Im Podium 41 in Zug sind alle willkommen

Sie bieten eine schöne Alternative zur einsamen Weihnacht

Walter Frei und Sandro Sechi organisieren die Weihnachtsfeier im Podium 41 mit. (Bild: wia)

Für viele Zuger ist die Weihnacht alles andere als ein frohes Fest. Das Podium 41 öffnet, wie bereits in den Jahren zuvor, an den Festtagen seine Türen und organisiert ein Festmahl für Bedürftige. Das Angebot wird rege genutzt.

«Ich habe zwar einen Weihnachtsbaum gekauft», erzählt Theo*. «Doch wenn ich allein in der Stube sitze, will keine richtige Festtagsstimmung aufkommen.» Darum ist er am 24. Dezember ins Podium 41 gekommen. «Die Angestellten machen ihren Job mit viel Herzblut, ich werde jedes Mal äusserst freundlich behandelt. Ich geniesse es, hier zu sein.»

An diesem Tag ist das Lokal feierlich geschmückt. Lange Tafeln erstrecken sich im Raum, Häppchen stehen auf der Theke bereit. Bis auf Theo ist der Raum jedoch noch fast leer. Das sollte sich während des Gesprächs ändern.

Beide Essen sind ausgebucht

Theo ist einer von rund 50 Menschen, die am Mittag des 24. Dezembers zum Weihnachtsessen ins Podium 41 kommen. Später wird den Gästen eine Schifffahrt auf dem Zugersee offeriert. Am 25. Dezember findet ausserdem ein zweiter Anlass statt. Auch dieser sei mittlerweile ausgebucht, erklärt Walter Frei, Fachperson Gassenarbeit bei Punkto. Zwei Tischgedecke lässt das Team bewusst frei. So müssen spontane Gäste nicht abgewiesen werden.

Grün auf Rot: Die Tafeln im Podium 41 sind hübsch gedeckt fürs Weihnachtsfest. (Bild: wia)

«Für Leute am Rande der Gesellschaft oder aber für Menschen, die alleine sind, ist diese Jahreszeit belastend. Man kann sich dem Thema Weihnachten nicht entziehen, denn alle reden darüber. Ausserdem kann man sich, wenn es kalt ist, schlecht draussen treffen. Die sozialen Kontakte leiden.»

Wer an diesem Tag zu Gast ist? «Viele der heutigen Gäste nutzen während des Jahres das Mittagstischangebot im Podium 41. Wir haben Armutsbetroffene hier, Obdachlose, Menschen, die schlicht einsam sind, aber auch ein paar wenige Familien», erklärt Frei. Eines ist ihnen allen gemein: «Sie leben unter dem Existenzminimum.»

Ein «Kunstwerk» auf dem Teller

Umso mehr freuen sich die Gäste über das festliche Viergang-Menü. An diesem Tag wird ein Entrecôte an einer Sauce Bernaise aufgetischt, daneben ein Kartoffelgratin und Gemüse. Theo, der letztes Jahr bereits beim Weihnachtsessen dabei war, sagt: «Das Team hat uns im Voraus nicht verraten, was es gibt. Nun freue ich mich sehr. Doch ist es nicht nur so, dass es etwas Feines zu essen gibt. Es wird jeweils auch wunderschön präsentiert. Die Teller sind regelrechte Kunstwerke.»

Ein wahrlicher Festschmaus wird den Gästen im Podium 24 angeboten. (Bild: wia)

Obwohl es sich der gelernte Pflegefachmann Walter Frei gewohnt ist, während der Festtage zu arbeiten, ist dieser Tag für ihn speziell: «Die Gespräche mit den Gästen sind an Weihnachten oft emotionaler. Viele blicken aufs vergangene Jahr zurück und erinnern sich daran, was alles schief gelaufen ist. Einige haben sich mit ihren Familien zerstritten, andere erinnern sich an Kriege, die sie erlebt haben. Die Leute sind grundsätzlich betrübter.»

Der Olympionike in der falschen Disziplin

Über seine eigene Vergangenheit mag Theo an diesem Tag lieber nicht reden. Dann verrät er uns dennoch etwas Erstaunliches über sein früheres Leben. Theo war in jungen Jahren nämlich nicht nur Olympionike, sondern gewann im Schwimmen gar eine Goldmedaille. Das erzählt er beiläufig, und ergänzt dann pragmatisch: «Ich glaube, ich hätte stattdessen besser Wasserball gespielt. Darin wäre ich besser gewesen.» Bis er 50 Jahre alt war, spielte er regelmässig. Dann haben die Gelenke zu rebellieren angefangen.

Weihnachtsfeiern sind oftmals eine heikle Angelegenheit. Auch, wenn man sich in einem gut funktionierenden, sozialen Netzwerk bewegt. Oft kommt es genau in diesen Situationen zu Konflikten. Die Weihnachtsfeiern im Podium 41 erlebt Frei hingegen als sehr friedlich. «Es ist meist sehr friedlich, die Leute zeigen sich zudem sehr dankbar.»

«Meine anfänglichen Bedenken waren völlig unbegründet.»

Sandro Sechi, Geschäftsführer des Podium 41

Für Sandro Sechi ist es das erste Weihnachtsfest im Podium. Der Geschäftsleiter des Betriebs hat seine Stelle erst vor drei Monaten angetreten. Er erzählt: «Ich war anfangs eher zurückhaltend mit dem Klientel. Als Gastronom hatte ich keine Erfahrung im Bereich der Sozialarbeit. Meine Bedenken waren jedoch völlig unbegründet.»

Das Weihnachtsfest ist nur dank Sponsoren möglich

Ermöglicht wurde das Essen durch verschiedene Sponsoren. «So dürfen wir das Fleisch beispielsweise gratis beziehen. Das wäre ansonsten einer der grössten finanziellen Posten», erklärt Sechi. Auch die Getränke darf das Podium 41 gratis beziehen. «Die restlichen Kosten werden glücklicherweise von der Reformierten Kirche übernommen», ergänzt Frei. Ohne die Sponsoren wäre ein solches Angebot nicht möglich.

«Ich wünsche mir, dass die Leute ein gutes Leben haben. Was auch immer das für jede einzelne Person heisst.»

Walter Frei, Fachperson Gassenarbeit bei Punkto

Was sich Frei und Sechi für ihre Weihnachtsgäste wünschen? Sechi: «Ich wünsche mir, dass alle das Festmenü in dieser Geborgenheit und ohne Vorurteile geniessen können.» Frei dazu: «Ich wünsche mir, dass sie bezahlbaren Wohnraum finden und ein gutes Leben haben. Was auch immer das für jede einzelne Person heisst.» Und was wünscht sich Theo? Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: «Gesundheit! So viele Jahre bleiben mir nicht mehr. Mein Job ist es jetzt, gesund zu bleiben.»

*Name der Redaktion bekannt

Verwendete Quellen
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon