So lief der Trainingsstart des FC Luzern ab

«Corona-Opfer» Grether ist vielen offenen Fragen ausgesetzt

Bei der Wiederaufnahme des FCL-Mannschaftstrainings dreht Simon Grether am Spielfeldrand seine Runden: Wie sieht sein weiterer Karriereverlauf aus? (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

An diesem Montag ist der FCL ins Mannschaftstraining zurückgekehrt. Das Team von Trainer Fabio Celestini will optimal vorbereitet sein, falls die Saison am Wochenende vom 20. Juni wieder aufgenommen werden sollte. Aber wie fühlt sich die Welt eines FCL-Spielers an, dessen Vertrag zehn Tage später ausläuft?

Das Pech scheint ihm an den Fusssohlen zu kleben. Einsam dreht Simon Grether, der in zwei Tagen 28 wird, seine Runden am Rande von Platz 6 hinter den mächtigen Wohntürmen auf der Luzerner Allmend.

Der Defensivspieler hat sich zu allem Unglück im Hometraining auch noch eine Innenband-Zerrung zugezogen. Dabei hat ihm das Corona-Virus schon heftig zugesetzt.

Wenn es für einen Fussball-Profi jemals ein echtes Problem war, einen auslaufenden Vertrag zu haben, dann in dieser vielleicht einmaligen Situation: Der Vertrag zwischen Grether und dem FC Luzern ist noch bis zum 30. Juni gültig – und auf dem Fussball-Markt werden die Preise nach der Corona-Krise fallen.

Drei hauptsächliche Wege in die berufliche Zukunft

Falls die nationale Meisterschaft in den beiden höchsten Ligen am Wochenende vom 20./21. Juni – dazu bedarf es einer einfachen Mehrheit an der ausserordentlichen Generalversammlung (GV) der jeweils zehn Vertreter aus Super und Challenge League – fortgesetzt wird, erfolgt das Saisonende im August. Was heisst das für Spieler, die in der gleichen Situation wie Grether sind?

Drei Wege in die Zukunft sind vorgezeichnet:

  • Arbeitgeber verlängert bis zum effektiven Saisonende: Die einvernehmliche Lösung: FCL-Sportchef Remo Meyer verlängert den Vertrag mit Grether bis zum Saisonende im August.
  • Vertragsverlängerung bis 2020/21: Das stärkste Argument für die aus Sicht des Spielers wahrscheinlich beste Lösung: Grether ist in der Defensive auf verschiedenen Positionen einsetzbar. Und weil der FCL 20 Spieler für die nächste Saison unter Vertrag hat, hält die sportliche Führung in der ungewissen Corona-Krise vielleicht lieber an dem fest, was sie hat und kennt.
  • Nach dem 30. Juni ist Schluss: Dies ist die juristisch undurchsichtigste Ausgangslage, weil es sie vor der Corona-Krise noch nie gegeben hat. Denn für Grether würde sie faktisch ein Arbeitsverbot bis August bedeuten. Weil er keinen Arbeitgeber mehr hätte, könnte er sich auch keinem Konkurrenten in der höchsten Liga empfehlen und keinem Verein in der Challenge League. Selbst wenn ihn ein anderer Schweizer Klub verpflichten und bis zum Abschluss der «Corona-Saison» 2019/20 einsetzen sollte, wäre das wohl eine Wettbewerbsverfälschung. Die Frage ist: Geht das auf mit dem geltenden Arbeitsgesetz?

Der Zürcher Sportrechtsspezialist und Wirtschaftsprofessor Urs Scherrer sagte gegenüber «Watson», dass man gemäss Arbeitsrecht bei diesen befristeten Arbeitsverträgen der Spieler nicht am 30. Juni rütteln könne. «Es ist auch nicht möglich, dass ein Spieler ab dem 1. Juli für einen anderen Klub in der gleichen Liga spielen würde. Das wäre eine unzulässige Wettbewerbsverfälschung.»

