«Knall» im Uhrengeschäft

Nach Rolex-Bucherer-Deal: Was sich am Schwanenplatz ändert

Der Bucherer hat seinen Sitz in Luzern. Stadträtin Franziska Bitzi «vertraut darauf», dass dies auch so bleibt. (Bild: zvg)

Die Nachricht der Bucherer-Übernahme durch die Luxusuhrenmarke Rolex ging um die Welt. Doch was ändert es für die Geschäfte im Grendel? Die städtische Finanzdirektorin richtet sich derweil mit einem Appell an das kürzlich aufgekaufte Traditionshaus.

Der Genfer Luxusuhrenhersteller Rolex kaufte in der vergangenen Woche das Uhrenhaus Bucherer. Medienberichte dazu erschienen in den Zeitungen weltweit.

Diverse Medien sprechen von einem «Knall». Kein Wunder: Rolex ist die mit grossem Abstand umsatzstärkste Uhrenmarke der Schweiz – und Bucherer einer der weltweit grösste Uhrenhändler.

Aufgrund der weltweiten Dimensionen geht schnell einmal unter, dass Bucherer aus Luzern kommt. Das Traditionshaus eröffnete hier im Jahr 1888 die erste Filiale. Jetzt, 135 Jahre später, wird die Firma an Rolex verkauft. Noch bedarf der Deal der Zustimmung der Wettbewerbsbehörde, was aber reine Formsache sein sollte.

Rolex sagt, dass sich vorerst nichts in den Filialen von Bucherer ändert. Doch daran gibt es Zweifel. (Bild: kap)

Uhrenhändler sind verschwiegen

Während die internationalen Auswirkungen des Mega-Deals wortreich diskutiert worden sind, sind die möglichen lokalen Veränderungen am Schwanenplatz noch nicht ausreichend beleuchtet, obschon die Uhrenbranche so stark mit Luzern verwurzelt ist wie in kaum einer anderen Schweizer Stadt. Firmen wie Gübelin und Bucherer haben hier ihren Sitz. Ein Luzerner Retailer spricht gar von der Schweizer «Uhrenhauptstadt».

Die Frage drängt sich daher auf: Wie wird dieser Deal das Uhrengeschäft rund um den Schwanenplatz verändern? Und inwiefern ist Luzern als Ganzes davon betroffen?

Eine Antwort darauf ist schwierig. Schwierig einerseits, weil der Deal noch frisch ist. Schwierig andererseits, weil die Händler gewohnt verschwiegen sind.

Der Gübelin wollte sich zur Übernahme von Bucherer durch Rolex nicht äussern. (Bild: kap)

Vertreter der Stadt sind in «regelmässigem Kontakt» mit Bucherer

Klar ist aber, dass die Uhrenbranche jährlich Geld in die Kassen der Stadt spült. Die Steuereinkünfte aus dem Schmuck- und Uhrenhandel im Jahr 2021 betrugen rund 1,7 Millionen Franken. «Die Steuereinnahmen aus dem Schmuck- und Uhrenhandel sind für die Stadt Luzern wichtig», heisst es denn auch auf Anfrage bei Finanzdirektorin Franziska Bitzi. «Die Firma Bucherer ist wichtig für die Stadt Luzern», sagt sie ganz generell.

Es stellt sich die Frage, ob der Betrag auch in Zukunft so hoch sein wird. Zwar schreibt Rolex nach der Übernahme: «Bucherer wird seinen Namen behalten und sein Geschäft weiterhin unabhängig führen.» Auf Anfrage will Bucherer sich aber nicht einmal dazu äussern, ob der Firmensitz in Zukunft in Luzern bleiben wird.

Stadträtin Franziska Bitzi richtet sich daher mit einem Appell an Bucherer: «Anliegen der Stadt Luzern sind, dass die Firma Bucherer weiter besteht und keine Arbeitsplätze abgebaut werden.» Die Stadt «vertraue darauf», dass die Firma hier bleibe. Vertreter seien im regelmässigen Kontakt mit Bucherer, schreibt die Stadträtin.

Gemäss Rolex bleibt bei Bucherer alles beim Alten – doch stimmt das wirklich?

Weiter stellt sich die Frage, wie die Übernahme den Verkauf von Uhren vor Ort verändern wird. Das Potenzial für grössere Umwälzungen scheint zumindest vorhanden. Denn mit dem Deal ist die umsatzstärkste Schweizer Uhrenmarke Rolex und der grösste Rolex-Händler neu unter einem Dach. Der gemeinsame Gang dürfte auch etwas gekostet haben: Branchenkenner vermuten, dass Rolex vier bis fünf Milliarden Franken bezahlt haben dürfte, wie in der «Bilanz» zu lesen war.

Fraglich ist, ob das Uhrenhaus Bucherer in Zukunft noch im gleichen Masse auf Uhren anderer Marken setzen wird. Derzeit verkauft das Uhrenhaus auch Zeitmesser vieler anderer Marken. Beispiele sind die Marken Longines und Omega, die beide zum Swatch-Konzern gehören. Gemäss Rolex werde sich aber nichts ändern. «Die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Rolex und den anderen offiziellen Händlern in seinem Vertriebsnetzwerk bleibt unverändert.»

