Konservative Werte aus dem Ausland

Wie geht’s den bürgerlichen Secondos?

Sie wollen die Haltung der bürgerlichen Parteien von innen heraus ändern: Die Gründungsmitglieder des Vereins «Neue Heimat Zug». Niko Trlin (links aussen) ist der Präsident des Vereins. Yvette Estermann (Mitte) die Geburtshelferin. (Bild: zvg) (Bild: zvg)

Der Verein «Neue Heimat Zug» ist vor zwei Jahren angetreten, das Image der Secondos zu verbessern. Zumindest bei den bürgerlichen Parteien. Mittlerweile ist es still um ihn geworden. Lebt da noch was? Und wieso lassen sich die Secondos vor den Karren der SVP spannen?

Niko Trlin flüchtet vor dem Regen ins Café Meier. Gerade noch geschafft. Der Schweizer und Kroate ist der Präsident des Vereins «Neue Heimat Zug». Des ersten Ablegers des schweizweit aktiven Vereins «Neue Heimat», der von der SVP-Politikerin Yvette Estermann gegründet wurde. Mittlerweile sind in den Kantonen Basel und Bern ebenfalls neue «Heimaten» eröffnet worden, «sie haben mich natürlich einiges gefragt», sagt Trlin, «und von unseren Erfahrungen profitiert».

Der Verein «Neue Heimat» ist mit einem starken Versprechen angetreten. «Wir wollen bürgerliche Secondos anziehen, und andererseits den bürgerlichen Parteien klarmachen: Die allermeisten Secondos sind für die Gesellschaft wertvoll und leisten ihren Beitrag», sagt Trlin. «Nur ein kleiner Teil ist delinquent.» Sein Verein existiert jetzt schon seit zwei Jahren und hat rund 40 Mitglieder. Zeit um nachzufragen: Was läuft da eigentlich?

zentral+: Herr Trlin, seit den Zuger Wahlen ist es still geworden um Ihren Verein – lebt er überhaupt noch?

Niko Trlin: Er lebt noch, aber es ist tatsächlich weniger passiert, als wir es uns gewünscht hätten. Das hat auch mit den Wahlen zu tun – ich war selber Kandidat für die SVP, und das hat viel Zeit beansprucht. Aber jetzt wollen wir mit dem Verein wieder aktiver werden. Das geht aber nicht von heute auf morgen.

zentral+: War «Neue Heimat Zug» vor allem ein Wahlhelfer-Verein?

Trlin: Nein, das ist er nicht. Wir machen zwar auch jetzt wieder etwas zu den Wahlen, aber nicht als Wahlhelfer, sondern weil wir möglichst viele Secondos aktivieren wollen. Die bürgerlichen Parteien haben es lange verschlafen, sie zu erreichen. Wir möchten dazu beitragen, dass sich das ändert. Es ist wichtig, dass sich Secondos mit ihren Erfahrungen einbringen. Ob sie dann links oder rechts wählen, ist nicht so wichtig: Hauptsache, sie gehen an die Urne.

zentral+: Gibt es denn konkrete Dinge, die Ihr Verein unternimmt?

Trlin: Wir werden vor den Wahlen sicher eine Aktion starten. Was das genau ist, wissen wir noch nicht. Aber klar: Wir finden auch, dass wir noch zu wenig aktiv sind. Das wollen wir ändern.

zentral+: Ihr Verein hat vor allem einen politischen Standpunkt: Das Strafrecht soll verschärft werden. Ist das die einzige politische Botschaft, die bürgerliche Secondos für die Schweiz haben?

Trlin: Natürlich nicht. Unser Verein steht auf einem konservativen Wertesystem. Das rührt daher, dass die meisten Secondos Erfahrungen in ihren eigenen Ländern gemacht haben: Wir in Ex–Jugoslawien etwa haben miterlebt, dass ein sozialistisches System nicht funktioniert. Deshalb sind wir konservativer eingestellt. Aber auch wegen unserer Familien-Tradition: Der Vater ist der Chef im Haus, wenn er etwas sagt, wird das auch eingehalten. Und wir als Secondos wissen, wenn ein Ausländer in der Schweiz ein Verbrechen begeht, dann sind für ihn die Schweizer Strafen einfach läppisch. Das hat keine abschreckende Wirkung. Und dann leiden die anderen Secondos darunter, wenn wenige ihren Ruf zerstören, nur weil die Strafen nicht abschreckend genug sind.

