Hochschule Luzern erforscht Traditionsunternehmen

Dem Geheimnis von Schweizer Familienunternehmen auf der Spur

Viele Schweizer Familienunternehmen behaupten sich seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten auf dem Markt. Zwei Forscherinnen der Hochschule Luzern haben untersucht, wie diese Traditionsunternehmen im Spannungsfeld von Innovation und Tradition überleben. Denn Familienunternehmen hätten auch viele Vorteile.

Familienunternehmen wie Victorinox, Kambly oder Bernina befinden sich seit Jahrhunderten in Familienbesitz. Familienunternehmen beschäftigen 60 Prozent aller Arbeitskräfte und erwirtschaften zwei Drittel des Schweizer Bruttoinlandproduktes.

Wie schaffen es diese Familienunternehmen, über Generationen als Unternehmen erfolgreich zu sein und als Unternehmerfamilie geeint zu bleiben? Diese Fragen haben Claudia Astrachan Binz und Sylvie Scherrer vom Institut für Betriebs- und Regionalökonomie IBR der Hochschule Luzern – Wirtschaft untersucht. Für das Forschungsprojekt befragten sie 13 erfolgreiche Schweizer Familienunternehmer.

Zusammenspiel von Bewahren und Erneuern

«Die Familien befinden sich im Zusammenspiel von Bewahren und Erneuern», so Sylvie Scherrer von der HSLU. Langlebige Familienunternehmen beziehen sich auf ihre Werte, Traditionen und ihre Geschichte – und schöpfen gerade daraus Kraft zur Erneuerung.

Obwohl funktionierende Familienunternehmen ein sehr starkes Bewusstsein für ihre Tradition hätten und ihren Wurzeln treu bleiben, seien sie offen für Veränderung. So zitiert die Studie Oscar A. Kambly mit den Worten: «Die Ur-Idee muss mit der Zeit weiterentwickelt werden, aber die Essenz, die Werte, die müssen bleiben.»

Nicht zu Wachstum gezwungen

Viele Familienunternehmen haben eine hohe Eigenkapitalquote; sie können schnell investieren ohne Fremdkapital aufzunehmen und sich von Geldgebern abhängig zu machen. «Wir waren nie – im Gegensatz zu weltweit tätigen Firmen mit grossen Konkurrenten – zu einem Wachstum gezwungen, das den Einsatz von ausserfamiliärem Kapital nötig gemacht hätte», wird Matthias Pestalozzi in der Studie zitiert.

Nebst der hohen finanziellen Unabhängigkeit ist der langfristige Planungshorizont ein weiterer Vorteil von Familienunternehmen. Denn dieser erlaubt es, mehrjährige Forschungs- und Entwicklungsprojekte anzugehen, die Publikumsgesellschaften vermeiden würden. Oscar A. Kambly sagt in der Studie: «Mein Planungshorizont ist mein ganzes Leben und das meiner Nachfolger, und nicht der Quartalsbericht.»

Hohe Anforderungen an Nachfolge

Die Studie gibt Empfehlungen, auf welche Punkte die Familie achten sollte: Dazu gehört die Förderung der Mitarbeitenden und die rechtzeitige Suche nach einer geeigneten und gut ausgebildeten Nachfolge. «Wenn man einem Familienmitglied einen Posten gibt, muss er oder sie mindestens gleich gut sein wie der externe Kandidat – eher fünf Prozent besser, damit das unverdächtig ist», sagt Carl Elsener von Victorinox AG in der Studie.

«Eine professionelle Familie nutzt viele Instrumente, um die Schnittstelle zwischen Familienverbund und Unternehmen effektiv zu handhaben, den Kommunikationsfluss innerhalb der Familie sowie zwischen Familie und Unternehmen zu steuern, und mit Konflikten umzugehen», schreiben die Forscherinnen.

Doch ist Claudia Astrachan Binz überzeugt: «Man kann eine Nachfolge noch so genau planen und so viele Verträge schreiben und Regeln definieren wie man will – viel wichtiger ist es sicher zu stellen, dass die Familie geeint ist und gemeinsam etwas erreichen will. Wenn eine Wertebasis und eine Vision, die alle begeistert, fehlen, dann wird es schwierig.»

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