Die besten Schnupfer im Lande

Dieses Luzerner Ehepaar hat die Nase am vollsten

Die Spitzenwettkampfschnupfer Uli und Pia Walpen. (Bild: Raphael Zemp)

Pia Walpen aus Grosswangen hat es in einer illustren «Sportart» bis an die Weltspitze geschafft. Ihr Ehemann Uli ist mehrfacher Schweizermeister. zentralplus war zu Besuch beim meisterlichen Ehepaar – im Wettschnupfen.

Weder ein Plakat am Dorfeingang noch ein Schild vor dem Wohnblock. Nichts weist darauf hin, welch meisterliches Ehepaar hier im 3000-Seelen-Dorf Grosswangen, am Rand des Luzerner Hinterlands, zu Hause ist. Uli (67) und Pia (68) Walpen haben schon unzählige Titel eingeheimst. Er wie sie sind nicht nur aktuelle Schweizermeister, sondern sie sind dies gemeinsam bereits zum fünften Mal. Pia darf sich zudem zweifache Weltmeisterin nennen – und auch bei Uli sind die Chancen noch intakt, international Ausrufezeichen zu setzen.

Und das, obschon beide in verdienter Pension sind. Nicht nur das vergleichsweise hohe Alter des amtierenden Schweizermeister-Ehepaars ist ungewöhnlich, auch worin sie sich messen, ist speziell. Es gewinnt in ihrer Disziplin der Wahl nämlich jene Person, welche die Nase wortwörtlich am vollsten hat: Willkommen in der Welt des Wettschnupfens.

Hier wird ausschliesslich deutscher Schnupftabak geschnupft

Pia und Uli sitzen am runden Holztisch in der Stube. Vom Schaft an der Wand beäugen einen geschnitzte Holzkühe, neben die Kaffeetassen haben sich eine klassische Schnupfdose gesellt sowie ein Barillaglas, gefüllt mit einer braunen Masse. Damit verdeutlicht Uli schon einmal einen ganz entscheidenden Unterschied zwischen dem Plausch- und dem Wettkampfschnupfen.

«Wir schnupfen ausschliesslich deutschen Schnupftabak. Der ist gröber, milder und wird vor dem Wettkampf zudem noch angefeuchtet.» Das alles sorge dafür, dass die Schleimhäute weniger in Mitleidenschaft gezogen würden. Der zweite grosse Unterschied: die Menge. Fünf Gramm müssen möglichst sauber und vollständig innerhalb einer Minute unter den Nasenflügeln versorgt werden. Das klingt nach wenig, füllt aber eine ordentliche Dose und dürfte auf den wenigsten Handrücken Platz finden.

Unterschied Nummer drei: Fürs Schnupfen steht man nicht im Kreis, sondern sitzt am Tisch, während einem ein Schiedsrichter über die Schultern schaut und man einen Latz umgehängt hat: Ein A3-grosser, weisser Papierbogen, der umgeklemmt wird und auf dem auch das allerkleinste Krümmelchen Schnupftabak aufgefangen wird. Denn alles, was innerhalb der einen Wettkampfminute nicht den Weg ins Geruchsorgan gefunden hat, wird fein säuberlich zusammengetragen, auf Tausendstelgramm verwogen – und von den fünf Gramm abgezogen. Übrig bleibt das Wettkampfresultat.

Den amtierenden Weltmeister geschlagen

Zum Beispiel 4,978 Gramm. Das ist Uli Walpens absolutes Rekordergebnis, erzielt an einem internationalen Schnupf-Kongress. Mit dem Resultat schlug er damals sogar den amtierenden Weltmeister. Für den aktuellen Schweizermeistertitel hat ein Stopfversuch gereicht, der ein Tausendstelgramm weniger auf die Waage brachte. Seine Frau Pia hat es in ihrer besten Minute auf sehr beachtliche 4,970 Gramm gebracht. «So viel wie keine andere Frau der Welt», bemerkt ihr Ehemann stolz, während die zweifache Weltmeisterin bloss abwinkt.

Was es dazu braucht? «Technik und Geschwindigkeit», meint der gebürtige Oberwalliser Uli Walpen – und räumt gleich mit einem weiteren Missverständnis auf: «Geschnupft wird nur am Anfang» – und dabei erst noch sachte. Der restliche Tabak wird vor allem hochgestossen, mit dem Fingernagel.» Bei ihm findet das Gros der fast 5 Gramm im rechten Nasenloch jeweils Unterschlupf, die letzten Brösmeli schnupft er mit dem Linken hoch. Ehefrau Pia geht da weniger strategisch vor. «Einfach hoch damit!», lautet ihre Devise, egal in welches Loch. Für die Ausführungen zur idealen Schnupftechnik hat sie bloss ein «Mach es nicht komplizierter als es ist» übrig.

