OL-Präsident und früherer Luzerner Ständerat

Konrad Graber: «Unser Sport ist nicht kopierbar»

Konrad Graber ist begeisterter OL-Läufer. (Bild: bra)

Ein OL-Grossanlass erster Güte: Konrad Graber, Präsident des Schweizerischen OL-Verbandes und früherer Luzerner Ständerat, hat zusammen mit rund 4’500 Teilnehmenden an der Swiss O Week im Gebiet von Flims teilgenommen. Im Interview erklärt er, was ihn am OL-Sport fasziniert – und wie es um diese Sportart in der Zentralschweiz steht.

Herr Graber: Bis Ende Woche findet in der Umgebung von Flims die Swiss O Week statt. Sie sind selber als aktiver Läufer mit dabei. Ihre ersten Eindrücke?
Bereits haben die ersten Etappen in wunderbarem Gelände mit rund 4’500 Teilnehmenden aus mehr als 40 Nationen stattgefunden. Die sehr gut organisierten Wettkämpfe konnten bis jetzt bei idealem Wetter reibungslos durchgeführt werden. Speziell: Die Etappe vom Mittwoch findet auf dem Vorab statt, das heisst, das Laufgebiet befindet sich auf 2’400 bis 2’700 Metern über Meer. Der Anlass dürfte national und international eine grosse Breitenwirkung erzielen. Persönlich bin ich während der Swiss O Week zudem als Unterstützer für das Team der Helferinnen und Helfer tätig.
 
Am Sonntag gingen – ebenfalls in Flims – die Weltmeisterschaften zu Ende. Ihr Fazit?
Als durchführender Verband waren uns in erster Linie eine tadellose Organisation und faire Wettkämpfe wichtig. Beides wurde ohne Abstriche erfüllt. Besonders erfreulich sind natürlich die Top-Ergebnisse der Schweizerinnen und Schweizer. Zusammen mit der nun stattfindenden Swiss O Week ist dies beste Werbung für unseren Sport, der damit nachhaltig gefördert wird.
 
Wie lange sind Sie selber schon aktiver OL-Läufer? Wie kamen Sie zu diesem Sport?
Ich kam durch meine Frau zum OL, die jedes Wochenende einen OL bestritt und für die OLG Nidwalden+Obwalden lief, die sie in der Zwischenzeit als Vereinspräsidentin leitet. So kam es, dass ich als Luzerner auch für die OLG Nidwalden+Obwalden starte. Dies hielt ich auch in meiner Zeit als Luzerner Ständerat so. Aus Gründen der political correctness und als überzeugter OL-Läufer bin ich aber selbstverständlich auch Mitglied des OLV Luzern.
 
Auf wie viele OL-Läufe kommen Sie pro Jahr ungefähr?
Wenn wir auch die Ferien mit OL verbringen, komme ich im Jahr wohl auf gegen 40 OL-Wettkämpfe.
 
Was fasziniert Sie an dieser Sportart?
Mich fasziniert vor allem die Kombination von Kopf und Beinen. Die Kombination entscheidet dann auch über Sieg und Niederlage. Durch die Fünfjahre-Kategorien gibt es auch nie eine Entschuldigung für ein schlechtes Ergebnis. «Die Jungen sind schneller» als Entschuldigung gibt es nicht. Zudem kann dieser Sport auch lebenslänglich betrieben werden. Bei einer Senioren-WM sind die ältesten Teilnehmenden über neunzig Jahre alt und leisten in ihrer Kategorie sehr Beachtliches.
 
Haben Sie in der Zentralschweiz so etwas wie einen Lieblingswald? Etwa den Meggerwald oder die Wälder im Gebiet Eigenthal?
Jeder Wald hat seinen Reiz. Mein Trainingswald ist vor allem der Gütschwald. Gerne bewege ich mich auch oberhalb der Baumgrenze. Bei der Swiss O Week finden Läufe bis auf 2’700 Meter ü.M. statt.
 
