Kampf gegen Autoposer

Blitzer gegen den Lärmexzess: So stehen in Zug die Chancen

Schnell und laut: Autoposer mit getuneten Autos halten die Zuger Polizei auf Trab. (Bild: Adobe Stock)

Autolärm ist in Zug – der Hochburg der Edelkarossen – eine echte Plage. Die Zuger Polizei ist im Kampf gegen Autoposer machtlos. Auch weil der Kanton einer technologischen Verstärkung skeptisch gegenübersteht.

Es ist ein lauschiger Sommerabend. Die Menschen zieht es nach draussen, um die warmen Temperaturen und die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu geniessen. Alles sehr idyllisch. Bis ein ohrenbetäubender Knall die Ruhe zerfetzt. Ein Autoposer hat mal wieder absichtlich den Auspuff knallen lassen. Dann beschleunigt er stark, die Reifen quietschen, der Motor heult.

Viele von uns kennen die beschriebene Situation – und nerven sich vermutlich darüber. Im Kanton Zug verschärft sich das Problem. So stellt die Polizei fest, dass die Zahl der Lärmklagen in den vergangenen Monaten zugenommen hat. Das Problem: Sie ist in ihrem Kampf gegen die lauten Autoposer praktisch chancenlos (zentralplus berichtete).

«Trotz Anstrengungen und Bemühungen wird die Polizei das Lärmproblem nicht aus der Welt schaffen können», musste Polizeisprecher Frank Kleiner einräumen. Denn die Autoposer sind kaum zu erwischen und verschwinden ebenso schnell, wie sie gekommen sind. Mit den herkömmlichen Kontrollen und Patrouillen kommt die Polizei dem Problem nicht bei.

Genf, Waadt und Zürich testen Lärmblitzer

Neue Vorgehensweisen sind daher gefragt. Da hilft ein Blick über die Kantonsgrenze hinaus. Denn in anderen Kantonen passiert gerade einiges bezüglich Lärmbekämpfung von Autos.

So testen die Kantone Genf und Waadt seit einiger Zeit sogenannte Lärmblitzer. Auch in der Stadt Zürich kommen Lärmblitzer bald versuchsweise zum Einsatz. Diese Geräte funktionieren grundsätzlich gleich wie die bekannten Geschwindigkeitsradars. Nur eben auf Lärmexzesse spezialisiert.

In Genf hat man bisher gute Erfahrungen damit gemacht. So hat der Kanton nachweisen können, dass weder das Automodell noch der Auspuff, sondern schlicht die Fahrweise Ursache der Lärmexzesse sind. Vorerst hat der Kanton Genf die Lärmblitzer darum als Präventionsmittel eingesetzt. Analog zu den Smileys, welche dich in Tempo-30-Zonen für deine gemässigte Fahrweise mit einem Lächeln beschenken, bedankt sich die digitale Anzeige der Lärmblitzer für ruhiges Fahrverhalten.

Bald gibt es Bussen fürs Lärmmachen

«Es ist daher wichtig, Verkehrsteilnehmerinnen zu ermutigen, sich der Bedeutung von Lärmexzessen im Strassenverkehr bewusst zu werden. Genau darauf zielen die Lärmschutzradargeräte ab», heisst es in einer Mitteilung des Kantons Genf. Das ist aber noch nicht alles. Längerfristig strebt der Kanton an, dank den Lärmblitzern auch Bussen ausstellen zu können.

«Die Möglichkeit von Stichproben mit ‹Lärmblitzern› wäre ein wirksames und effizientes Mittel gegen übermässigen Strassenlärm.»

Beat Villiger, Sicherheitsdirektor Kanton Zug

«Es geht also darum, schrittweise vorzugehen, um die Öffentlichkeit mit dieser Herausforderung vertraut zu machen», erklärt Pauline de Salis-Soglio, Sprecherin bei der Direktion des Innern auf Anfrage. «In der Praxis werden tatsächlich Sanktionen angestrebt, aber es geht um Gesetzesänderungen und indirekt um die technologische Zuverlässigkeit.» Diese werde durch den Pilotversuch geprüft.

Zug und Luzern zögern

Die Geschehnisse in Genf und den anderen Kantonen bleiben auch in Zug nicht unbemerkt. Die Entwicklungen seien für Zug von Interesse, meint Sicherheitsdirektor Beat Villiger (Mitte). Doch vorpreschen will der Kanton nicht. Der Einsatz von Lärmblitzern sei darum vorerst kein Thema: «Derzeit hat das keine Priorität. Wir wollen die Resultate und Erfahrungen aus anderen Kantonen abwarten.» Auch rechtlich sei die Situation noch unklar.