«Ja nicht üben»

Überhaupt ist die amtierende Schweizermeisterin vom Schnupfen erstaunlich wenig angetan. «Das Ganze ist nicht wirklich spektakulär, weder vom Ablauf her, noch vom Geschmack, noch vom Aussehen.» Und nachdem sie ihre Nase kurz ins Barillaglas mit dem deutschen Wettkampfschnupf gesteckt hat, entfährt ihr gar ein «grusig». Mehrmals habe sie schon aufhören wollen – um dann doch wieder vor einem Wettkampf von den Vereinsgspändli überredet zu werden. Ihr Geheimtipp, den sie gerne auch an Konkurrentinnen verteilt: «Ja nicht üben!»

Gatte Uli entspricht da schon eher den Vorstellungen eines Wettkampfschnupfers. Vor fast 40 Jahren kam er zum ersten Mal in Kontakt mit dem speziellen Hobby, als ihn Kollegen zu einer Teilnahme an den ersten Schweizermeisterschaften im Schnupfen überreden konnten. 1984 war das, in Fiesch. Mit Unterbrüchen ist er seither der Szene treu geblieben, war viele Jahre davon als Wettkampfleiter im Einsatz, amtete ein Vierteljahrhundert im «Schweizerischen Schnupf Verband», 20 davon als Präsident. Wenn es auf einen grösseren Wettkampf zugeht, dann trainiert er immerhin einmal die Woche in der Krone in Willisau, zusammen mit den übrigen ambitionierten Vereinskollegen. Und doch ist auch bei ihm nichts von Verbissenheit auszumachen.

Unzählige Schenkelklopf-Sprüche? Denkste

Überhaupt entspricht das meisterliche Ehepaar so gar nicht den gängigen Schnupfer-Klischees. Weder frönen die Ehepartner einer Tabakabhängigkeit noch haben sie unzählige Schenkelklopf-Sprüche in petto («Im Wettkampfschnupfen gibt es das nicht»). Walpens sind zudem weit gereist, haben viele Jahre beruflich im Ausland zugebracht, erst in Papua-Neuguinea, danach in Israel. Im Luzerner Hinterland, der Schnupfhochburg des Kantons, sind sie eher zufällig gelandet – weil ihre Auswanderungspläne nach Australien oder Neuseeland nicht Früchte trugen und ihnen der frühere Wohnort, das Goms, zu eng wurde.

«Wir wären nur schon um etwas jüngere Senioren froh!»

Pia Walpen

Auch verstehen es die Walpens, in ihrer Freizeit etwas anderes zu machen, als sich beständig die Nasen mit Schnupftabak vollzustopfen. Man reist nach wie vor gerne, ist viel auf dem Velo unterwegs. Während Jahrzehnten kraxelte Uli zudem in der schroffen Bergwelt umher auf der Suche nach Kristallschätzen. Und da ist auch noch die Begeisterung für die fünfte Jahreszeit.

Gemütliches Beisammensein motiviert

Was Walpens der Schnupfwelt hat treu bleiben lassen, ist weniger der Ehrgeiz, die Siegeslust noch der wiederholte Gewinn des Schweizermeistertitels. Wenn man eine Schweizermeisterschaft gewinnen kann, dann sei das zwar schon «witzig», vor allem aber bietet der Verein immer wieder Anlass fürs gemütliche Beisammensein mit Freunden, Bekannten und Gleichgesinnten.

Ein Kreis, der immer überschaubarer wird. Wie so viele andere Vereine kämpfen auch die «Napfschnupfer» mit Nachwuchsproblemen. Oder wie es Pia Walpen unverblümter formuliert: «Die Mitglieder sterben uns davon.» Aktuell schnupfen gerade noch 9 Mitglieder regelmässig. Dazu gesellen sich immerhin noch fast 30 Passivmitglieder. Dass Junge im Verein nachrücken würden, von diesem Traum habe man sich schon verabschiedet, meint Pia Walpen: «Wir wären nur schon um etwas jüngere Senioren froh.»

Schlägt Uli Walpen der bayerischen Konkurrenz ein Schnippchen?

Wer sich versuchen will in dieser eigenwilligen Disziplin, kann entweder bei einem der drei Schnupfvereine im Kanton Luzern anklopfen oder aber dann als Plauschschnupfer an den nächsten Schweizermeisterschaften teilnehmen, im Frühling 2025, natürlich in Willisau. 

Der Weltspitze zuschauen kann man in der Region schon vorher: Im kommenden Herbst finden in Luzern die bereits 23. Weltmeisterschaften statt. Während die amtierende Schweizermeisterin ihre Teilnahme noch offen lässt, kann man auf das Erscheinen ihres Ehemanns Uli zählen. Wer weiss, vielleicht kann er diesmal der starken bayerischen Konkurrenz ein Schnippchen schlagen – und sich doch noch zum Weltmeister küren lassen?

Verwendete Quellen
  • Besuch bei Pia und Uli Walpen
  • Website der «Napfschnupfer»
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2 Kommentare
  • Profilfoto von MOSSAD-bruchstrasse
    MOSSAD-bruchstrasse, 22.10.2023, 10:42 Uhr

    krankes hobby 🙈

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  • Profilfoto von Sepp Glanzmann
    Sepp Glanzmann, 19.10.2023, 22:23 Uhr

    Wirklich ein Weltmeisterliches Paar in allen Belangen.

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