Luzerner Regierungspräsident zum Thema Verkehr

So will Velofreund Winiker das Verkehrsproblem in den Griff kriegen

Regierungspräsident Paul Winiker will das Velofahren attraktiver machen. Aber nicht auf Kosten des Autos. (Bild: bic)

Die Verkehrssituation ist ein tägliches Sorgenkind der Luzernerinnen und Luzerner – vor allem in der Stadt. Regierungspräsident Paul Winiker ortet im Zentrum viele Verbesserungsmöglichkeiten für Velos. Die Autos will er aber nicht benachteiligen.

Die Bevölkerung des Kantons Luzern hat gesprochen: Das mit Abstand drängendste Problem ist der Verkehr. Dies geht aus einer Umfrage hervor, die bei rund 4'100 Personen durchgeführt wurde. Am Montag präsentierten Vertreter von Stadt und Kanton die Ergebnisse (zentralplus berichtete).

Sowohl Velo- wie Autofahrerinnen kritisieren die momentan herrschenden Bedingungen für die entsprechenden Verkehrsträger.

Velofahrer stellen vor allem in der Stadt Forderungen

In erster Linie beurteilen die Teilnehmer die Verkehrssituation im Stadtgebiet kritisch. Das gilt sowohl für die Auto- wie auch die Velofahrer. «In der Stadt sind die Velofahrer in der Umfrage stärker vertreten, weshalb sich viele eine Verbesserung für das Velo wünschen», führte Norbert Riesen, Direktor von Statistik Luzern (Lustat), am Rande der Medienorientierung aus. Die Landbevölkerung, die öfter mit dem Auto unterwegs ist, findet hingegen, es brauche Verbesserungen für den motorisierten Verkehr im Gebiet der Stadt.

Die Rezepte der Politik kennt auch Regierungsrat Paul Winiker. «Wir müssen alle Verkehrsoptionen aufrechterhalten. In der Agglomeration haben die Velowege eine grössere Bedeutung als zum Beispiel im Entlebuch.» Je mehr auf «sanfte Mobilität» wie das Velo gesetzt werde, desto eher könne man auch etwas gegen den Lärm unternehmen, der ebenfalls als wichtiger Problempunkt genannt wurde. Zusätzlich werde dadurch auch die Sicherheit erhöht.

«Es ist wirklich ein Vergnügen, in den Niederlanden Velo zu fahren.»

Paul Winiker, Regierungsrat

«Auf der anderen Seite ist ein funktionierender Strassenverkehr aber ebenso wichtig für das Gewerbe, die Blaulichtorganisationen und diejenigen, die auf die Strasse angewiesen sind», so Winiker. «Letztlich müssen die Leute eigenverantwortlich entscheiden, wir können aber die Rahmenbedingungen festlegen. Den Menschen muss die Benützung eines Verkehrsmittels Spass machen, damit sie es verwenden.»

Winiker schwärmt von Holland

Selber wage er regelmässig einen Blick in die Niederlande, sagt Winiker, der selber oft mit dem Velo unterwegs ist. «Ich staune immer wieder über deren Velostreifen. Es ist wirklich ein Vergnügen, in den Niederlanden Velo zu fahren.» In den Innenstädten hätten die Velos sogar Vortritt und bei den Kreiseln gebe es separate Velospuren. Winikers Ehefrau stammt aus den Niederlanden, weshalb der Politiker dort oft seine Ferien verbringt.

«Eine Velospur über das Renggloch von Kriens nach Littau würde gut 50 Millionen Franken kosten.»

Paul Winiker

Luzern habe folglich noch viel Luft nach oben. «Vor allem die Situation am Bahnhof oder am Schwanenplatz ist für Velofahrerinnen der Horror und nicht mehr zeitgemäss», moniert Winiker. Es gelte allerdings zu bedenken, dass Verbesserungen gerade in der Region Luzern topografisch sehr herausfordernd seien. «Eine Velospur über das Renggloch von Kriens nach Littau würde beispielsweise gut 50 Millionen Franken kosten», spricht der Krienser die Verhältnismässigkeit solcher Projekte an.

Die Taubenhausstrasse: Winikers «Velo-Highway»

Auch wenn Winiker also bereit ist, dem Velo mehr Priorität einzuräumen, zögert er, wenn es um konkrete Vorschläge geht. Vor allem wenn Kantonsstrassen davon betroffen sind. «Die sogenannten Durchgangsstrassen sollte man möglichst für den motorisierten Verkehr und den öV freihalten und daneben Verbindungen schaffen, wo Velofahrerinnen ungehindert fahren können.» Winkier spricht die Taubenhausstrasse an, welche er als «Velo-Highway» bezeichnet.

Für den Regierungsrat ist aber klar, dass die Verbesserungen gezielt auf solchen Strassen vorgenommen werden müssen. Forderungen nach zusätzlichen Velostreifen oder anderen Optimierungen für Velos auf den Hauptstrassen innerhalb der Stadt lehnt er folglich ab.

