Der NHL-Kandidat war zeitweise bloss 13. Stürmer

Wie EVZ-Powerflügel Thürkauf nach der Höchststrafe in Fahrt kommt

Stürmer Calvin Thürkauf sieht seine Entwicklung im EVZ nun auf einem guten Weg. (Bild: Marc Schumacher/freshfocus)

Wie kann es sein, dass ein Zuger, der in der weltbesten Liga vor dem Durchbruch steht, bei seinem Stammklub in der National League noch nicht über die Rolle eines Ergänzungsspielers hinausgekommen ist? Powerflügel Calvin Thürkauf (23) erklärt seine Situation.

Die weltweite Corona-Krise hat es überhaupt erst möglich gemacht, dass Calvin Thürkauf seine erste Aufwartung in der höchsten Schweizer Liga machen durfte. Der Siebtrunden-Draft der Columbus Blue Jackets machte sich im Herbst 2015 nach Nordamerika auf, um die grosse Hockey-Welt zu erobern.

Drei Spiele hat er in der National Hockey League (NHL), der besten Liga der Welt, bereits absolviert. Und einen neuen Vertrag für die kommende Saison mit der NHL-Organisation aus Ohio hat der 1,88 Meter grosse und 96 Kilogramm schwere Stürmer auch schon in der Tasche. Das zeugt von Qualität.

Columbus kann Calvin Thürkauf also jederzeit vom EV Zug abkommandieren, wann immer es die Verantwortlichen für richtig halten. Weil der kräftige Flügel aber nicht zu den Leistungsträgern der NHL-Franchise zählt, ist es ein durchaus realistisches Szenario, dass er die laufende Saison mit den Zugern beendet und erst danach nach Nordamerika gerufen wird.

Der Weckruf für Thürkauf

Umso mehr liegt dem EVZ daran, dass Calvin Thürkauf eine dominantere Rolle einnehmen kann als in den bisherigen 13 Meisterschaftsspielen (zwei Tore und ein Assist). Bisweilen war das grosse Talent gar aus den ersten vier Sturmreihen gerutscht und kam nur noch als 13. Angreifer zum Einsatz. Für ihn so etwas wie die Höchststrafe.

«Ich war in der Umsetzung meines Spiels zu zögerlich geworden.»

EVZ-Stürmer Calvin Thürkauf

«Das war für mich wie ein Weckruf», sagt der gebürtige Zuger. «Ich war in der Umsetzung meines Spiels zu zögerlich geworden. Der Trainer hat mir geholfen, wieder auf den richtigen Weg zu finden. In den letzten paar Spielen ging es mit meinen Leistungen wieder aufwärts.»

Dazu muss man wissen: Calvin Thürkauf gehört mit seiner Spielweise nicht zu den Künstlern. Mit seinem Körperbau und seiner Wucht sucht er den direkten Weg aufs Tor – und wenn es sein muss, fährt er nicht um einen Gegenspieler herum, sondern einfach durch ihn hindurch.

Seine Rolle ist es, dort draufzudrücken, wo es weh tut. Aber auch, die Gegenspieler mit wuchtigen Checks zu bearbeiten. Darüber hinaus ist er mit Torinstinkt und gutem Schuss gesegnet.

Erst sprinten, dann denken

Seit der U18-WM vor fünf Jahren in Zug hat Calvin Thürkauf praktisch nur noch auf den kleineren Eishockey-Feldern in Nordamerika gespielt. Wie gross die Umstellung auf die grösseren Eisfelder in Europa sein kann, hat er jetzt selber feststellen müssen: «Die Wege sind länger, die läuferische Komponente mit dem Puck am Stock hat grössere Bedeutung hier und drückt sich entsprechend auch in anderen Spielsystemen aus.»

Zudem habe es ihm eine Regeländerung nicht einfacher gemacht, sich an die National League anzupassen: «Wenn du mit einem Check zu spät dran bist, kassierst du gleich eine Zehn-Minuten-Strafe.»

Also fing Calvin Thürkauf an zu überlegen. Und der Profi-Sportler, der das macht, ist in aller Regel immer einen Schritt zu spät. Und beraubt sich so seiner eigenen Fähigkeiten.

«Der Trainer half mir dabei, zuerst meinem Instinkt zu folgen.»

Den Ausstieg aus der Negativspirale hat er dank Dan Tangnes geschafft. Vor den beiden aufeinanderfolgenden Spielen gegen Lausanne am Dienstag und Mittwoch lobt er den EVZ-Trainer: «Die Erfahrungen, die ich mit Dan Tangnes bislang machen durfte, sind super. Der Trainer half mir dabei, zuerst meinem Instinkt zu folgen. In einer neuen Spielsituation also den Körper die ersten paar Schritte machen zu lassen, bevor ich mit dem Denken einsetze.»

Zuger Benefit für seine weitere Karriere

Und wie ist diese Verhaltensänderung in die Tat umgesetzt worden? Zum einen hat ihm der EVZ-Trainer Szenen am Video vor Augen geführt, zum anderen «lag es an mir im Training, meine Lernfortschritte mit Sprints auf Abpraller zu demonstrieren», so der 23-Jährige. «Ich bin mir sicher, dass sich dieses neue Verhalten auszahlen wird. Auch für meine spätere Karriere in Nordamerika.»

«Die aktuelle EVZ-Mannschaft ist eine der besseren in den letzten Jahren.»

Dan Tangnes hätte es selbstredend am liebsten, wenn sein Team so oft wie möglich von Thürkaufs Qualitäten profitieren könnte. Er sagt: «Man darf nicht vergessen, wie jung Calvin Thürkauf ist und wie hoch die Erwartungen an ihn sind. Aber er ist offen und willig dazuzulernen. Und ich freue mich zu sehen, dass er seine Rolle immer besser umsetzen kann.»

Im EVZ liegt noch viel Offensivpotenzial brach

Auch wenn der 23-Jährige noch nicht weiss, wie seine unmittelbare sportliche Zukunft aussehen wird: Für ihn ist das Engagement in Zug auf jeden Fall eine gelungene Sache.

Er dürfe Eishockey auf hohem Wettkampf-Niveau bestreiten und habe nicht, wie viele seiner Teamkollegen in Nordamerika, bloss zu Hause trainieren müssen. Zudem habe er neue Kollegen im EVZ gewonnen. «Und wieder mit jenen aus meiner Junioren-Zeit zusammenspielen zu dürfen ist sowieso eine coole Sache.»

Calvin Thürkauf ist der felsenfesten Überzeugung, dass es dieser EV Zug in der laufenden Meisterschaft sehr weit bringen kann: «Aus der Ferne habe ich den EVZ ja immer verfolgt. Und die aktuelle ist eine der besseren Mannschaften in den letzten Jahren.»

Dies wohl aber nur, wenn es neben Calvin Thürkauf noch weiteren Spielern wie Erik Thorell, Carl Klingberg oder Lino Martschini gelingt, ihr bestes Niveau abzurufen.

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