Luzern: Parkplatz weg, Baum hin – eine gute Idee?

Parkplatzpläne des Stradtrates: Erstes Quartier muckt auf

Mit der neuen Mobilitätsstrategie ist eine Umnutzung von Parkplätzen auf öffentlichem Grund vorgesehen.

(Bild: jwy)

In Luzern müssen sich Dauerparkkartenbesitzer auf schärfere Regeln gefasst machen – in der Innenstadt sollen die weissen Parkplätze auf der Strasse reduziert und die Tarife erhöht werden. Stattdessen will der Stadtrat die Strassen attraktiver gestalten. Im Fokus: Neustadt- und Bruchquartier. Dort ist man mit den Plänen nicht sehr glücklich.

Die Stadtregierung plant das Parkplatzregime in der Innenstadt umzukrempeln und überlegt sich, das Angebot an Parkplätzen im öffentlichen Raum zugunsten der Aufenthaltsqualität zu reduzieren.

Dafür sollen mehr Parkplätze für Geschäftskunden sowie Güterumschlag geschaffen werden. Und Sammelparkplätze sollen laut den Plänen des Stadtrates zugunsten von Tiefgaragen und Parkhäusern die Strassen entlasten.

Stadt hat noch keine konkreten Zahlen

Die Stadt Luzern wird in den nächsten Monaten ein Umsetzungskonzept erarbeiten. Zum jetzigen Zeitpunkt könne man jedoch noch keine Aussagen darüber machen, ob und wie sich die Zahl der Strassenparkplätze verändern wird und ob die Parkgebühren angepasst werden sollen, erklärt das Tiefbauamt.

«Es ist schwer nachvollziehbar, weshalb es im öffentlichen Raum überall gleich viel kostet, sein Fahrzeug zu parkieren.»

Markus Schulthess, Präsident Quartierverein Neustadt-Hirschmatt

Die Details sind also noch nicht geklärt. Im Fokus stehen aber insbesondere die Neustadt und das Säli-Bruch-Quartier, das zeigt der Fachbericht der Firma «Suter von Känel Wild AG» von vergangenem Juli (zentralplus berichtete). Tagsüber sollen Dauerparkkarten nicht mehr überall und immer gültig sein, damit die Parkplätze für potenzielle Kunden nicht von Anwohnern blockiert werden. Auch die Option, Parkkarten nur noch jenen zu vergeben, die nachweislich keinen privaten Parkplatz mieten können, wird ins Spiel gebracht.

Eine Stichprobe zeigt, wie stark die Strassenparkplätze im Zentrum genutzt werden:

 

 

Die maximale Parkdauer könnte ausserdem auf eine Stunde begrenzt werden, zeigen die Studienautoren auf. Bei Autofahrern, die länger parkieren, sei die Akzeptanz für ein Parkhaus laut Erhebung hoch. Und damit das Parkieren auf der Strasse nicht günstiger ist als im Parkhaus, schlägt der Bericht einen Stundentarif von 3 Franken vor. Auch sollen Anreize geschaffen werden für Pendler und Anwohner, auf das Velo und den öffentlichen Verkehr umzusteigen.

Neustadt-Quartierpräsident ist offen für die Vorschläge

In der Neustadt findet der Co-Quartierpräsident gut, dass Kurzzeitparkierer besser wegkommen könnten. «Das ist eine positive Stossrichtung», sagt Markus Schulthess. In der Neustadt werde vorgegaukelt, dass viele Parkierungsmöglichkeiten bestehen – in der Realität seien die meisten jedoch bereits von Anwohnern und Pendlern tagsüber besetzt.

Dass anstelle von Parkreihen eine alternative Nutzung der Strasse angeregt wird, begrüsst er. In seiner eigenen Firma hat man das Parkplatzproblem bereits gelöst: Er und seine sechs Mitarbeiter kommen alle ohne Fahrzeug zur Arbeit, Schulthess nutzt aber privat und für die Firma Carsharing.

«Es braucht auf jeden Fall genügend Kurzzeit-Parkplätze in der Umgebung.»

Toni Hüsser, Geschäftsinhaber Neustadt

Was Schulthess erstaunt, sind die heute einheitlichen Preise für Dauerparkkarten im gesamten Stadtgebiet. «Es ist schwer nachvollziehbar, weshalb es im öffentlichen Raum überall gleich viel kostet, sein Fahrzeug zu parkieren.» Dabei sei das Angebot an Parkplätzen in seinem Quartier viel grösser als in den Aussenquartieren. Die derzeit sehr günstigen Preise für Dauerkarten im Vergleich zu privaten Parkhäusern kämen einer Subvention gleich – eine Erhöhung sei durchaus angebracht, findet Schulthess.

