Chinesische Propaganda? Kritik an Ausstellung im Verkehrshaus
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Sechs Monate lang thematisiert das Verkehrshaus in Luzern die chinesische Raumfahrt. Das führt zu Kritik bei einem Experten – und in der Politik.
Im Verkehrshaus Luzern stehen seit wenigen Tagen Raumfahrtsobjekte aus China. So etwa eine Kopie der chinesischen Raumstation, Raketen und auch Satelliten. Das grösste Museum der Schweiz zeigt die Exponate im Rahmen einer sechsmonatigen Sonderausstellung. Es kündigte die Zusammenarbeit bereits vor mehr als einem Jahr an (zentralplus berichtete).
Bei der Eröffnung war neben anderen Vertretern des chinesischen Regimes auch der chinesische Botschafter in der Schweiz zugegen. China unterstützt die Ausstellung im Verkehrshaus. Das Verkehrshaus könne die Modelle kostenlos ausleihen, wie das «Regionaljournal» berichtet, auch der Transport werde bezahlt. Einzig für Kost und Logis der chinesischen Techniker, welche die Ausstellung zusammengeschraubt haben, sei das Verkehrshaus aufgekommen.
«Aus demokratischer und menschenrechtlicher Sicht problematisch»
Die Ausstellung kommt nicht überall gut an. Die SP des Kantons Luzern kritisiert sie in einem soeben eingereichten Vorstoss. «Eine solch enge Zusammenarbeit des Verkehrshauses mit einem autoritären Parteistaat ist aus demokratischer und menschenrechtlicher Sicht problematisch», findet Urban Sager, SP-Kantonsrat aus Luzern.
In einer Anfrage will er vom Luzerner Regierungsrat wissen, wie dieser die Zusammenarbeit des Verkehrshauses mit dem chinesischen Regime und die Gefahr von Spionage im Zusammenhang mit Anlässen im Rahmen der Ausstellung beurteilt.
«Die USA besitzt bei allen Schwierigkeiten noch immer demokratische Strukturen und freie Medien. Das hat die Volksrepublik China nicht.»
Ralph Weber, Professor an der Universität Basel
Er ist nicht der einzige, der die Ausstellung kritisch betrachtet. Ralph Weber, der als Professor an der Uni Basel zur chinesischen Aussenpolitik forscht, bezeichnet die Ausstellung als politische Propaganda. «Wenn man mit der Volksrepublik China kooperiert, wird man immer mit dem Parteistaat konfrontiert sein. Vor allem, wenn es um etwas so Sensibles geht wie die chinesische Raumfahrt», sagt er gegenüber dem «Regionaljournal Zentralschweiz» von SRF.
Es sei zwar eine «Imagepflege», die jedes Land mache. «Die USA besitzt bei allen Schwierigkeiten noch immer demokratische Strukturen und freie Medien. Das hat die Volksrepublik China nicht.» Im Fall von China müsse man wissen, dass eine solche Imagepflege aus dem Propagandadepartement stamme, also letztlich von der kommunistischen Partei.
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SVP-Nationalrat unterstützt das Verkehrshaus
Nicht alle teilen die Kritik von linker Seite. Der Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter betont, das Verkehrshaus sei ein technisches Museum, das immer wieder Fahrzeuge, Maschinen und Raumfahrtobjekte aus der ganzen Welt zeige. «Es spricht überhaupt nichts dagegen, wenn nun auch Raumfahrtexponate aus China gezeigt werden. Solche Ausstellungen sind interessant und dürfen nicht verpolitisiert werden», sagt er gegenüber «20 Minuten».
Martin Ettlinger, Geschäftsleitungsmitglied des Verkehrshauses und Leiter Entwicklung und Markt, sagt auf Anfrage, dem Museum gehe es um Bildung und Vermittlung von Fakten: «Die Ausstellung wurde so konzipiert, dass sie sich auf technische und wissenschaftliche Aspekte konzentriert.» Seit der Gründung des Verkehrshauses beobachte das Museum die technologischen Entwicklungsschritte in der Raumfahrt und zeige immer wieder Fokusausstellungen, unabhängig davon aus welchem Staat oder welcher Unternehmung diese Technologie stamme.
«Entsprechend sind wir interessiert, möglichst vielen relevanten Akteuren der Raumfahrt eine Stimme zu geben». Als Beispiel nennt Ettlinger die Sonderausstellung «sowjetische Raumfahrzeuge», die das Museum 1974 präsentierte. «Erstmals zeigte die Sowjetunion damals im Westen, was ihre Raumfahrt ausmachte.»
Auch Kritik an Kooperationen mit Privaten
SP-Vertreter Urban Sager zielt mit seiner Kritik aber nicht nur auf die chinesische Sonderausstellung. Er prangert die Sponsoren des Verkehrshauses in seinem Vorstoss generell an. «Neben der Sonderausstellung in Kooperation mit dem chinesischen Staat muss das Verkehrshaus immer auch wieder Kooperationen mit privaten Schweizer Firmen eingehen, um Ausstellungen finanzieren zu können.» In der Tat waren oder sind im Museum Ausstellungen des Schokoladeproduzenten Lindt & Sprüngli, der Berner Stromproduzentin BKW und anderen zu sehen. Auch der österreichische Milliardenkonzern und Energydrink-Hersteller Red Bull ist in Luzern prominent vertreten.
«Dass wir unser Haus mit privaten Mitteln und Partnern voranbringen, gehört seit der Gründung zu unserem Geschäftsmodell.»
Martin Ettlinger, Geschäftsleitungsmitglied des Verkehrshauses
«Diese Kooperationen sind ein Ergebnis der tiefen Grundfinanzierung und führen dazu, dass das Verkehrshaus privaten Firmen eine mit Staatsgeldern mitfinanzierte Werbeplattform bietet», kritisiert Sager in der Anfrage. Er will deshalb vom Regierungsrat wissen, wie dieser dazu steht, dass private Firmen ein staatlich mitfinanziertes Museum als Werbeplattform verwenden können, und wie er die Gefahr beurteilt, dass kontroverse Themen darum einseitig dargestellt würden.
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Verkehrshaus-Geschäftsleitungsmitglied Martin Ettlinger versteht diese Kritik nicht. «Dass wir unser Haus mit privaten Mitteln und Partnern voranbringen, gehört seit der Gründung zu unserem Geschäftsmodell.» Das Museum habe einen für Museen «einzigartigen Eigenfinanzierungsgrad» zwischen 80 und 90 Prozent.
Hinweis: Der Artikel wurde mit einer Stellungnahme von Martin Ettlinger, Geschäftsleitungsmitglied des Verkehrshauses, ergänzt.
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