Behörden kontrollieren ab Freitag

Zuger Regierung verbietet Wanderboote: Was das bedeutet

So sieht es aus, wenn die Quagga-Muschel erst einmal «angebissen» hat. (Bild: zvg)

Zug macht Nägel mit Köpfen. Als erster Kanton der Schweiz verbietet er sogenannte Wanderboote, also Boote, die grenzüberschreitend genutzt werden. Diese Vorreiterrolle ist zwar ein starkes Zeichen, nützt jedoch nur, wenn auch andere Kantone mitziehen.

Die Quagga-Muschel droht, der Kanton Zug zieht nun die Notbremse. «Aktuell besteht eine akute Gefahr, dass invasive aquatische Organismen durch gewässerwechselnde Boote in die Zuger Gewässer eingeschleppt werden», schreibt die Zuger Sicherheitsdirektion in einer Medienmitteilung am Donnerstagmorgen. «Die Quagga-Muschel etwa weist ein grosses wirtschaftliches, ökologisches und gesellschaftliches Schadenpotenzial auf, verbunden mit Kosten in Millionenhöhe.» Davor warnte zuvor unter anderem der kantonale Fischerei-Verband eindringlich und stellte auch klare Forderungen an die Politik (zentralplus berichtete).

Zum Schutz der Zuger Gewässer hat der Regierungsrat deshalb für den Ägerisee und den im Kanton Zug gelegenen Teil des Zugersees Einschränkungen für gewässerwechselnde Boote erlassen. «Betroffen von den neuen Bestimmungen sind ausserkantonal oder im Ausland immatrikulierte Boote: Künftig dürfen ausschliesslich im Kanton Zug registrierte Boote, also Boote mit Zuger Kontrollschild, auf dem Gebiet des Kantons Zug einwassern.»

Für Zuger Boote ändere sich dadurch nichts. Für diese gelte nach einem Gewässerwechsel weiterhin eine Reinigungs-, Melde- und Einwasserungsbewilligungspflicht.

Ab Freitag gilt das Verbot

Der Kanton will denn auch nichts anbrennen lassen. «Die Verordnung über das Einwassern von Booten tritt ab dem 12. April 2024 in Kraft und ist vorab auf ein Jahr befristet.» Hostettler sagt dazu: «Sie sehen, wir sind extrem schnell unterwegs.»

Das heisst, bereits am kommenden Wochenende, an dem es rund 25 Grad warm werden dürfte, gilt die Regelung. Für die Behörden dürfte dies ein strenges Wochenende werden. Sicherheitsdirektorin Laura Dittli erläutert: «Die Zuger Seepolizei wird auf dem See präsent sein und nebst ihren weiteren Aufgaben auch darauf ein Auge haben und Kontrollen durchführen.» Weiter plant der Kanton eine «massvolle Überwachung» am Seeufer.

«Wir werden sicher bei den Einwasserungsstellen präsent sein. Doch ist es bestimmt nicht so, dass das ganze Wochenende ein Polizist dort stehen wird», so Dittli weiter. Sie hofft, dass auswärtige Böötler, durch die Medienberichte vorinformiert, schon gar nicht erst anreisen werden.

Die strenge, zeitlich terminierte Massnahme hält die Regierung für gerechtfertigt. Für Hostettler ist klar: «Breitet sich die Quagga-Muschel im Zugersee aus, führt das zu horrenden Kosten.» Noch wurde jedoch kein Nachweis erbracht, dass es sich das invasive Tier in den Zuger Gewässern gemütlich gemacht hat.

Roman Keller, Abteilungsleiter beim Amt für Wald und Wild, ergänzt: «Die Organisation dafür war eine Riesenbüez. Doch ist es sinnvoll, dieses grundsätzliche Verbot für auswärtige Boote zu erlassen, bis eine Infrastruktur steht, um die Boote vollumfänglich kontrollieren zu können.»

Andere Kantone müssen nachziehen, sonst nützt die Regelung kaum

Philipp Helfenstein, der Präsident des Kantonalen Fischerei-Verbands, freut sich über die drastische Massnahme. «Zug geht hier als erster Kanton der Schweiz vorbildlich voran und setzt damit ein wichtiges Zeichen», äusserte er sich am Mittwochabend im Rahmen der Delegiertenversammlung. «Ein Verbot ist zwischenzeitlich eine gute Massnahme, bis eine saubere Lösung gefunden wird.»

Das Problem: Mit dem kantonalen Verbot für auswärtige Boote auf Zuger Seen ist die Sache noch längst nicht erledigt. Der Zugersee grenzt auch an die Kantone Schwyz und Luzern. Gemäss Gesetzeslage können also dort weiterhin beispielsweise Boote aus dem Bodensee eingewassert werden. «Wir fordern den Regierungsrat explizit dazu auf, sich im Konkordat dafür einzusetzen, dass für den Zugersee in den Kantonen Schwyz und Luzern zukünftig auch die gleichen Gesetze gelten und umgesetzt werden», sagt Helfenstein zu diesem Umstand.

Helfenstein macht sich nichts vor: «Sobald man den Seich im Wasser hat, gibt es bald keine Fische mehr.» Eine solche Entwicklung sehe man derzeit am Bodensee, wo die Quagga-Muschel sich bereits grossflächig ausgebreitet hat.

Dittli sagt: «Insbesondere mit dem Kanton Schwyz sind wir bereits im Austausch. Unser Ziel ist es, eine gemeinsame Lösung zu finden. Doch dafür braucht es Zeit. Zeit, die wir nicht haben. Deshalb haben wir dieses einjährige Verbot im Sinne einer vorsorglichen Massnahme umgesetzt.»

Was bedeutet das Verbot nun für Stand-up-Paddler und Gummiböötler, die ihre Gefährte auch in anderen Kantonen nutzen? «Auf diese hat die neue Regelung keinen Einfluss. Sie verfügen über keine Immatrikulationsnummer und sind daher ausgenommen», sagt Keller. Doch: Auch für sie gilt weiterhin die Reinigungspflicht vor dem Einwassern in die Zuger Seen.

Weiter sagt Keller: «Je länger ein Boot im Wasser ist, desto grösser ist die Gefahr. Wenn ein Schiff vom Bodensee hierherkommt und dort auch über Nacht eingewassert bleibt, ist das Risiko viel grösser als etwa bei einem SUP.»

Verwendete Quellen
  • Gespräche bei der Delegiertenversammlung des Kantonalen Fischerei-Verbands
  • Medienmitteilung der Sicherheitsdirektion
  • Artikel «SRF» zur Putzpflicht am Vierwaldstättersee
  • Telefongespräch mit Laura Dittli
  • Website «Wasch Dein Zeug»
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Hanswurst
    Hanswurst, 12.04.2024, 19:13 Uhr

    Dieses Verbot der Zuger Regierung ist der einzig folgerichtige Schritt. Wieso erfolgt nicht gleiches für den Vierwaldstättersee? Ist da die Bötli-Lobby zu stark, die innerschweizer Unweltdirektorenkonferenz zu schwach oder ganz einfach zu naiv? Bleibt zu hoffen, dass es nicht zu spät ist. Wenn ohne rasche Gegenmassnahmen das Unheil mit seinen enormen Folgekosten eintritt, bin ich auf die faulen Ausreden der Verantwortlichen gespannt – Konsequenzen hätte das verantwortungslose Nichthandeln wie üblich keine.

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