SP-Stadtpräsident Beat Züsli im Portrait

Wie Beat Züsli Velofahrer auf die Strasse locken will

Beat Züsli geht am liebsten mit dem Velo zur Arbeit. (Bild: uus)

Ums Luzerner Stadtpräsidium kommt es am am 29. März zur Kampfwahl. Beat Züsli macht aber keine Anstalten, sein Büro zu räumen, und möchte in Sachen Verkehr und Theater vorwärtskommen. Und dabei endlich wieder ein grosses Projekt zum Abschluss bringen.

Beat Züslis Büro ist geräumig. Nach seiner Wahl im Jahr 2016 zum Stadtpräsidenten wurde es umgebaut. «Es war vor allem ein Rückbau», präzisiert der gelernte Architekt und Energieingenieur. Deckenlampen wurden entfernt, alte Schränke demontiert, die Wände frisch in weiss gestrichen.

So kommt der Arbeitsraum des Bildungs- und Kulturdirektors heute schlicht daher: Das Pult und die bewährten USM-Haller-Möbel haben ihren Weg aus dem vormaligen privaten Büro Züslis in das Stadthaus gefunden. Einige Leuchten und ein grosser Konferenztisch runden das Mobiliar ab.

An den Wänden hängen zwei Bilder aus dem Fundus der Stadt. Ob Züsli sie auswechseln wird, falls er am 29. März als Stapi noch einmal gewählt wird, lässt er im Moment offen. «Mir gefällt, dass die Bilder von Kunstschaffenden aus der Stadt Luzern stammen.»

Autofreier Mühlenplatz war sein erster Polit-Erfolg

Ausserhalb seines Büros trifft man Züsli unter anderem regelmässig am Mühlenplatz an. Es ist einer seiner Lieblingsplätze in der Stadt Luzern. Nicht zufällig sagt der Mühlenplatz auch einiges über den politischen Weg von Beat Züsli aus.

Denn dass der Mühlenplatz, an privilegierter Stelle in der Stadt gelegen, heute eine beliebte Begegnungszone ist, geht auf eine Interpellation des 56-jährigen SPlers zurück. Vor rund 16 Jahren titelte er in seiner Anfrage: «Wann wird der Mühlenplatz autofrei?»

«Die Stadtentwicklung lag lange stark im Fokus des motorisierten Verkehrs.»

Nach jahrzehntelanger Diskussion gelang es endlich, «die freigespielte Fläche der Bevölkerung zurückzugeben», wie er sagt. Züsli gefällt besonders, dass heute hier Touristen und Stadtbewohnerinnen gleichermassen vorbeiflanieren, einen Kafi trinken und sich an der fliessenden Reuss eine ruhige Minute gönnen.

Vom motorisierten zum langsamen Individualverkehr

«Die freigespielte Fläche der Bevölkerung zurückgeben» ist notabene eine Redewendung, die man auch heute noch oft vom gelernten Architekten und Energieingenieur Beat Züsli hört. Ob beim Mühlenplatz, beim neuen Theater oder in der noch ferneren Zukunft auch beim Durchgangsbahnhof – überall sucht er nach Möglichkeiten, Räume zu schaffen, die entweder zu Begegnungszonen oder Orten ohne Autos umgestaltet werden.

Züsli gilt auch als vehementer Bekämpfer der Spange Nord. Hier will er im Falle seiner Wiederwahl die Fahne weiter hochhalten – auch gegen Widerstand, etwa seitens des Regierungsrates. «Die Stadtentwicklung lag lange stark im Fokus des motorisierten Verkehrs», führt er aus. Sein Ziel sei es, «innovative Verkehrslösungen zu finden, die verstärkt auf Langsamverkehr und den ÖV setzen.»

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Auch der Stapi schätzt die Vorteile des Autos

Ganz aufs Auto verzichten könne auch er nicht, so Züsli. Wenn es einmal etwas Grösseres zu transportieren gibt, oder gelegentlich, um längere Strecken zu bewältigen, schätzt der Stadtpräsident mit seiner Familie die Vorteile des Autos als Carsharing-Nutzer. Zum Beispiel, um ins Skigebiet zu fahren.

In der Stadt selbst ist Züsli, wenn immer möglich, mit dem Velo unterwegs. Für geübte Velofahrerinnen und Velofahrer sei Luzern inzwischen ganz gut passierbar, findet er. Aber es gibt weiterhin Nachholbedarf. Der Bundesplatz, an dem Züsli auf seinem Arbeitsweg täglich vorbeikommt, aber auch die Seebrücke oder der Schweizerhof-Quai sind solche neuralgische Stellen. Es gebe nicht wenige Luzernerinnen und Luzerner, die genau deswegen ihr Velo lieber im Keller stehen lassen.

Als Velofahrer, Fussgänger und Stadtpräsident fuchst ihn auch, dass der Stadtrat bei der Umsetzung der autofreien Bahnhofstrasse noch nicht so weit ist. «Hier wäre ich gerne etwas weitergekommen in den vergangenen Jahren.» Diese Verzögerung liege aber vor allem am politischen Prozess mit seinen Einsprachemöglichkeiten, weniger am Willen der Stadtregierung.

Das Theater vor dem Theater

Auf dem Weg zur autofreien Bahnhofstrasse – und einer innovativen Verkehrspolitik – liegt auch Züslis zweite grosse Baustelle, die zu einer persönlichen Angelegenheit für den passionierten Kulturgänger wurde.

«Auch mir wäre ein Neubau lieber.»

Die Luzerner Theaterfreunde hatten Züsli gar zu ihrem «Stapi Löwenherz» ernannt, von dem sie erwarten, mutig und mit Herzblut für ein neues Theater und möglichst für einen Neubau zu kämpfen. Züsli zeigt sich zwar geehrt von diesem epischem Vergleich, aber blind wirft er sich dann doch nicht ins Gefecht. «Auch mir wäre ein Neubau lieber», hält Züsli nüchtern fest. Doch der Denkmalschutz erweist sich als Einschränkung, die sich nicht so leicht mit einem noch so guten Projekt aufheben lässt. Trotz all der Widrigkeiten, die einem Neubau im Weg stehen, geht Züsli «stark davon aus», dass der heutige Standort auch der zukünftige sein wird.

Züsli, der auf einen «baldigen Baustart» hofft, würde sich gerne für weitere vier Jahre als Stadtpräsident dafür einsetzen. Ob das reichen wird, um das Projekt ins Ziel zu bringen? Auf diese Wette lässt sich Züsli im Moment nicht ein – verständlicherweise.

Bildungs- und Kulturdirektor Beat Züsli in seinem Büro. (Bild: uus)

Er steht trotz Kritik hinter der Digitalstrategie

Ähnlich in die Zukunft gerichtet wie ein neues Theater sind die Pläne des Stadrates, aus Luzern eine moderne «Smart City» zu machen. Er will 14,4 Millionen über die nächsten 10 Jahre in digitale Lösungen investieren.

Schon heute gibt es solche «smarte» Angebote, zum Beispiel Next Bike, wo via App Velos in der Stadt und der Agglomerationen gemietet werden können. Im Zuge der Digitalstrategie kam aber auch der Vorwurf auf, die Stadt würde Innovationen bremsen, weil sie die «Smart City» quasi verstaatliche. Es ginge ihr weniger darum, Innovationen zu fördern, als vielmehr die Stadtverwaltung um- und auszubauen.

Züsli verteidigt aber auch die Digitalstrategie und verweist gerade beim Beispiel Nextbike darauf, dass man seiner Ansicht nach gut fahre mit einer Bewilligungsstrategie für solche Mobilitätslösungen. In anderen Städten türmen sich in vielen Ecken Mietvelos und auch die E-Trottinetts, die in Luzern nicht fahren dürfen, aber andernorts für genervte Polizisten und Passanten sorgen.