«Zuerst muss klar sein, dass die Geräte verlässliche Resultate liefern. Die Messungen müssen als Beweise zulässig sein und gerichtlichen Verfahren standhalten können», hält Villiger fest. Und er bestätigt, dass die Polizei mit Herstellern solcher Geräte in Kontakt stehe und eine Anschaffung prüfen werde. Denn auch die Sicherheitsdirektion hält Lärmblitzer für vielversprechend: «Die Möglichkeit von Stichproben mit ‹Lärmblitzern› auf der Strasse, ähnlich wie die Geschwindigkeitsmessungen, wäre ein wirksames und effizientes Mittel gegen übermässigen und vermeidbaren Strassenlärm.»

«Wir gehen davon aus, dass der Einsatz von Lärmmessgeräten in der Praxis komplex und schwierig ist.»

Sicherheitsdirektion Kanton Luzern

Gleich wie in Zug klingt es auch im Nachbarkanton Luzern. Auch dort ist der Einsatz von Lärmblitzern vorerst kein Thema (zentralplus berichtete). «Sobald auf Ebene Bund die gesetzlichen Grundlagen für eine Ahndung von Lärmvergehen geschaffen und die entsprechenden Messgeräte verfügbar sind, wird der Regierungsrat eine Anschaffung prüfen», heisst es bei der Sicherheitsdirektion auf Anfrage.

Luzerner Regierung hat Zweifel

Das heisst aber noch lange nicht, dass der Kanton dann sogleich solche Geräte kauft – denn er ist skeptisch: «Wir gehen davon aus, dass der Einsatz von Lärmmessgeräten in der Praxis komplex und schwierig ist», schreibt die Sicherheitsdirektion des Kantons Luzern. Im Gegensatz zu Atemalkoholtests oder Geschwindigkeitskontrollen bestehen für Lärmexzesse keine fix definierten Grenzwerte. Solche müssten zuerst durch wissenschaftliche Untersuchungen und dann gesetzlich festgelegt werden.

Zuletzt besteht die Gefahr, dass sich die Geschehnisse im Kanton St. Gallen auch andernorts wiederholen. Dort hat eine Lärmanzeige nämlich das Gegenteil von dem bewirkt, was die Kantonspolizei damit beabsichtigte: Viele Töfffahrer beschleunigten vor dem Gerät besonders stark, um einen neuen Dezibel-Rekord zu erreichen.

Dieser Schuss ging nach hinten los. Vielleicht mit ein Grund, weshalb die Kantone Zug und Luzern bisher leicht skeptisch auf die neue Technologie im Kampf gegen Lärmexzesse reagieren.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Beat Villiger
  • Medienbericht von «Watson»
  • Schriftlicher Austausch mit Pauline de Salis-Soglio
  • Medienmitteilung des Kantons Genf
  • Medienbericht im «Tagblatt»
  • Schriftlicher Austausch mit Luzerner Sicherheitsdirektion

 

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Martin
    Martin, 10.02.2024, 22:03 Uhr

    Feldstrasse-Baarerstrasse ist übel, auch weil hier eine Unterführung ist, und sie wohl extra deren Hall ausnützten wollen. An einem Samstag fährt bestimmt gegen 20 Mal so einer vorbei, tagsüber, abends, nachts, und wenn zwei von denen sich treffen, wird einander gehupt. Gerade vorhin einer mit einem Abarth oder so Richtung Baar geröhrt, hätte man bloss die Reflexe, die Nummer und alles zu filmen. Das Doofe dran ist, dass sie mit dieser Fahrweise ja nichtmal schneller sind so, einfach nur lauter, weil sie extra in den falschen ?Tourenzahlbereichen? fahren, soweit ich weiss.

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  • Profilfoto von transit
    transit, 05.07.2022, 14:26 Uhr

    Es gibt bestimmte Strassenabschnitte die besonders bevorzugt sind und fürchterlicher Lärm verursacht wird. Beipiel aus einer Nachbargemeinde von Zug: Gerade Strecke, dann ein Kreisel, aus dem Kreisel heraus beschleunigen wie Irre damit der Motor schön brav aufheult und die Auspuffe knallen lassen. Das ganze am liebsten abends und in der Nacht. diese Strassenabschnitte sind bestens bekannt und man fragt sich schon weshalb nicht mal zivile Polizeiautos sich an den Strassenrand stellen um solche Vollpfosten zu erwischen. Von Freitag bis Sonntag ist sehr oft nicht viel los mit Nachtruhe für die Anwohner

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  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 05.07.2022, 09:32 Uhr

    Ich nehme an die Lärmblitzer erfassen auch das Kontrolleschild.
    Dann kann man doch auch,den Halter eruieren und dessen Fahrzeug nach unerlaubten Auspuff usw kontrollieren.

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