Für die «Bilanz» ist dennoch klar, dass sich längerfristig mehrere Marken vom Duo Rolex/Bucherer verabschieden könnten. «Es ist nur schwer vorstellbar, dass die starken Marken der Swatch Group, Richemont oder LVMH dabei zusehen werden, wie der Verkauf ihrer Zeitmesser die Schatullen ihres ärgsten Konkurrenten Rolex füllen wird.»

Gübelin und Embassy können froh sein, dass sie keine Rolex verkaufen

Für eben jene Marken würden der Verkauf in eigenen Läden oder über andere Retail-Partner attraktiver. Das wiederum könnte Folgen haben für Luzern, da mit Gübelin und Embassy noch zwei weitere bekannte Retailer direkt neben dem Bucherer Uhren verkaufen. Die beiden Uhrenhäuser wollen sich gegenüber zentralplus aber nicht äussern.

Immerhin verkaufen weder Embassy noch Gübelin die Marke Rolex in ihren Läden. Sie wären daher nicht davon betroffen, wenn Rolex künftig kleinere Kontingente an Uhren künftig an andere Händlern abgeben würde. Ebendieses Szenario ist gemäss der «Bilanz «durchaus realistisch». Für die betroffenen Uhrenhändler in anderen Städten könnte das erhebliche Umsatzeinbussen bedeuten, da viele Uhrenhändler 30 bis 50 Prozent des Umsatzes mit Rolex-Uhren erwirtschaften, wie es im Wirtschaftsmagazin weiter heisst.

Zumindest zwischen Falkenplatz und Schwanenplatz ist noch alles beim Alten. (Bild: kap)

Doch da sich die Händler im Grendel wortkarg bis stumm geben, bleibt vieles vorerst Spekulation. Klar ist: Es interessante Zeiten für die Uhrenbranche. Die Pandemie ist Vergangenheit, die Branche brummt, die Kundschaft wird gemäss mehreren Händler immer jünger. Der Deal zwischen Rolex und Bucher ist hier das neuste Kapitel.

Für den Schwanenplatz hat der Deal aber wenig unmittelbare Auswirkungen. Das zeigt auch ein Besuch am frühen Abend vor Ort. In den Uhrenläden informieren sich Reisende über die verschiedenen Modelle. Eine grosse asiatische Touristengruppe steht vor dem Bucherer. Mit teuren Kleidungsstücken ausgestattete Reisende blicken unter Regenschirmen stehend in Richtung des Gübelin und des Embassy. Etwas abgesetzt davon schaut eine Reisende wortlos in ein Schaufenster des Bucherer, in dem Uhren traditioneller Schweizer Uhrenmarken ausgestellt sind. Vom besagten «Knall» ist hier noch nichts zu spüren.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch, respektive Telefonate mit Verantwortlichen von Embassy, Gübelin und Bucherer
  • Schriftlicher Austausch mit Stadträtin Franziska Bitzi
  • Medienmitteilung von Rolex
  • Artikel in der «Bilanz»
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


2 Kommentare
  • Profilfoto von MARIO P. HERMANN
    MARIO P. HERMANN, 04.09.2023, 10:41 Uhr

    Bucherer wird verhältnismässig zu den X-Millionen Jahreseinnahmen (geschätzt 1/4 Mia. oder mehr!), wenig in Luzern abliefern bzw. versteuern!
    Mich wundert es immer noch, dass Bucherer an Rolex ging; anscheinend keine Nachkommen.
    Wie dem auch sei; Die Zentralverwaltung wird vielleicht in absehbarer Zeit in Geneve sein… während dem zu 100% das Luzerner Imperium «Bucherer» noch jahrzehntelang am Schwanenplatz ansässig sein wird!
    Hohe Einnahmequellen sind an einem sooo guten Standort mit 100’000-enden Touristen fast auf Lebzeiten gesichert.
    Ausser ein Weltuntergang wird kommen…;-).

    👍5Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
  • Profilfoto von schaltjahr
    schaltjahr, 03.09.2023, 23:14 Uhr

    Gemessen an den Steuereinnahmen der Stadt Luzern, sind die Einnahmen aus dem Uhrengeschäft Bucherer sehr klein. Dennoch diktiert diese Firma der Stadt wo es Langgeht. Dies vielleicht auc, weil Mitglieder der Stadregierung ebenfalls aus dem Topf des Uhrenhandels alimentiert werden … Sei es durch Spenden für den Wahlkampf, oder allfällige weiteren Goodies ( Wie die Journalisten bei der SGV, zumindest bis vor Kurzem .. ).
    Dem persönlichen Wohlbefinden wird dann schnell das gelobte Versprechen der Bevölkerung zu dienen Hintenangestellt …

    👍5Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon