Kuriosum im Luzerner Kantonsrat

Wenn nur der älteste Sohn für das Erbe infrage kommt

Das Schloss Castelen in Alberswil. (Bild: Roland Zumbühl/Wikimedia Commons)

Im Kanton Luzern gibt es noch acht Familien, die ihre Reichtümer vererben wie zu Zeiten des Ancien Régime. Ein Relikt aus alten Zeiten, das demnächst den Luzerner Kantonsrat beschäftigt.

Fideikommiss? Nur schon das Wort klingt wie aus einer anderen Zeit. Gehört haben es vielleicht schon jene, die auf Netflix die Serie «Der junge Wallander» gesehen haben. Da bekommt es der junge Kommissar, noch kein Vieltrinker und Einzelgänger, mit einer reichen Familie zu tun, hinter deren wohltätiger Fassade ein Geheimnis versteckt scheint. Und das, so findet Wallander später heraus, hat eben mit dem sogenannten Fideikommiss zu tun.

Was soll das sein – und was hat das mit Luzern zu tun?

Auch im Kanton Luzern gibt es noch Familien, die diese Spezialität des Erbrechts kennen. In der ganzen Schweiz gibt es heute noch etwa 20 Fideikommisse, davon acht im Kanton Luzern.

Ein Überbleibsel vergangener Zeiten

Die Zahl der Familienfideikommisse schrumpft seit Jahren. Und das verwundert kaum. Der Begriff bezeichnet eine oft im Ancien Régime errichtete Art der Erbfolge. Dabei wird ein Vermögenswert jeweils ungeteilt einem Nachkommen überlassen, üblicherweise dem ältesten Sohn.

Damit wurde die übliche Erbfolge ausgeschaltet und verhindert, dass sich der Besitz zersplittert. So sollte zumindest einem Nachkommen ermöglicht werden, in den ehrenvollen, aber wenig einträglichen Staatsdienst zu treten. Denn was man als Ratsmitglied erhielt, reichte nicht zum Leben. Der «Erbe» durfte das Gut in der Regel nicht verkaufen, sondern musste es seinerseits wieder ungeteilt seinem Nachkommen weitergeben.

Was überholt klingt, ist es auch. Laut heutigem Gesetz dürfen keine neuen Fideikommisse errichtet werden, da dies geltendem Recht zuwiderläuft (und nebenbei Frauen ausschliesst). Die bestehenden Regelungen wurden allerdings nicht verboten.

Schlossherr von Kastelen hat «nur» eine Tochter

Zwangsläufig werden es aber immer weniger. Auch im Kanton Luzern soll nun ein weiteres fallen. Es geht um das Fideikommiss der Familie von Sonnenberg, das sich auf ein Testament eines Vorfahren aus dem Jahr 1680 stützt. Das geht aus der Botschaft des Regierungsrates hervor, die diesen Dienstag publiziert wurde. Aus historischen Gründen muss der Luzerner Kantonsrat über die Aufhebung des Fideikommiss entscheiden.

Das Vermögen, um das es im Fall der Familie von Sonnenberg geht, ist das Schloss Kastelen in Alberswil. Ein traumhaft schönes, denkmalgeschütztes Anwesen mit 18 Zimmern und drei Bädern, das 1682 erbaut und vor knapp zehn Jahren umfassend saniert wurde. Und das kürzlich einen neuen Mieter suchte (für die stolze Summe von rund 15’000 Franken pro Monat, wie der «Willisauer Bote» berichtete).

Das Schloss wird jeweils vom Vater auf den erstgeborenen Sohn vererbt. Doch der heutige Besitzer hat «lediglich» eine Tochter. Als Erben kämen laut dem alten Gesetz seine beiden Brüder sowie ein Neffe in Frage. Alle drei haben zugestimmt, dass diese Erbfolge ausser Kraft gesetzt und das Schloss in den Besitz von Hubert von Sonnenberg übergehe, der die Aufhebung beantragt.

Dem dürfte auch die Mehrheit des Kantonsrates folgen. In den letzten 15 Jahren hat er mehreren Gesuchen von Familien zugestimmt, die ihre historische Erbregelung aufheben sollten. Auch der Regierungsrat sieht inzwischen – anders als vor 50 Jahren – keinen Grund mehr an einem Fideikommiss festzuhalten, sofern die betroffene Familie eine allseits akzeptierte Lösung gefunden hat.

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