Befreien digitale Lösungen das Inseli von den Cars?

Der amtierende Stadtpräsident steht also weiterhin hinter dem Entscheid, erst die Strukturen zu schaffen und dann neue digitale Angebote voranzutreiben. Mit Chief Digital Officer Stefan Metzger hat nun im März der Mann seine Arbeit aufgenommen, der diese innovativen Lösungen vorantreiben soll. Oft gehörtes Beispiel sind etwa die intelligenten Car-Parkierungen – als Teillösung für das akute Touristencar-Problem.

Das wäre auch ein weiterer Schritt, die Fläche an bester Lage am Vierwaldstättersee endlich freizuspielen und der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen, wie er sich das wünscht. In diesem Zuge hätte das Inseli das Potenzial, zu einem neuen Lieblingsort für Beat Züsli zu werden.

So oder so: Der Stapi bleibt ein «Primus inter pares»

Ob Züsli dann Stadtpräsident oder Kulturdirektor sein wird, entscheidet sich am 29. März. Züsli hat während seiner ersten Amtszeit zwar keine grossen Projekte abschliessen können, die ihm als Werbevehikel dienen. Gröbere Schnitzer hat er sich genauso wenig geleistet.

Mit Martin Merki hat er einen Herausforderer erhalten, der auf breite Unterstützung anderer Parteien setzen kann. Es scheint auf den ersten Blick, als ob sich die beiden Kontrahenten zu ähnlich wären, um einen Wechsel zu erzwingen. So ist Merki wie Züsli kein Stadtvater im klassischen Sinne. Beide stehen eher für einen kooperativen Führungsstil.

Mit der SP hat Züsli die wählerstärkste Partei in seinem Rücken. Er selbst hat vor vier Jahren aber bewiesen, dass Überraschungen dennoch möglich sind.

Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer zentralplus-Serie zu allen zehn Kandidatinnen und Kandidaten für den Luzerner Stadtrat. Mehr Infos zu den Wahlen vom 29. März gibt’s in unserem Dossier.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Walter Albrecht
    Walter Albrecht, 16.03.2020, 14:13 Uhr

    Der Ansatz tönt verheissungsvoll, die Velofahrenden auf die Strasse locken zu wollen. Es wäre schon mal gut, wenn sie von den Trottoirs auf die Strasse wechseln, bei Bedarf eine Klingel und Licht benutzen würden, um die schwächste Gruppe der Verkehrsteilnehmer, die Fussgänger nicht zu gefährden. Es ist auch nicht hilfreich, Strassen wie den Löwengraben so zu gestalten, dass sie quasi zur Velorennbahn werden. Meine fast tägliche Erfahrung als Fussgänger, der übrigens auch rücksichtsvoller Velofahren ist.

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  • Profilfoto von Stefan Hofmann
    Stefan Hofmann, 09.03.2020, 14:30 Uhr

    Eine der wichtigsten Massnahmen um die Stadt sicherer für Velofahrer zu machen, können wir im Moment erleben: keinen Cartourismus mehr! Seit die Cars coronabedingt fehlen, ist das Velofahren auf der Seebrücke und rund um den Schwanenplatz und Luzernerhof deutlich weniger gefährlich. Ortsunkundige Carchauffeure die abrupt die Spur wechseln sind derzeit keine Gefahr. Hier müsste dringend daran gearbeitet werden, dass dies so bleibt!

    Problematisch sind weiterhin fehlende Velospuren, bspw. an der Zürichstrasse stadteinwärts. Die Situation auf dieser für Pendler vom Rontal wichtigen Achse ist sehr unbefriedigend, insbesondere zwischen Schlossberg und Parkhaus und an der Alpenstrasse bis zum Schwanenplatz.

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