zentral+: Das klingt ein wenig so, als wollte sich ihr Verein mit möglichst markigen Aussagen gegen delinquente Ausländer bei den bürgerlichen Parteien beliebt machen. Allerdings sind es ja gerade Parteien wie die SVP, die mit ihren Kampagnen viel zum Stereotyp des delinquenten Ausländers beigetragen haben. Lassen Sie sich da nicht von einer Partei vor den Karren spannen, die Ihnen und anderen Secondos schadet, in dem sie das Ausländerthema so drastisch bewirtschaftet?

Trlin: Es geht uns nicht darum, uns einer Partei zu verkaufen, und wir lassen uns auch nicht vor den Karren spannen. Es wird uns zwar viel vorgeworfen, dass wir ein Ableger der SVP seien, aber das stimmt einfach nicht. Es stimmt aber, dass die SVP mit ihren Plakaten das Klischee vom delinquenten Ausländer aufgebaut hat. Aus marketingtechnischer Sicht verstehe ich das. Aus zwischenmenschlicher Sicht finde ich es verwerflich. Uns geht es nun darum, quasi von innen her für einen Wandel zu sorgen, und den bürgerlichen Parteien klar zu machen: He, es ist nur eine Minderheit, die die Gesetze verletzt. Die grosse Mehrheit der Secondos in der Schweiz trägt viel zur Gesellschaft bei, ohne sie würde es gar nicht gehen. 

Der Verein «Neue Heimat Zug»

Auf seiner Website beschreibt der Verein «Neue Heimat Zug» seine Ausrichtung so: «Als Zusammenschluss von Personen, welche Zug und somit die Schweiz als ihre neue Heimat gewählt haben, bekennt sich der Verein Neue Heimat Zug unmissverständlich zur Schweiz und zu ihren Werten», so die Präambel. Eine Partei sei er aber nicht, sagt der Präsident Niko Trlin. Trotzdem habe er konservative Werte.

Und das sind die Ziele des Vereins: Er möchte die «Wertschätzung gegenüber gut integrierten Frauen und Männern fördern», möchte einen «Beitrag zur Integration aus einer bisher neuen Perspektive leisten: Viele Mitglieder kennen vorherrschende Probleme aus eigener Erfahrung und können diese mit Hilfesuchenden teilen.» Der Verein lehnt einen EU-Beitritt ab und befürwortet insbesondere härtere Strafen. Die Argumentation: «Viele Migranten stammen aus Ländern, die ein komplett anderes, viel strikteres Strafsystem kennen. Die in der Schweiz angedrohten Strafen können von Personen mit solcher Herkunft vergleichweise als Kuschelpolitik verstanden werden.»

zentral+: Was erhoffen Sie sich davon – das die SVP keine reisserischen Ausländerplakate mehr macht, wie etwa das Plakat «Kosovaren schlitzen Schweizer auf»?

Trlin: Es wäre anmassend, das zu verlangen. Aber wir wären schon zufrieden, wenn irgendwann auf so einem Plakat auch steht, dass nur eine Minderheit gemeint ist – nämlich die, die tatsächlich delinquent ist.

zentral+: Wie haben Sie Ihre politische Haltung entwickelt, waren Sie schon bürgerlich eingestellt, bevor Sie in die Schweiz gekommen sind?

Trlin: Nein, ich war vorher unpolitisch. Es ist ja gerade das Tolle an der Schweiz, dass man sich hier einbringen kann. Und ich finde, das müssen unbedingt auch die Secondos tun.

zentral+: Wie ist das Feedback aus den bürgerlichen Parteien auf Ihren Verein?

Trlin: Erstaunlich gut. Sie haben uns gut aufgenommen.

zentral+: Und die Secondos, wie reagieren sie auf Ihren Verein?

Trlin: Wir haben Zuwachs von Secondos aus allen möglichen Ländern. Viele finden es gut, dass jemand etwas unternimmt, um das Image der Ausländer aufzubessern. Auch hier kann man nicht erwarten, dass wir in so kurzer Zeit einen riesigen Zulauf hätten. Aber wir wachsen stetig.

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