Produktion läuft in Sursee auf Hochtouren

Hier wird dem Osterhasen zünftig unter die Arme gegriffen

Über eine halbe Million Eier rattern bei Ferdinaze Kazazi und ihren Kolleginnen täglich über die Fliessbänder. Vor Ostern herrscht hier Hochbetrieb. (Bild: zar)

Gut 150 Millionen Eier überprüft, verpackt und färbt die Ei AG in Sursee jedes Jahr. Besonders viele jeweils vor Ostern. zentralplus hat sich vor Ort umgeschaut.

Nun fliegen sie wieder landauf und landab durch die Lüfte, prallen aufeinander und gehen schliesslich zu Bruch: Eier. Ob im Zwiebelhautsud gefärbt, bemalt oder mit Stickern beklebt – sie sind der heimliche kulinarische Star des Osterfestes. Doch was passiert eigentlich, bis Kalkschale auf Kalkschale trifft? Klar, erst braucht es ein Huhn, das ein Ei legt. Aber dann, wie geht es weiter?

Diese Frage führt zentralplus an den Rand des Surseer Industriequartiers. Seit über 15 Jahren ist hier die Ei AG zu Hause. Hinter der schmucklosen Industriehalle erstreckt sich eine saftig grüne Wiese, es pfeifen Vögel, und am Horizont thront die schneebedeckte Pilatuskette. Im Innern der Halle ist es aber weitaus weniger idyllisch. Es rattert und zischt. Und zwar so laut, dass man den Kopf schon fast aufdringlich nahe zu Yves Santini strecken muss.

Eier aus der ganzen Schweiz landen in Sursee

Der 52-Jährige ist langjähriger Geschäftsleiter und weiss so einiges zu erzählen über jenes «einmalige Naturprodukt», dessen «spezieller Zauber» ihn bis heute in den Bann zieht. Über eine halbe Million Eier rattern hier jeden Tag über die Fliessbänder, zusammengeführt von über 135 Produzenten aus der ganzen Schweiz, vornehmlich aus dem «Hühnergürtel» – so nennt Santini jenen dicht besiedelten Streifen Schweiz, der sich von Bodensee bis zum Genfersee zieht.

Die Ei AG hat drei Kernaufgaben: Sie plant die Eierproduktion zusammen mit den Produzenten. Sie kümmert sich um die Qualitätssicherung. Vor allem aber sind die gut 20 Mitarbeiter für die «Konfektionierung» zuständig – Business Slang fürs Sortieren und Verpacken. Ein Ablauf, der weitgehend automatisiert ist. Die Eier werden bereits in Kunststoffhöckern angeliefert und müssen nur noch manuell aufs Band gehievt werden.

Danach gehts Schlag auf Schlag. Erst werden die Eier aus dem Höcker gesaugt und danach nach Flecken oder äusserlichen Verunreinigungen gescannt. Eine weitere Maschine dreht dann die Eier so, dass die Spitze immer in die gleiche Richtung zeigt, bevor die Schale von der nächsten Maschine sanft nach Schwachstellen oder Schäden abgeklopft wird. Zuletzt wird jedes Ei gewogen und auf Einschlüsse und Blutrückstände gescannt.

Küken im Zmorgen-Ei? Ausgeschlossen

Und wann werden die Eier auf Küken untersucht? «Nie!», so die Antwort Santinis. Dass man beim Zmorgen statt eines Eis einen Hühnerembryo in die Bratpfanne schlägt, kann der studierte Biologe aber ausschliessen. Denn zum einen würden die Eier – wie beschrieben – auf Einschlüsse und Blutspuren untersucht. Zum anderen sei die Temperatur nie hoch genug, damit sich ein Küken entwickeln könne.

Nun beginnt das grosse Sortieren. Wie von Geisterhand gruppiert der Roboter kleine, grosse Eier sowie «Normeier». Was als Frischei genügt, wird in unterschiedlich grosse Kartons gepackt, der Rest kommt ins hauseigene Lager und wird später entweder gekocht und gefärbt oder in der Lebensmittelindustrie weiterverkauft. Wortwörtlich im Kübel landen einzig ein paar wenige Eier mit Bluteinschluss.

Die Reise des Eis in Sursee ist fast zu Ende. Das eine grosse Fliessband franst nun aus zu einer Handvoll kleinen, an deren Enden geübte Frauenhände warten, um die gefüllten Eierkartons blitzschnell in graue Plastikgebinde zu packen – «ein absoluter Knochenjob», weiss Santini. Ein weiterer Roboter stapelt daraus Paletttürme, die wiederum in über 90 Prozent der Fälle in den Filialen eines Schweizer Detaillistenriesen landen. 

Auf Peak folgt allmähliche «Ausstallung»

Vor Ostern durchlaufen jeweils besonders viele Eier in Sursee diesen Prozess. Um rund zehn Prozent nimmt zu jener Zeit das Verarbeitungsvolumen zwischenzeitlich zu. Werden Hühner nach dieser Parforceleistung im grossen Stil geschlachtet, um eine Überproduktion zu verhindern? Jein. Tatsächlich läuft nach Ostern langsam an, was Santini als «Ausstallen» bezeichnet. Zu Deutsch: Bestände werden sukzessive geschlachtet. Aber dies sei ein ganz normaler Ablauf, der sich über den ganzen Sommer fortsetze.

Denn zum einen hätten die Hühner ihren Produktionspeak überschritten, zum anderen führten Leerzeit und noch nicht so leistungsfähige Junghennen zu einer willkommenen Reduktion in der Gesamteierproduktion. Mit zunehmendem Alter der Hennen steige dann auch wieder der Eieroutput – und zwar just so, dass zu Weihnachten, der zweiten Spitzensaison des Jahres, das Produktionsmaximum wieder erreicht sei. Der Kreis schliesst sich.

Dass nicht am Marktbedürfnis vorbei produziert wird, ist also kein Zufall, sondern das Resultat akribischer Planung. Wie viele Küken sollen gebrütet werden? Wie gross soll die Eiproduktion in einem Jahr sein? Das sind alles Fragen, über die Santini schon jetzt brütet. Die allgemeinen Aussichten sind dabei vielversprechend. Seit Jahren zeigen die Absatzzahlen «für das Trendnahrungsmittel Ei» nach oben. Einzig 2022 ist die Nachfrage moderater ausgefallen als erwartet – über die Gründe rätseln Santini und andere Eierfachleute noch heute.

Das Gros der Ei-AG-Belegschaft muss sich darüber den Kopf vorderhand nicht zerbrechen. Hier freut man sich erst einmal auf einen Durchschnaufer nach erfolgreich absolvierter «Osterkampagne». Speziell feiern will man den Feiertag aber nicht – zumindest nicht mit Eiern. Denn diese tütscht man hier schliesslich in jeder Morgenpause.

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