Stadt Luzern darf Land nicht veräussern

Angeblicher Boa-Verkauf sorgt für Verwirrung

Am Standort des ehemaligen Kulturlokals Boa führt die Post ein Logistikzentrum. (Bild: Google Maps)

Gehört das Gebäude des ehemaligen Kulturzentrums Boa plötzlich nicht mehr der Stadt Luzern? Eine Immobilienfirma wirbt damit, das Bauland am Geissensteinring «erfolgreich verkauft» zu haben.

Die Zentralschweizer Immobilienfirma Arlewo führt auf ihrer Website über 500 Referenzen von Liegenschaften und Wohnungen auf, die dank ihr bereits die Besitzerin wechselten. Darunter: Der Verkauf von «1600 Quadratmeter Bauland in der Wohn- und Geschäftszone mitten in der Stadt Luzern». Konkret: Am Geissensteinring 41.

Das lässt aufhorchen. An dieser Adresse – heute im Besitz der Stadt Luzern – befand sich nämlich bis in die 90er-Jahre eine Schlauchfabrik. Und danach das von vielen Luzernern noch immer schmerzlich vermisste Kulturzentrum Boa. Erst vor einem halben Jahr wieder wogte diesbezüglich bei der SP wieder Nostalgie auf.

Die Post bleibt – oder ist jetzt alles anders?

Die Grossstadträte Gianluca Pardini und Adrian Albisser wollten «vorsichtig abtasten», ob nicht wieder ein Kulturzentrum in die Räumlichkeiten einziehen könnte (zentralplus berichtete). Dies vor dem Hintergrund, dass der bestehende Baurechtsvertrag mit der Post diesen November ausläuft.

Der Stadtrat wollte davon nichts wissen. In seiner Antwort schrieb er, dass das Briefverteilzentrum sich künftig einmiete – entsprechende Vertragsverhandlungen seien bereits weit fortgeschritten. Erst 2027 werde die Regierung dem Grossen Stadtrat Vorschläge dafür machen, wie es mit dem Areal weitergehen soll. Räume für die Kreativwirtschaft und Kultur zu schaffen, sei aber nicht ausgeschlossen (zentralplus berichtete).

Stadt Luzern bestreitet Boa-Verkauf

Und nun das: «Erfolgreich verkauft» sei das Bauland, heisst es auf der Website von Arlewo. Was ist da los? zentralplus fragt bei der Stadt nach. Dort weiss man von nichts. «Die Stadt beabsichtigt nicht, die Liegenschaft am Geissensteinring zu verkaufen», schreibt Marko Virant, Leiter Immobilien auf Anfrage. «Sie hat auch niemandem einen entsprechenden Auftrag gegeben.»

Hat die Stadt Luzern die Boa verkauft? Eine Referenzanzeige von Arlewo lässt nur diesen Schluss zu.
Hat die Stadt Luzern die Boa verkauft? Eine Referenzanzeige von Arlewo lässt nur diesen Schluss zu. (Bild: Screenshot)

Jetzt kann nur noch Arlewo selber weiterhelfen. Wir fragen bei Geschäftsleiter Thomas Peter nach. Diese reagiert überrascht auf die Anfrage betreffend die Referenzangabe. Denn: Diese ist über fünfzehn Jahre alt. «Wir waren im Jahre 2006 von der Stadt Luzern beauftragt worden, für das Boa-Areal einen Käufer zu finden», schreibt er.

Stadtrat entschied sich für «andere Lösung»

Noch unter dem damaligen Firmennamen «redinvest» habe man dies angepackt und dem Stadtrat Luzern im November 2006 nach Ausschreibung auf dem Markt entsprechende Kaufangebote unterbreitet. Nur: «Der Stadtrat Luzern hat damals – auch für die Stadtverwaltung überraschend – entschieden, doch nicht zu verkaufen. Wir mussten den Kaufinteressenten im Auftrag der Stadt Luzern mitteilen, dass sich die Regierung für eine andere Lösung entschieden hat.»

Auf der Website der Immobilienfirma klingt dies etwas anders. Thomas Peter war dies nicht bewusst – und er hat umgehend reagiert. «Wir haben nun unsere Referenz auf der Website angepasst in ‹Beratung für Verkauf› statt ‹Verkauf› und zeigen diese im Web nicht mehr, so dass keine Missverständnisse mehr aufkommen sollten.»

Vertrag mit der Post läuft zehn Jahre

Das Rätsel um den Boa-Verkauf ist damit gelöst. Ein solcher wäre auch gar nicht möglich gewesen, wie Marko Virant auf Nachfrage am Telefon erklärt. «Die Stadt darf seit der Annahme der Baulandinitiative Land nicht mehr verkaufen.»

Doch wie geht es nun weiter mit dem Areal? «Die Stadt Luzern hat inzwischen einen zehnjährigen Mietvertrag mit der Post unterschrieben – das Briefverteilzentrum mietet sich für 240’000 Franken pro Jahr in das Gebäude ein», so der Leiter Immobilien. In fünf Jahren, wenn die Bauarbeiten auf dem benachbarten EWL-Areal und der Industriestrasse beginnen, werde der Stadtrat eine Strategie vorstellen, wie sich das Boa-Areal entwickeln soll.

Verwendete Quellen
  • Antwort des Stadtrats auf die Interpellation des Grossen Stadtrats
  • Telefonat und schriftlicher Austausch Marko Virant, Leiter Immobilien
  • Schriftlicher Austausch mit Arlewo-Geschäftsleiter Thomas Peter
  • Website Arlewo
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Linker
    Linker, 23.02.2022, 15:39 Uhr

    …glaubt jetzt wirklich jemand, dass die Stadt so auf die Schnelle ein bisschen Land verkauft. Nur schon diese Vorstellung, etwas gar naiv…

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  • Profilfoto von Michel von der Schwand
    Michel von der Schwand, 23.02.2022, 12:04 Uhr

    Man kann auch kurz im Grundbuchamt nachsehen, dann erübrigt sich dieser Artikel. Dieser zeigt nämlich, dass alles seine Richtigkeit hat.

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    • Profilfoto von Lena Berger
      Lena Berger, 23.02.2022, 13:49 Uhr

      So schlau bin ich auch. Nur: Handänderungen werden mit einer gewissen Verzögerung in Grundbuch eingetragen – weshalb ich es vorgezogen habe, noch direkt bei der Stadt nachzufragen. Den Zwischenschritt habe ich im Artikel nicht erwähnt, um die geschätzten Leser nicht zu langweilen.

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