Winiker nennt das Beispiel der Seebrücke. «Dort müsste man allenfalls einen Teil des Trottoirs opfern, um die Bedingungen für die Velos zu verbessern.» Eine andere Möglichkeit sieht Winiker darin, dass sich Velofahrerinnen und Busse die Spur teilen, auch wenn dies nicht optimal sei. Die Bevölkerungsumfrage und die erste Analyse zeigen also, dass das Thema Verkehr die Luzernerinnen und Luzerner noch lange beschäftigen wird.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Kurt Flury
    Kurt Flury, 17.06.2020, 11:25 Uhr

    Sorgenkind der Luzernerinnen und Luzerner…! Der ist wirklich gut.

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  • Profilfoto von Thomas Spöring
    Thomas Spöring, 17.06.2020, 09:00 Uhr

    Vorwärts mit der Veloförderung!
    Die jüngste, vor der Coronakrise gemachte Bevölkerungsumfrage des Kantons Luzern zeigte, dass der Verkehr als das drängendste Probleme betrachtet werden. Insbesondere wird die Situation für die Velofahrenden am schlechtesten aller Verkehrsformen beurteilt, nur 39% empfinden die Situation als gut. Zusätzlich hat die Corona-Zeit auch in Luzern zu einer Zunahme des Veloverkehrs geführt. Dies sieht man an gut ausgebauten Wegen wie dem Freigleis oder dem Xylophonweg Luzern-Emmenbrücke, der aufgrund der Benutzerzahlen (Velo-und Fussgängerverkehr) zu eng und damit auch bereits wieder gefährlich wird.
    Zudem gibt es im Raum Luzern und insbesondere in der Stadt einige sehr problematische Stellen, die immer noch viele Leute vom Velofahren in der Stadt abhalten. Und solange es solche Stellen gibt, wird deswegen auch weiter entfernt weniger das Velo benutzt, da sich viele Leute nicht getrauen, z.B. den Bereich Luzernerhof-Bahnhof zu befahren, der häufig an ihrer Wunschverbindung liegt. In diesem Bereich wird eine echte Veloförderung nur auf Kosten von Spurabbau für den Autoverkehr möglich sein, wie es in der Corona-Zeit viele grosse Städte wie Paris, Mailand und weitere vorgemacht haben. Auch in diesen Städten war dies bis vor kurzem undenkbar und hat zu einer massiven Verbesserung für den Veloverkehr geführt.
    Kombinierte Bus- und Velospuren, wie Sie Regierungsrat Paul Winiker angedacht hat, sind im Stadtzentrum von Luzern aufgrund der hohen Busfrequenzen keine Lösung, auch Platz auf Kosten der Fussgänger zu beanspruchen, geht nicht. Man muss sich nur die Fussgängerströme am Quai an Wochenenden vor Augen führen! So viele Vorteile ein Auto im ländlichen Raum hat, es ist aufgrund des Platzbedarfs einfach nicht stadtverträglich, es lässt sich deshalb in der Stadt gar nicht fördern (siehe amerikanische Städte mit teils achtspurigen Autobahnen, auf denen sich der Verkehr staut). Es gibt inzwischen auch einige Handwerker, die auf Velos und Lastenvelos umgesattelt haben, damit sie in der Stadt besser vorwärtskommen. Die E-Bikes erleichtern dieses Umsteigen.
    Regierungsrat Winiker nennt die hohen Kosten von 50 Mio. Franken als Hindernis für eine Velostrecke Kriens-Renggloch: Abgesehen davon, dass diese Strecke nicht die dringendste ist, sind solche Kosten fast vernachlässigbar, wenn man sie mit den geplanten Ausgaben für den Autobahn-Bypass Luzern im Umfang von 1.7 Milliarden Franken vergleicht, das sind 34 mal mehr! Das Problem liegt bei der Finanzierung: Während die Autobahnfinanzierung fast automatisch über den Bund läuft, müssen die Kosten für Veloförderungsmassnahmen meist vom Kanton und den Gemeinden getragen werden. Auch hier gilt es, in Zeiten der CO2-Problematik die Finanzen so einzusetzen, dass weniger Umweltverschmutzung produziert wird. Der Bypass bewirkt leider das Gegenteil.
    Fazit: Es braucht Velo-Schnellverbindungen auch im Stadtzentrum von Luzern! Gefragt ist der politische Wille dafür.
    Thomas Spöring

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  • Profilfoto von Boris Macek
    Boris Macek, 16.06.2020, 13:43 Uhr

    An der Bundesstrasse in Luzern sind seit 2009 Velostreifen geplant (Massnahmenplan Langsamverkehr). Inzwischen sogar in höchster Priorität. Mit der Realisierung des Himmelrich 3 ist die Strasse auf einem beträchtlichen Abschnitt deutlich breiter geworden. Statt Radwege hat der Kanton da nun aber tatsächlich neu 3 Spuren für Autos provisorisch eingezeichnet. Eine davon eine Abzweigespur in die Tiefgarage – für gefühlt ca. 4 Autos pro Stunde welche aus dieser Richtung in die Tiefgarage einbiegen. Radwege sind bis jetzt keine vorgezeichnet…
    Solange der Kanton derart zögerlich vorgeht und jeden zusätzlichen Quadratzentimeter sofort dem Autoverkehr zuspricht, wird das glaube ich noch lange nichts mit einer velofreundlicheren Stadt…
    Offenbar betrachtet der Kantonsingenieur den Massnahmenplan Langsamverkehr auch nicht für verbindlich.

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