen verbreiten. Zuletzt tat dies Neoviso für die Postfinance. Weitere Kunden sind etwa der Pilatusmarkt, die BKW oder die Raiffeisen-Bank.

Immer öfter komme es aber auch vor, dass Firmen die Verantwortung über alle Social-Media-Kanäle an Neoviso abträten. Dafür greifen einige Firmen tief in die Tasche: Zwischen 50’000 und 150’000 Franken zahlen diese für einen einjährigen Service – abhängig davon, wie viele Inhalte Neoviso für die Auftraggeber produziert.

Täglich mit Vorurteilen konfrontiert

Dem Geschäftsmodell von Neoviso hilft der stark gewandelte Arbeitsmarkt. Vorbei sind die Zeiten, in denen junge Menschen nach der Ausbildung keinen Job fanden, so wie das nach der Finanzkrise im Jahr 2008 der Fall war. Wirtschaftswissenschaftler sprechen daher zunehmend von einem «Arbeitnehmermarkt», der durch eine stärkere Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer geprägt ist.

Mehr Verhandlungsmacht für die Arbeitnehmer bedeutet im Gegenzug, dass die Arbeitgeber Konzessionen eingehen müssen – was diese nicht immer gerne sehen. «Jeden Tag sind wir mit Vorurteilen konfrontiert», sagt denn auch Blättler. Sogar Führungskräfte eigener Kunden sträubten sich teils gegen Änderungen. «Wir müssen diese Leute überzeugen, dass sich diese nicht den Realitäten auf dem Arbeitsmarkt entziehen können.» Man könne eine negative Meinung über junge Leute haben. Aber die Herausforderung, Leute zu finden, die bleibe, sagt Blättler.

Ein Hype? Viel Diskussionen um die Generation Z

Für Geschäftsführer ist die ganze Diskussion rund um die Generation Z daher mehr als ein Hype. Wer die hiesigen Medien liest, könnte das zwar vorschnell daraus schliessen. So hat etwa die «NZZ» Ende September innerhalb einer Woche gleich drei Artikel publiziert, in denen es um die heute circa 13- bis 26-Jährigen geht.

Die Omnipräsenz der Generation Z im gesellschaftlichen Diskurs beklagen auch Kunden von Neoviso. Dass es sich dabei nur um eine Mode handle, dem widerspricht Blättler: «Ich würde diesen Leuten gerne unseren Posteingang zeigen. Dann würden sie sehen, dass viele Unternehmen dringend Unterstützung brauchen.»

Blättler erklärt, dass ein grosser Teil der Belegschaft vieler Firmen bereits weg sei oder demnächst wegzufallen drohe. Grund dafür ist auch die Pensionierung vieler Babyboomer. Solche Firmen bräuchten Unterstützung, sagt Blättler.

Zu dieser Unterstützung gehöre auch, weit verbreitete Vorstellungen innerhalb der Führungsriege aufzubrechen. In Gesprächen mit Kadermitgliedern stelle Blättler etwa oft fest, dass viele von ihnen daran glaubten, dass die Attraktivität der Stelle vom Lohn abhinge. Das sei aber nur einer unter vielen wichtigen Punkten (zentralplus berichtete).

«Normal und richtig gibt es bei uns nicht»

Zwar attestiert Blättler der jungen Generation hohe Ansprüche, dennoch sagt er dezidiert: «Junge sind sehr wohl fähig, Vollgas zu geben.» Der Rahmen müsse aber stimmen. «Die Ansprache von potenziellen Arbeitnehmern ist heute viel emotionaler und visueller. Die Unternehmenskultur und Themen wie mentale Gesundheit haben einen höheren Stellenwert.»

Nach dieser Kultur versuchte Blättler, Neoviso aufzubauen. Betont locker zeigt sich die Firma auch in den Impressionen auf der Website. In den eingebetteten Videosequenzen wird Prosecco versprüht, im Büro mit Fussbällen jongliert. Teils tollpatschig wirken die kurzen Ausschnitte. Auch der Slogan «Normal und richtig gibt es bei uns nicht» vermittelt eine gewisse Nonchalance.

«Das hat absolut System», sagt Blättler. «Wir müssen mutig, laut und unbequem sein.» Gamen oder Fussball spielen im Büro seien für ihn mittlerweile normal. «Man muss junge Leute explorativ an die Arbeitswelt herankommen lassen. Vieles funktioniert, was ich selbst nicht gedacht hätte.»

Das sei es auch, was die Firmen an Neoviso schätzen. Sie wollen den Austausch mit Leuten, die anders an die Probleme herangehen. Das Geschäftsmodell scheint zu funktionieren. Laut Blättlers Angaben habe das Unternehmen in den letzten drei Jahren jährlich den Umsatz verdoppelt.

Starke Verbindung zur Zentralschweiz

Ein Wachstum sei weiterhin möglich. So wolle Neoviso in Zukunft etwa Hauptansprechpartner von Firmen werden bei Marketingangelegenheiten – und so mit den «ganz Grossen» der Branche in einer Liga mitspielen.

Klar ist für den Geschäftsführer aber, dass die Firma immer in der Zentralschweiz bleiben wird – das im Gegensatz zu vielen ähnlichen Firmen, die in Zürich sitzen. «Ich bin hier aufgewachsen. Mir war stets wichtig, dass wir hier bleiben für all die kreativen Leute aus der Region.»

Das schätzen die Kunden, so Blättler: «Viele sagen mir: ‹Toll, jemand der etwas Neues macht, der nicht aus Zürich kommt.›»

Verwendete Quellen
  • Persönliches Treffen mit Yannick Blättler, Geschäftsführer Neoviso
  • Website von Neoviso
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Xaver
    Xaver, 25.10.2023, 12:39 Uhr

    Sind Sommerferien oder ist dass eine Publireportage?

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  • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
    Marie-Françoise Arouet, 25.10.2023, 11:38 Uhr

    Das Schöne an der Generation Z ist, dass ihr Wokeness komplett an den hinteren Körperteilen vorbei geht. Wie sagt doch der Prediger: „Alles hat seine Zeit.“ Die Zeit ist um. Und für diejenigen, die das nicht glauben: „Get woke, go broke.“

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  • Profilfoto von Franz
    Franz, 25.10.2023, 09:26 Uhr

    Da wird sich der junge Schreiner oder die junge Krankenschwester aber freuen, bei der Arbeit zu gamen oder mit Bällen zu jonglieren. Aber logo, die GenZ arbeitet ja im Büro, gerne Teilzeit, mit Lohn für Vollzeit.

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