Auf dem Pilatus

Europas höchstgelegener Weihnachtsmarkt – und der traurigste?

Draussen ist nicht viel los. Die Feuerschale ist nicht in Betrieb, und der Lautsprecher wurde mit einem Güselsack abgedeckt. (Bild: mre)

Trotz der Orkanböen kann der Weihnachtsmarkt auf dem Pilatus dieses Wochenende durchgeführt werden. Doch lohnt sich die wackelige, einstündige Fahrt in die Höhe? zentralplus erforscht den «Christkindlimärt» auf 2000 Metern Höhe.

Donnerstag, Mitte November: In einem Tag soll der Christkindlimärt auf dem Pilatus eröffnen, und aktuell gibt es für Touristen keine Möglichkeit, auf den Berg zu kommen. Der Grund: Sturmtief Frederico wütet. Wird das noch etwas? Obwohl die Zahnradbahn aufgrund des Wetters bereits früher in die Winterpause musste, konnten die Güterwagen am Donnerstag weiter betrieben werden. All das Material für den Markt konnte also glücklicherweise trotz Orkanböen rechtzeitig auf den Pilatus gebracht werden.

Das Schlimmste des Sturms ist nach dem Donnerstag vorbei. Doch schön ist das Wetter auch am Freitag nicht. Zieht es trotzdem Leute auf den Pilatus? zentralplus macht sich ein Bild in luftiger Höhe.

Kurz vor dem Mittag geht es in Kriens los. Aktuell können Touristinnen nur mit der Luftseilbahn auf den Pilatus kommen. Über eine halbe Stunde Warten ist angesagt. Die Leute wollen anscheinend doch hoch auf den Berg. Die Zielgruppe für den Weihnachtsmarkt erscheint breit: von pensionierten Paaren und jungen Familien über Freundinnen und natürlich grosse ausländische Touristengruppen. Auf dem Bildschirm vor der Gondel werden abwechselnd ein Werbevideo vom Weihnachtsmarkt und aktuelle Webcam-Bilder gezeigt. Letztere als Live-Aufnahmen zu erkennen, ist nicht so leicht: Sehen tut man auf dem Pilatus nämlich nichts.

«Was machen wir hier eigentlich?»

Eingestiegen in das Bähndli: «Es fährt ein wenig langsamer als gewöhnlich», erklärt eine Mitarbeiterin. Die Gondel würde sonst zu stark schwingen. Auf der Krienseregg führt der Weg vorbei an flatternden Weihnachtsbäumen. Die Spitze des einen wurde vom Wind bezwungen und ist abgeknickt. «Frederico» hat zugeschlagen.

Die Deko-Bäume auf der Krienseregg tanzen im Wind. (Bild: mre)

Richtung Fräkmüntegg, als die Gondel mehr zu schaukeln beginnt, sagt eine Frau zu ihrer Freundin: «Sorry, dass ich dich immer zu so Zeugs überrede» und lacht. Im tristen und kalten Bähndli steht die Frage «Was machen wir hier eigentlich?» im Raum. Für die zwei Frauen aus Ägeri war aber klar: Sie haben das geplant, und wenn das Bähndli fährt, gehen sie. «Crêpe» lautet die einfache Antwort auf die Frage, was sie sich von heute erhoffen. «Und es ist auch eine gute Möglichkeit, wieder einmal auf den Pilatus zu gehen.»

Auf dem Pilatus wird man mit Weihnachtsmusik empfangen. Es gibt viele farbenfrohe Stände auf mehreren Etagen. Zu kaufen gibt es Schmuck, Stirnbänder, Mobiles, Spielzeug und vieles mehr. Alles ist weihnachtlich dekoriert. Das Meiste scheint sich aktuell drinnen abzuspielen – kein Wunder bei der Minus-fünf-Grad-Kälte. Es gibt eigentlich nur zwei Gründe, die die Besucher nach draussen locken: Essen und kurze Selfie-Sessions. Sehen, dass man sich auf über zweitausend Metern über Meer befindet, tut man nicht. Die Sicht reicht nur einige Meter weit. Die Tische draussen sind leer. Das Essen wird grösstenteils im Windfang konsumiert.