Optiker kritisiert Kommunikation des Stadtrates

Damit die Pläne aber auch beim Gewerbe gut ankommen, sei unbedingt ein echter Dialog durch eine neutrale Moderation notwendig, sagt der Neustadt-Quartierpräsident. Ansonsten würden sich die Fronten zwischen Politik und Wirtschaft verschärfen in dieser Debatte.

Auch Toni Hüsser, der in der Neustadt ein Optiker-Geschäft betreibt, findet die Kommunikation des Stadtrates nicht optimal. «Die Mitwirkungsverfahren mit den Quartiervereinen sind doch oft einfach eine Alibiübung», sagt Hüsser, der selbst Mitglied im Quartierverein ist. Dienstleister wie er selbst würden zu selten involviert. Auch er findet es gut, dass den Dauerparkierern Grenzen gesetzt werden sollen.

«Ich weiss als Quartierbewohnerin selber, wie schwierig es schon heute ist, hier einen Parkplatz zu finden.»

Karin Simmen, Vorstand Quartierverein Säli-Bruch-Obergütsch

Bei der Aufhebung der weissen Parkfelder ist er jedoch skeptisch: «Es braucht auf jeden Fall genügend Kurzzeit-Parkplätze in der Umgebung.» Eine Aufwertung der Strasse sei zwar schön und gut. Aber es brauche zuerst einen Ersatz unter der Erde, bevor oberhalb noch weitere Parkplätze verschwinden.

Concordia befürchtet kaum Konsequenzen

Eine der grössten Arbeitgeber in der Neustadt ist die Concordia am Bundesplatz – am Hauptsitz arbeiten rund 620 Mitarbeiter. Zahlen, wie viele der Mitarbeiter mit dem Auto anreisen, werden laut Sprecherin Nina Lerch nicht erhoben. Man habe sich jedoch bewusst für den zentralen Standort in der Stadt entschieden, weil dort eine gute Anbindung zum öffentlichen Verkehr besteht. 

Die Krankenversicherung bietet für ihre Mitarbeitenden – mit wenigen Ausnahmen – keine eigenen Parkplätze an. Ob eine Aufhebung von Dauerparkplätzen oder eine Anpassung für Dauerparkkarten für die Angestellten jedoch grosse Auswirkungen hätte, sei aufgrund fehlender Erhebungen schwer einzuschätzen. «Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass viele Mitarbeitende die öffentlichen Parkplätze für die Arbeit nutzen.»

Die meisten Strassenparkplätze im Zentrum werden von Besitzern von Dauerkarten genutzt.

Die meisten Strassenparkplätze im Zentrum werden von Besitzern von Dauerkarten genutzt.

(Bild: jal)

Attraktivierung Ja, Parkplatzabbau Nein

Sehr kritisch ist man im Bruchquartier, wo sich gegen 400 Aussenparkplätze befinden und viele Anwohner mit Dauerparkkarten wohnen. «Wir sind gar nicht glücklich mit der Strategie des Stadtrates», sagt Karin Simmen, die im Vorstand des Quartiervereins Säli-Bruch-Obergütsch für Verkehrsfragen zuständig ist. Und im Gespräch mit Geschäftsinhabern und Anwohnern zeige sich eine ähnliche Stimmungslage.

Es habe sehr viele Bewohner, die auf die Dauerparkkarten angewiesen seien oder für die Arbeit mit dem Auto anreisen. Die Schulhäuser und Turnhallen im Quartier seien ausserdem Heimat von vielen verschiedenen Vereinen, deren Mitglieder aus der ganzen Stadt und noch von weiter her kommen.

«Ich weiss als Quartierbewohnerin selber, wie schwierig es schon heute ist, hier einen Parkplatz zu finden», sagt Simmen. Die Architektin sagt, anders als in modernen Quartieren sei der Bruch historisch gewachsen mit vielen Gebäuden, die schützenswert sind. Es hat deshalb keine unterirdischen Einstellhallen – darum sei die einzige Parkierungsmöglichkeit für Bewohner, Geschäfte, Kunden und Gewerbetreibende auf den Strassen. Zwar begrüsst sie eine Attraktivierung des Quartiers, wie das bereits an der Bruchstrasse mit der Reduktion von Parkplätzen und der Pflanzung von Bäumen vor rund 15 Jahren geschehen ist. Doch ein weiterer möglicher Abbau liegt für sie überhaupt nicht drin. 

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