Kein Marsch, sondern stille Andacht

Neonazis legten Kranz in Sempach nieder

Diesen Kranz haben Neonazis am Wochenende in Sempach niedergelegt. (Bild: Screenshot)

Jahr für Jahr gedenken Rechtsextreme am Winkelried-Denkmal der Schlacht von Sempach – ohne eine Bewilligung einzuholen. Auch dieses Jahr wurde ein Kranz niedergelegt. Die Luzerner Polizei erfuhr erst im Nachhinein davon.

Das Gelände beim Winkelried-Denkmal oberhalb von Sempach ist in den letzten Jahren immer wieder als Treffpunkt von Neonazis missbraucht worden. 2021 gab es einen Aufmarsch von rund 70 Personen (zentralplus berichtete). Letztes Wochenende dürften es gemäss einem Augenzeugenbericht rund zwei Dutzend gewesen sein.

Zur Kranzniederlegung aufgerufen hatte – wie auch schon in den Jahren zuvor – die Nationale Aktionsfront (NAF). Ein entsprechender Flyer wurde über Instagram verbreitet. Einen eigentlichen Marsch gab es nicht, vielmehr sind Anhänger der Szene über den Tag verteilt zum Denkmal gegangen, um dort Blumen niederzulegen.

«Die Luzerner Polizei hat am Samstagmorgen festgestellt, dass ein Kranz niedergelegt wurde. Wann und von wem dieser niedergelegt wurde, ist nicht bekannt», schreibt dazu Polizeisprecher Urs Wigger auf Anfrage. «Tod (sic!) nur ist, wer vergessen wird», ist auf einem Spruchband zu lesen.

Strafverfahren liegt auf Eis

Das Gelände gehört dem Kanton Luzern, zuständig ist das Finanzdepartement. Dessen Reglement sieht vor, dass für eine öffentliche Veranstaltung auf dem Gelände eine Bewilligung notwendig ist. Eingeholt wurde allerdings keine.

«Als öffentliche Veranstaltung gilt jeder Anlass, zu dem ein unbestimmter Personenkreis eingeladen wird und der für jedermann zugänglich ist», erklärte Sprecherin Yasmin Kunz letztes Jahr gegenüber zentralplus. Ob der Flyer diese Voraussetzungen erfüllt?

Ein Urteil zu der Angelegenheit gibt es noch nicht. Nachdem das Finanzdepartement letztes Jahr Anzeige gegen Unbekannt gestellt hatte, nahm die Staatsanwaltschaft Luzern zwar Ermittlungen auf. Allerdings bislang ohne Erfolg. Das Strafverfahren wurde sistiert, wie Sprecher Simon Kopp auf Anfrage schreibt. «Wir untersuchen also weiter, sobald neue Hinweise vorliegen.»

Neonazis riefen auf Instagram zur Kranzniederlegung in Sempach auf

Dieses Jahr wurde auf privaten Instagram-Accounts zur Kranzniederlegung aufgerufen, letztes Jahr war ein grösserer Aufruf über Telegram erfolgt. Ist die Szene vielleicht vorsichtiger geworden, nachdem der Aufmarsch letztes Jahr schweizweit Schlagzeilen machte? Darf die Polizei private Accounts überhaupt im Auge behalten?

«Die Polizei kann wie jede andere Privatperson auch, die allgemein zugänglichen Internetplattformen wie beispielsweise News-Webseiten, Telegram, Instagram, Facebook und so weiter beobachten», schreibt dazu Urs Wigger. Und ergänzt: «Wir haben keinen Aufruf in diesen Medien festgestellt.»

Schlacht bei Sempach und ihre Heldensage

Die Schlacht bei Sempach, die auf den 9. Juli 1386 datiert wird, gilt als eine der historisch bedeutsamsten in der Geschichte der Eidgenossenschaft. Sie markiert den Höhepunkt des Konflikts zwischen den Eidgenossen und den Habsburgern.

Nicht zuletzt ging aus ihr die Heldensage um Arnold von Winkelried hervor. Dem Mythos zufolge soll er sich in die Lanzen der Habsburger gestürzt haben, um seinen Landsleuten den Weg zum Sieg freizumachen. Noch bis heute dauert der Heldenkult um Winkelried an.