Wie steht es aktuell um den OL-Sport in der Zentralschweiz?
Das Interesse am OL-Sport steigt, gerade auch dank Veranstaltungen wie die OL-WM in der Schweiz und Schweizer Spitzenergebnissen mit der entsprechenden Publizität. Erfreulich ist auch, dass die OL-Vereine, im Gegensatz zu anderen Sportvereinen, während der Covid-Zeit keine Mitglieder verloren.
 
Wie sieht es im Bereich Nachwuchs aus? Besteht da Interesse an dieser Sportart?
Ja, wir führen auch seit vielen Jahren in Zusammenarbeit mit den OL-Vereinen und den Schulen Orientierungsläufe für Schulklassen durch. Das Programm sCOOL wurde übrigens 2003, im Jahr der vorletzten OL-WM, in der Schweiz mit einem Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde gestartet und wird immer noch stark praktiziert, letztes Jahr mit rund 35’000 Schülerinnen und Schülern in der ganzen Schweiz.


 
Macht sich die grosse Auswahl an weiteren Sportmöglichkeiten irgendwie bemerkbar?
Das trifft zu. Das Angebot im Sportbereich ist gross und vielfältig, da besteht schon eine Art Wettbewerb. Aber wir klagen nicht darüber. Unser Sport brilliert und ist eigentlich nicht kopierbar.
 
OL ist aufgrund seiner technischen Seite – also dem Kartenlesen – eine anspruchsvolle Sportart. Es braucht viel Erfahrung. Ist die Sportart für Einsteiger vielleicht in manchen Fällen doch fast zu anspruchsvoll?
Das trifft alles zu und wir versuchen auf Verbandsebene die vermeintlichen Hürden mit entsprechenden Projekten möglichst klein zu halten bzw. abzubauen.

Auch in der Politik ist der kürzeste Weg – im übertragenen Sinne jener durch die Brombeerstauden – nicht immer der schnellste.

Konrad Graber, ehemaliger Luzerner Ständerat – und OL-Läufer

Im den Kantonen Luzern und Zug gibt es de facto bloss die beiden grossen Vereine OLV Luzern und OLV-Zug. Ein Nachteil?
Ein Nachteil? Nein, die Abdeckung genügt. Zudem bestehen in Richtung Süden auch noch die sehr aktiven Vereine OLG Nidwalden+Obwalden und OLG KTV Altdorf und in Richtung Norden zahlreiche Aargauer Vereine. Einen Nachteil erkenne ich nicht. Zentral sind die Aktivitäten der Vereine.
 
Seit mehreren Jahren finden ja viele Läufe im bebauten Gebiet, also mitten in einer Stadt oder einem Dorf, statt. Ist der Erlebnisgehalt in der freien Natur – also im Wald – nicht doch irgendwie grösser?
Die Verlegung der Wettläufe in städtische Gebiete hat unter anderem mit der Rücksicht auf Umweltanliegen zu tun. Aber nicht nur. Es geht auch darum, den Orientierungslauf «unters Volk» zu bringen. Die beiden Austragungsarten ergänzen sich ideal. Und die Waldläufe werden ja nicht abgeschafft. Gerade die jetzt durchgeführte OL-WM fand ja im Wald statt. Aber in der Zeit, in der der Wald nicht benutzbar ist, bietet sich mit den Stadtläufen eine gute Alternative und Ergänzung.
 
Sie vertraten den Kanton Luzern viele Jahre im Ständerat. Wer die Ranglisten durchgeht, stellt fest, dass diverse Politiker und Politikerinnen immer mal wieder an OL-Läufen teilnahmen oder dies noch immer tun: Ruth Humbel, Evi Allemann, Herbert Bühl, Urs Jannet und weitere mehr. Im Vergleich zu anderen Sportarten üben wohl überdurchschnittlich viele Politikerinnen diesen Sport aus. Ein Zufall?
Ja, es sind überdurchschnittlich viele. Vielleicht kommt es davon, dass auch in der Politik viel Ausdauer und ein guter Orientierungssinn gefragt sind. Und auch in der Politik ist der kürzeste Weg – im übertragenen Sinne jener durch die Brombeerstauden – nicht immer der schnellste.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Konrad Graber
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