Stadtzuger entscheiden über Millionenprojekt

So soll die Not an Zuger Notzimmern gelindert werden

So soll der Neubau, in dem die Notzimmer künftig untergebracht sind, dereinst aussehen. (Bild: zvg Stadt Zug)

Die Stadt Zug hilft Menschen, die akut in der Klemme stecken oder unfreiwillig obdachlos werden. Doch weil die Zukunft der aktuellen Notzimmer ungewiss ist, braucht es eine Ersatzlösung. Ob die Bevölkerung einen Millionenbetrag für einen entsprechenden Neubau im Göbli ausgeben will, entscheidet sich am 13. Juni. So unbestritten der Bedarf auch ist – am konkreten Projekt gibt es Kritik.

Stadtzuger, die in einer Notsituation stecken und unfreiwillig obdachlos zu werden drohen, müssen auf die Unterstützung der städtischen Behörden zählen können. Diese betreiben in der Stadt mehrere Notwohnungen und Notzimmer, wo Menschen über eine gewisse Zeit lang einquartiert werden können. So unter anderem im alten Kantonsspital.

Das Problem dabei schildert Luzia Gisler, die Leiterin der Sozialen Dienste der Stadt: «In der Vergangenheit waren Notzimmer in verschiedenen Altbauobjekten der Stadt Zug eingemietet. Es wurde zunehmend schwieriger, geeignete Zimmer oder Wohnungen in der Stadt Zug zu finden.» Zurzeit seien die Notzimmer befristet gemietet, auf eine Verlängerung können sich die Stadt nicht verlassen.

Neubau im Göbli geplant

Weil immer mehr Notzimmer wegfallen, muss die Stadt also in den kommenden Jahren eine Ersatzlösung für 25 bis 30 Notzimmer bereitstellen. Und dies soll nun im Göbli passieren mit dem Bau eines Neubaus. Knapp sieben Millionen Franken wird dieser voraussichtlich kosten. Und weil das ein ziemlicher Batzen ist, entscheidet die städtische Stimmbevölkerung in wenigen Wochen über den Kredit.

Auf der blau markierten Fläche soll gebaut werden. (Bild: zvg Stadt Zug)

Luzia Gisler erklärt, warum sie diese Lösung begrüsst: «Mit dem Neubau erübrigt sich in Zukunft die Suche und der Neubau bringt eine definitive räumliche Sicherheit.» Im Zentrum stehe ein Wohnangebot für eine Übergangszeit mit minimaler Hilfe zur individuellen Lebensbewältigung, für eine Stabilisierung der Lebenssituation mit dem Ziel der Reintegration in den privaten Wohnungsmarkt. «Diese Unterstützung war in der bisherigen Form nur bedingt möglich und bringt zukünftig einen wesentlichen Vorteil», erklärt die Leiterin der Sozialen Dienste.

«Die Auslastung der Notzimmer liegt bei hohen 80 bis 90 Prozent, diejenige der Notwohnungen bei nahezu 100 Prozent.»

Luzia Gisler, Leiterin Soziale Dienste der Stadt Zug

Wie steht es denn derzeit um die Auslastung der Notzimmer? «Diese liegt bei hohen 80 bis 90 Prozent, diejenige der Notwohnungen bei nahezu 100 Prozent.» Die Aufenthaltsdauer sei sehr unterschiedlich und dauere von einigen Wochen bis zu mehreren Monaten oder Jahren. «Für eine Familie ist es oft sehr schwierig, im angestammten Umfeld eine preisgünstige Wohnung zu finden. Das führt dazu, dass sie eine Notwohnung über längere Zeit besetzen.» Das gleiche gelte auch für Einzelpersonen.

Die Coronakrise habe indes nicht zu einer vermehrten Nachfrage der Notzimmer geführt, so Gisler weiter.

Wieso nicht höher bauen?

In der Debatte des Grossen Gemeinderats sprach sich im Februar eine grosse Mehrheit für die Notzimmer im Göbli aus. Doch gab es auch kritische Stimmen. So etwa von CVP-Gemeinderat Theo Iten-Müller. Er erklärt seinen Unmut wie folgt: «Ich bin sehr wohl für den Bau der Notzimmer, doch will die Stadt nicht die volle Ausnützung machen, die möglich wäre. Ich finde, wenn man schon baut, dann das Maximum.»

«Meiner Ansicht nach wird dem städtischen Boden zu wenig Sorge getragen.»

Theo Iten-Müller, Zuger CVP-Gemeinderat

Will heissen? «Es wäre möglich, das geplante Gebäude ein oder zwei Stockwerke höher zu bauen. Die IG Wohnbaugenossenschaften hatte bereits ein Interesse gezeigt an einer Zusammenarbeit. Der Stadtrat jedoch ist der Ansicht, dass man im Nachhinein immer noch aufstocken könne, wenn Bedarf bestehe. Ich finde, damit verschwenden wir Steuergelder.»

Iten vergleicht die Situation mit jener des Ökihof-Neubaus. «Dieser hätte auch höher gebaut werden können. Meiner Ansicht nach wird dem städtischen Boden zu wenig Sorge getragen», so der Landwirt.

Für eine Mischnutzung ungeeignet

Die zuständige Stadträtin Eliane Birchmeier äussert sich zu dieser Kritik wie folgt: «Nun liegt eine bedarfsgerechte Planung für die Notzimmer vor, respektive, wir planen bereits mit 30 statt 25 Zimmern und rechnen damit gar eine Reserve von fünf Zimmern ein.» Zudem habe man das Gebäude aus statischer Hinsicht so konzipiert, dass es bei Bedarf auch im Nachhinein noch um zwei weitere Stockwerken erhöht werden könnte.

Birchmeier weiter: «Was wir während des Planungsprozesses realisiert haben ist, dass sich eine Mischnutzung nicht eignen würde. Dies nicht zuletzt, da das Haus nur über ein Treppenhaus verfügt.» Daneben müsse berücksichtigt werden, dass sich die Bedürfnisse von Menschen, die in Notzimmern leben unterscheiden von jenen, die langfristig in einer Wohnung zuhause seien.

So soll der Neubau von oben einst aussehen. (Bild: zvg Stadt Zug)

Anfang 2022 könnte gebaut werden

Neben dem genannten Kritikpunkt gab es auch Exponenten, die sich wegen der hohen Kosten für den Neubau enervierten. Dies, weil die Baukosten anfänglich auf 4,5 Millionen Franken geschätzt wurden. Die Erhöhung der Kosten auf 6,9 Millionen Franken lässt sich unter anderem mit folgenden Änderungen erklären: Es werden 30 Notzimmer gebaut anstatt der anfangs geplanten 25. Es sollen fünf Geschossküchen entstehen statt einer einzigen. Eine Fotovoltaikanlage ist auf dem Dach geplant. Jedes Zimmer verfügt über ein WC und ein Lavabo, anstatt wie ursprünglich geplant nur ein WC pro fünf Zimmer.

Letztlich bleiben die kritischen Stimmen im Parlament aber in der Unterzahl. 33 Ratsmitglieder sprachen sich für und nur eine Person sprach sich gegen das Projekt aus. Dies bei zwei Enthaltungen. Spricht sich die Zuger Stimmbevölkerung für den Objektkredit für die Notzimmer im Göbli aus, könnte im Frühjahr 2022 mit dem Bau der Notunterkunft begonnen werden. Die Stadt rechnet mit einer Bauzeit von rund zwei Jahren.

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