Verwendete Quellen
  • Mailkontakt Urs Wigger
  • Mailkontakt Simon Kopp
  • Schriftlicher Kontakt mit einem Informanten
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9 Kommentare
  • Profilfoto von Cynthia
    Cynthia, 14.07.2022, 07:21 Uhr

    Warum berichtet ihr darüber und gebt ihnen noch eine Plattform???
    Einfach mal die ganze Szene ignorieren bitte…

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    Beat Keiser, 13.07.2022, 22:43 Uhr

    Es ist etwas ganz schlimmes irgendwo auf öffentlichem Grund Blumen oder einen Kranz zu deponieren! Sie hätten doch irgendwo in Sempach oder in der Umgebung ein Haus besetzen und mit Plakaten verunstalten können. Das wäre doch etwas ganz Legales.
    Ich schlage vor, zwei Tage vor bis zwei Tage nach dem 09. Juli 100 – 200 Polizisten in Sempach zu stationieren damit die Übeltäter gefasst werden können. Irgendwie muss doch das Verhältnis noch gewahrt bleiben.

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    Rudolf 1, 13.07.2022, 19:40 Uhr

    «Am 9. Juli vor 636 Jahren liessen Tapfere Eidgenossen ihr Blut für unsere Freiheit.» – Davon kann keine Rede sein.

    U. a. wegen der Fehden mit den Adligen in den habsburgischen Gebieten im Mittelland schloss sich Zürich 1351 ein Bündnis mit Luzern und den Waldstätten. Den Einmarsch der «Habsburger» 1386 hatte u. a. der Stadtadel in Zürich und Luzern verursacht. Zürich hatte die habsburgischen Rapperswiler Burgen zerstört und Zug und Glarus erobert (vgl. Putin erobert die Ukraine), und der Stadtadel in Luzern wollte die Herrschaft der Habsburger abschütteln. Die eidg. Untertanen wurden nicht gefragt, ob sie in Sempach verbluten wollten, und die Untertanen in den eidg. Land- und Stadtorten wurden durch den Sieg nicht frei. Im Gegenteil: Durch die Eroberungen gewann der eidg. Stadt- und Landadel noch mehr Untertanen. Er nahm also Menschen in Nachbargebieten die Freiheit.

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    Marc, 13.07.2022, 09:45 Uhr

    Nicht mal sechs Worte ohne Schreibfehler kriegen die hin. Peinlich.

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    Michel von der Schwand, 13.07.2022, 09:29 Uhr

    Bemitleidenswerter Kriegs-Fetischismus ein paar wenigen ewiggestrigen Reduit-Fetischisten. Kommt zur Besinnung ihr Zweieinhalber.

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    Adaff, 13.07.2022, 06:58 Uhr

    Neonazis haben auch schon schlimmere Verbrechen verübt, als über den Tag verteilt an eine Gedenkstätte zu pilgern und einen Kranz niederzulegen. Das ist jetzt auf den ersten Blick eher ein Hinweis darauf, dass die Massnahmen gegen Neonazis wenigstens einigermassen wirksam sind, wenn sie davor Angst haben, sich öffentlich zu versammeln.

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    Heinz, 13.07.2022, 06:20 Uhr

    Liebe Nazis, ihr habt schon vor fast 80 Jahren verloren. Hört doch mal auf mit eurer Selbstblamage.

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    Tobias Mueller, 12.07.2022, 22:03 Uhr

    Es sind ja genau diese «patriotischen» Kreise, welche von Immigranten lupenreine Deutschkenntnisse verlangen. Wie sagte man doch zu Kaisers Zeiten: «Seine Majestät haben jelacht…»

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    Loris Fabrizio Mainardi, 12.07.2022, 20:34 Uhr

    Wenn zentralplus einen Instagram-Flyer publiziert, derweilen die Luzerner Polizei «keinen Aufruf in diesen Medien festgestellt» haben will, stellen sich Fragen. Als ferner Nachkomme von bei Sempach Gefallenen beider Seiten («Österreichern», deren Wappen und erbeutete Fahnen nun die Schlachtkapelle und die Franziskanerkirche schmücken, wie «Landleuten» aus Nidwalden) widert mich die politische Vereinnahmung des jährlichen Gedenkanlasses an. Wenn die Luzerner Behörden hier präventiv saumselig bleiben, um dann im Nachhinein «keine strafbaren Handlungen» festzustellen, verkommt die Teilnahme von grauer Regierung und schmucker Standesweibelin zum politischen Kitsch.

    Loris Fabrizio Mainardi, lic.iur.

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