Es wiehnächtelet

Doch so trist es auch klingt: Die Bergluft und die Weihnachtsmusik scheinen eine positive Wirkung auf die Menschen zu haben. Die Stimmung ist harmonisch. Das findet auch ein Rentnerpaar, das Selbstgemachtes aus Holz verkauft. Ihnen gefällt es auf dem Pilatus sehr. Sie kommen bereits das zehnte Mal zum höchstgelegenen Märt in Europa. Die Begegnungen mit den Menschen seien schön.

Die Leute kommen extra hier hoch für die Weihnachtsstimmung und den Märt. Sie seien sehr wertschätzend. Der Kunsthandwerker Markus Steffen sagt bodenständig: «Das, was ich hier verkaufe, braucht kein Mensch. Das ist absoluter Luxus.» Ihnen geht es daher auch nicht darum, den Leuten zwingend etwas verkaufen zu wollen. Das hier sei für sie Erholung, Ferien sogar.

Die Freude ist unter anderem auch beim 18-jährigen Levin spürbar. Er arbeitet in seinem Zwischenjahr nach dem Gymnasium und vor dem Studium auf dem Pilatus. Er findet es «geil», dass hier auf dem Berg in der Weihnachtszeit etwas veranstaltet wird. Während des Weihnachtsmarkts ziehe es wieder viel mehr Touristen auf den Pilatus. Das freut ihn.

Auf die Frage, ob ihm die Kälte beim Arbeiten etwas ausmache, sagt er trocken: «Nein, ich arbeite einfach.» Eine ähnliche Gelassenheit erlebt Levin auch bei den Touristinnen auf dem Pilatus. Sie seien sehr gemütlich und freundlich. «Das Trinkgeld läuft auch sehr gut», verrät er. Er wisse nicht, ob die Leute Mitleid hätten, weil er in der Kälte arbeiten müsse. Aber so oder so – ihn freut der Zustupf.

Weit über dem Meer und weg von den alltäglichen Sorgen

Mit dem Bähndli geht es wieder runter nach Kriens. Auch hier: Sehen, wo es hingeht, tut man nicht. Aber immerhin – es geht runter. Die für einen Weihnachtsmarkt anfänglich doch eher trübe Stimmung auf dem Pilatus weicht der Einsicht, dass auch der Alltag viel weiter unten nicht immer lustig ist. Denn immerhin sind die Menschen alle fröhlich auf dem Berg.

Auf dem Rückweg. (Bild: mre)
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5 Kommentare
  • Profilfoto von Donato
    Donato, 20.11.2023, 09:40 Uhr

    Ist schon Weihnachtszeit?? Habe ich etwas verpasst?? Ich habe erst November.
    Sorry absoluter Blödsinn.

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  • Profilfoto von Naja Frydenlund
    Naja Frydenlund, 18.11.2023, 19:12 Uhr

    Es war eine schöne Erlebnis. Wetter etwas Rau, essen tip top ,und einiges eingekauft 🧑‍🎄👼🎅

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  • Profilfoto von Mirjam Steiner
    Mirjam Steiner, 18.11.2023, 12:46 Uhr

    Für Familien ist das ganze Paket Pilatus Weihnachtsmarkt definitiv zu teuer. Leider.

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  • Profilfoto von Karin Iseli
    Karin Iseli, 18.11.2023, 08:38 Uhr

    Es gibt Zeiten, in denen man bei gutem Wetter geniesst und es gibt Zeiten bei Winter und Sturm, in denen man Pause macht und die Berge, Restaurants und die Menschen ihre Ruhe finden.

    Warum muss überall alles immer erreichbar sein? Es rechnet sich auch nicht für alle, die da vor Ort sein müssen. Aufwand und Leistung belasten schlussendlich die Jahreskosten.

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  • Profilfoto von Steiner
    Steiner, 17.11.2023, 21:40 Uhr

    Wir waren heute auch auf dem Pilatus. Uns hat es sehr gut gegessen im Hotel uns sind gemütlich über den tollen Markt geschlendert. Das ist ein wahrer Christkindelmarkt(kein Ramsch und Kitsch) sondern alles selbst gemacht

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