Die Super League hat ein Rechtsgutachten zum Thema der kurzfristigen Vertragsverlängerungen in Auftrag gegeben. Schliesslich muss angesichts der divergierenden Wortmeldungen zu Corona und den daraus folgenden Konsequenzen die Meinung von Urs Scherrer nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

Und was zurzeit erst recht niemand weiss: Wann beginnt die nächste Saison? Und vor Zuschauern?

Grether verweigert Einblick in seine Gefühlswelt

Aber wie sieht die menschliche Komponente vor dem Hintergrund der juristischen Einschätzungen aus? Simon Grether mag angesichts des herrlichen Sonnenscheins auf der Allmend nicht jammern. Er sagt, es sei zwar keine einfache Situation, aber er hoffe darauf, dass sich bald alles normalisieren werde. Einen Einblick in seine Gefühlswelt wehrt er ab wie einen gegnerischen Angriff.

Im FC Luzern hatte Grether immer die Rolle eines Ergänzungsspielers und gehörte darum auch nie zu den besser verdienenden Teammitgliedern. Die Corona-Krise wird laut einhelliger Meinung von Sportchefs und Spieleragenten dazu führen, dass die Transferwerte und die Spielergehälter in nächster Zeit schrumpfen werden.

Das macht es für einen wie Grether erst recht schwierig, seine berufliche Zukunft als verheissungsvoll zu begreifen. Er sagt: «Es wäre mein Wunsch, in Luzern bleiben zu können. Aber die Vereinsverantwortlichen sind in der gleichen Situation wie ich: Sie können ja auch nicht wissen, wie es weitergehen wird.» Zumindest steht er schon seit Wochen mit Sportchef Remo Meyer in regem Austausch.

Das sagt FCL-Captain Christian Schwegler zum Trainingsstart:

Die nächsten Aufgaben für Remo Meyer

Die voraussichtlich nächste Weichenstellung wird die GV der Liga Ende Mai vornehmen. Je nachdem wird FCL-Sportchef Remo Meyer danach schnelle Personalentscheide fällen müssen. Die Tendenz sieht laut zentralplus aktuell so aus:

  • Christian Schwegler (35): Der Vertrag wird sicher bis im August verlängert. Eine Fortsetzung der Karriere hängt beim Captain von seiner körperlichen Verfassung ab. Einer der raren Leader im Team. Hat einen Anschlussvertrag an die Aktivkarriere mit dem FCL.
  • David Zibung (36): Am 30. Juni ist Schluss. Simon Enzler ist die Nummer 2 hinter Stammgoalie Marius Müller. Zibung kann sich auf seine Karriere nach der Aktivzeit im FCL konzentrieren.
  • Ryder Matos (27): Die wichtigste Personalie unter den Spielern mit auslaufenden Verträgen – der Flügel war in der Rückrunde unter Neo-Trainer Fabio Celestini so gut wie noch nie. Der Brasilianer kann es entspannter angehen als der FCL: Matos hat mit Udinese Calcio noch einen Vertrag bis 2022.
  • Simon Grether (bald 28): Bis August ja, darüber hinaus eher nein.
  • Shkelqim Demhasaj (24): Am 30. Juni wird Schluss sein.
  • Eric Tia (23): Am 30. Juni wird Schluss sein.

Umziehen in den Nachwuchskabinen

Wegen der Schutzmassnahmen haben die FCL-Spieler in der Swissporarena zügeln müssen. Sie haben vorübergehend eine neue Heimat in den 12 Garderoben der FCL-Nachwuchsspieler gefunden. Maximal zu dritt belegen sie eine Umkleidekabine und weil die Dusche eher klein ist, darf nur ein Profi nach dem anderen nach einer Trainingseinheit duschen gehen. Er kann aber auch ins Auto steigen und zu Hause duschen.

Für Grether, der als Erster aus dem in zwei Gruppen abgehaltenen FCL-Training in die neue Garderobe zurückkehrte, wird das wohl das kleinste Problem in seinem Leben als Fussball-Profi sein.

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