Zuger Velogeschäfte von grosser Nachfrage überrollt

Begehrtestes Objekt auf dem Planeten: ein Mountain-E-Bike

In Zuger Velogeschäften wird geschraubt, was das Zeug hält: Hier die Werkstatt von M-Way in Steinhausen. (Bild: mam)

Nach dem Toilettenpapier und den Schutzmasken sind infolge des Coronavirus sehr viel teurere Objekte zur Mangelware geworden: Velos, die für die Berge taugen und mit einem Elektromotor ausgerüstet sind. Eine Spurensuche in Zuger Geschäften.

Die Tour de Suisse fand dieses Jahr wegen des Coronavirus nicht statt – aber nur die Tour der Radprofis. Die Tour de Suisse der begeisterten Velofahrer hingegen rollt jeden Tag über die Strassen, auf beliebten Strecken wie zum Beispiel rund um den Zugersee.

In zwei Stunden ist diese Etappe absolviert. Kein Wunder, sind etwa auf dem Trottoir zwischen Zug und Oberwil, das für Velofahrerinnen freigegeben ist, deutlich mehr Radler als Fussgängerinnen unterwegs.

Auslage ist ausgedünnt

Die Frage ist: Woher haben all die Fans von Mountain-Biker Nino Schurter, Strassenfahrer Mathias Frank oder dem langjährigen Zuger Lokal-Matador Martin Elmiger ihre Velos?

Wir begeben uns zur Cycling Lounge an der Gubelstrasse in Zug. «Tja», sagt uns der Jonas Stehli, der hier seine Berufslehre absolviert, «so viele Velos stehen derzeit gar nicht mehr zum Verkauf.» Zwar sei das Geschäft während des Lockdowns geschlossen gewesen. Aber seither laufe es wie geschmiert.

«Viel zu tun»

Objekt der allergrössten Begierde sind Mountain-E-Bikes. Von den aktuellen Modellen seien so gut wie alle ausverkauft, sagt Stehli. Es gibt zwar noch ein paar ältere Vehikel. Aber man wartet vor allem und sehnlichst auf Nachschub.

Dann kommt Geschäftsführer Björn Schwengeler aus der Werkstatt. Er hat keine Zeit für ein Foto und auch nichts übrig für Auskünfte: «Entschuldigen Sie, wir haben einfach zu viel zu tun», sagt er.

Run auf teure Zweiräder

Also machen wir uns auf den Weg zu M-Way im Einkaufzentrum Zugerland. In diesem auf E-Bikes spezialisierten Geschäft der Migros entdecken wir eines der E-Mountain-Bikes in der Auslage: Es sei fürs Gelände und die Berge ideal, lesen wir auf dem Etikett.

Es kostet knapp 4'500 Franken – und dies nach Abzug von 20 Prozent Rabatt. Auch der nächste Kunde im Shop, ein sportlicher Mann in den Sechzigern, interessiert sich ausschliesslich für dieses Modell und ignoriert die City-E-Bikes und die Veloanhänger.

Mehr Umsatz trotz Lockdown

Im Ausstellungsraum gehen wir erst an einer langen Linie von bereits verkauften Zweirädern vorbei, die mit Etiketten versehen sind. Zuhinterst treffen wir auf zwei Mitarbeitende, die in der Werkstatt an Bikes herumschrauben.

Der Filialleiter Matthias Würsch ist vorübergehend abwesend. Aber er hat uns vorab ein Video geschickt. «Das beschreibt wohl am besten, was gerade abgeht in der Schweiz», schreibt er.

Der Run auf Velos ist ein landesweites Phänomen. Der Lockdown, der viele Leute in die Natur gelockt hat, aber auch das schöne Wetter und die Tatsache, dass viele Leute heuer ihre Ferien in der Schweiz verbringen, hat den Velogeschäften einen unverhofften Boom beschert. Obwohl sie lange geschlossen bleiben mussten, haben viele den Umsatz im ersten Halbjahr gegenüber 2019 um 10 bis 15 Prozent steigern können.

Auch alte Velos werden fit gemacht

Es wird viel hochqualitative Ware gekauft. Verschafft sich also eine tendenziell ältere, aber zahlungskräftige Kundschaft mit dem E-Mountain-Bike ein neues Hilfsmittel, um die Natur zu geniessen und das Immunsystem zu stärken?

Diese Frage greift zu kurz: Denn wer sich kein neues, teures E-Bike leisten kann, schaut genauer im Keller nach, ob sich dort nicht ein Fahrrad findet, das sich auf Vordermann bringen liesse. Wobei jene Leute, die ihr Velo einst günstig im Versandhandel bestellt haben, wohl öfter selber Werkzeug in die Hand nehmen müssen.

Reparaturen: selber geht schneller

Viele Mechaniker konzentrieren sich aufgrund der grossen Nachfrage darauf, in erster Linie ihre angestammten Kunden mit Reparaturen zu bedienen.

Zur Überprüfung dieser These begeben wir uns zum Radsportgeschäft Baumgartner an der Poststrasse in Zug, das seit Jahrzehnten dafür bekannt ist, die Drahtesel aus der Gegend wieder fit zu machen.

Bei unserem Besuch stehen vor dem Eingang die reparierten Velos dicht an dicht, ein Mechaniker stellt eben ein weiteres hinzu. Der Geschäftsführer Bernhard Baumgartner eilt aus dem Büro herbei und sagt ein wenig angespannt: «Entschuldigung, wir haben gerade überhaupt keine Zeit.»

Tour um den Zugersee

Also schwingen wir uns auf unser City-Bike, das vor langer Zeit vom bekannten Velogeschäft Ambühl aus Horw zusammengebaut worden war. Auf der Tour um den Zugersee begegnen wir vielen nderen Radlern und es gibt bis Arth auch nicht sehr viel Platz auf der Strasse.

In Immensee baden wir und in Risch rasten wir unter dem Lebendbaum neben der Kirche, der viel Energie spenden soll. Eine perfekte Etappe auf der persönlichen Tour de Suisse, die morgen fortgesetzt wird.

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