Quaggamuschel: Zug führt ab sofort Verbot ein

«Zuerst lachten alle» – nun sind Seen in akuter Gefahr

Invasive Arten wie die Quaggamuschel könnten die Idylle am Zugersee schon bald trüben. (Bild: Andreas Busslinger)

Der Zuger Fischerei-Verband warnt mit klaren Worten vor der invasiven Quaggamuschel. Nun verhängt der Regierungsrat als erster Kanton ein Verbot, das sogleich in Kraft tritt.

Das Tier, das den Zuger Fischern Bauchschmerzen bereitet, ist nicht gross, aber hartnäckig. An der Delegiertenversammlung des Zuger Fischerei-Verbands am Mittwochabend wurde sie denn auch rege diskutiert: die Quaggamuschel. So lustig ihr Name auch klingen mag, so gefährlich ist sie für die Seen. Noch wurde sie im Kanton Zug nicht nachgewiesen. Das dürfte jedoch nur eine Frage der Zeit sein (zentralplus berichtete).

Der Zuger Direktor des Innern, Andreas Hostettler, der beim Anlass zugegen war, äusserte sich dazu wie folgt: «Als die Quagga-Muschel im Kantonsrat zum ersten Mal ein Thema wurde, lachten alle. Zum einen, weil sie einen komischen Namen hat, zum anderen, weil niemand wusste, was das ist. Heute lacht niemand mehr.» Und das mit gutem Grund. «Wir müssen uns bewusst sein, dass nur ein – pardon – Tubel einen Kessel Quaggamuscheln vom Bodensee in den Zugersee schütten muss, damit wir das Problem wenige Jahre später selber haben. Doch es reicht auch, wenn das unabsichtlich passiert. Es braucht nur einen, der nicht aufpasst.»

Die Quaggamuschel ist eine teure Seebewohnerin

Das Zuger Amt für Wald und Wild schrieb im März dieses Jahres in einem Strategiepapier zum Thema Quaggamuschel: «Das Risiko, dass sie eingeschleppt wird, ist gross, da die Muschel bereits in anderen Schweizer Gewässern – zum Beispiel dem Bodensee – präsent ist und dort massive Schäden an Ökologie und Infrastruktur anrichtet, was in den vergangenen Jahren zu Kosten von über 100 Millionen Franken führte.»

Eine Kostenschätzung der Wasserwerke Zug aus dem Jahr 2023 schätzte im Falle einer Einschleppung allein die direkten finanziellen Schäden für den Zugersee ähnlich hoch ein. «Der Handlungsbedarf ist somit sowohl in ökologischer als auch ökonomischer Hinsicht unbestritten und gross.»

Klare Forderungen an die Politik

Unternommen wurde schon einiges. So stehen Bootsbesitzer in der Pflicht, ihre Boote vor dem Einwassern zu reinigen, um eine Verbreitung zu verhindern. Philipp Helfenstein, der Präsident des Zuger Fischerei-Verbands, gab am Mittwochabend jedoch vor den Delegierten zu bedenken: «Wenn ich die ausserkantonalen Boote bei der Seeforellen- oder auch Felcheneröffnung sehe, hauptsächlich aus der Bodenseeregion, läuten […] die Alarmglocken. Denn aktuell basiert die Reinigungsbestätigung auf Vertrauen und nicht auf Kontrolle.»

Naturgemäss ist der Schutz der Zuger Gewässer vor der fiesen Muschel im Sinne des Fischerei-Verbands, weshalb dieser entsprechende Forderungen an die Politik stellt. So ist der Kantonalverband etwa für das Verbot von Wanderbooten, also von Booten, die auch in den Gewässern anderer Kantone genutzt werden. «Sollte dies nicht gelingen, soll die Zahl der Boote und Schiffe auf dem Zugersee beschränkt und die Vignettenpflicht wieder eingeführt werden», so Helfenstein.

Weiter sagte er: «Wir fordern konkret die Abschaffung der Bootsabgabe. Wir Zuger müssen für die Benützung der Wasserfläche bezahlen, ausserkantonale Boote aber nicht. Dies stellt eine Ungleichbehandlung dar, welche es rechtlich zu prüfen gilt.»

Der Fischerei-Verband ist bemüht, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das Thema zu lenken. Man suchte mit den zuständigen Regierungsräten das Gespräch und hat mit dem Mitte-Kantonsrat Jean Luc Mösch einen Interessenvertreter im Parlament, der sich bereits mit politischen Vorstössen fürs Thema starkmacht.

Regierung verbietet fremde Boote für ein Jahr

Helfensteins Appelle wurden gehört. Wie Regierungsrat Andreas Hostettler später am Abend erläuterte, wolle der Kanton Zug nun drastische Massnahmen in Angriff nehmen. Als erster Schweizer Kanton verhängt er ein einjähriges Verbot für ausserkantonale Schiffe und Boote auf Zuger Seen. «Dieses Verbot verschafft uns Zeit, um eine Handhabung für die Kontrolle von Wanderbooten auszuarbeiten.»

«Der Kanton Zug geht hier als erster Kanton der Schweiz vorbildlich voran und setzt damit ein wichtiges Zeichen.»

Philipp Helfenstein, Präsident Kantonaler Zuger Fischerei-Verband

Und weiter: «Ich möchte nicht, dass man uns später vorwerfen kann, dass wir nicht alles unternommen hätten, was wir unternehmen konnten gegen das Problem.» Tatsächlich lassen die Behörden nichts anbrennen. Die neue Regelung tritt ab kommendem Freitag bereits in Kraft. Verbandspräsident Philipp Helfenstein zeigte sich erfreut über diese Massnahme: «Zug geht hier als erster Kanton der Schweiz vorbildlich voran und setzt damit ein wichtiges Zeichen.»

Die Kantone müssen zusammenspannen

Das Problem: Mit dem kantonalen Verbot für auswärtige Boote auf Zuger Seen ist die Sache noch längst nicht erledigt. Dies insbesondere, da der Zugersee auch an die Kantone Schwyz und Luzern grenzt. «Wir fordern den Regierungsrat explizit dazu auf, sich im Konkordat dafür einzusetzen, dass für den Zugersee in den Kantonen Schwyz und Luzern zukünftig auch die gleichen Gesetze gelten und umgesetzt werden.»

Live-Sonar-Technologie in Zug offenbar kein Problem

An der Delegiertenversammlung des Zuger Fischerei-Verbands war ausserdem von Live-Sonar die Rede. Es handelt sich dabei um eine Technologie, mit der hochaufgelöste Unterwasserbilder gemacht werden können. Damit lassen sich gezielt grosse Fische angeln. Live-Sonar wurde im vergangenen Jahr im Vierwaldstättersee verboten. Anders in Zug. Der Verbandspräsident Philipp Helfenstein tauschte sich dazu mit den verschiedenen Zuger Fischereivereinen aus.

Vielen Fischern sei das Thema gar nicht erst bekannt, und wenn doch, seien sie nicht daran interessiert, fasste er zusammen und kam daher zum Schluss: «Die 340 Zuger Fischerinnen des Kantonalverbands sind zu diesem Zeitpunkt gegen ein Verbot der Life-Sonar-Technologie. Es müssen somit keine Massnahmen definiert und ausgeführt werden.»

Verwendete Quellen
  • Besuch Delegiertenversammlung
  • Gespräche vor Ort
  • Website Kanton Zug zu aquatischen Neobiota
  • Artikel im Fischereimagazin «Petri-Heil» zu Live-Sonar
  • Strategiepapier des Kantons Zug im Umgang mit gebietsfremden Arten
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