8 Millionen gegen Verkehrskollaps in Luzern

Hirschmattstrasse wird bei Stau gesperrt

Blick auf die Hirschmattstrasse in der Luzerner Neustadt. (Bild: zvg)

Ein Gesamtverkehrskonzept soll die Stadt Luzern vor dem Verkehrskollaps bewahren. Eine Massnahme daraus stiess im Stadtparlament auf Kritik.

Mit 8 Millionen Franken soll der Verkehr in der Stadt Luzern um insgesamt fünf Prozent verringert werden. Das Stadtparlament hat am Donnerstag einen 2,5-Millionen-Kredit für die Massnahmen mit 35 zu 7 Stimmen genehmigt. Den Rest zahlen Kanton, Bund und andere Gemeinden.

Bis ins Jahr 2030 rechnet die Stadt Luzern mit 30 Prozent mehr Mobilität – doch bereits heute kommt der Verkehr in den Stosszeiten zum Erliegen. Um den vollständigen Kollaps zu verhindern, haben Stadt und Kanton zusammen mit dem Verkehrsverbund und dem Gemeindeverband LuzernPlus ein Gesamtverkehrskonzept erarbeitet. Dieses soll mit verschiedenen Massnahmen zu «weniger Staus und mehr Mobilität» führen, so das offizielle Credo.

Acht Millionen für fünf Prozent weniger Autos

Das Gesamtverkehrskonzept will den Verkehr zu den Hauptstosszeiten reduzieren, um dem Verkehrsproblem Herr zu werden. Dazu soll der öffentliche Verkehr konsequent gefördert werden. Ampeln sollen vermehrt den Verkehr aus den Quartieren zurückhalten, sodass die Hauptverkehrsachsen frei blieben.

Verkehrsdirektor Adrian Borgula (Grüne) war mit der Aktentasche der städtischen Feuerwehr zur Ratssitzung am Donnerstag erschienen, löschen musste er jedoch nicht: Das Parlament war mit dem Konzept grossmehrheitlich einverstanden. Denn das nun ausgehandelte Konzept ist ein Kompromiss, das wurde in der Ratsdebatte deutlich.

«Intelligenz statt Beton»

Rieska Dommann von der FDP war froh, dass die Dosier-Massnahmen nur während den Stosszeiten gelten, und lobte das «äusserst gute Preis-Leistungs-Verhältnis», dass darauf zurückzuführen sei, dass man mit «Intelligenz statt mit Beton» vorgegangen sei.

«Das Gesamtverkehrskonzept ist ein Tropfen auf drei heisse Steine.»

Laurin Murer (Junge Grüne)

Zwar verwalte statt verkleinere man damit den Mehrverkehr, bemängelte Mario Stübi von der SP, könne dank dem schlanken Preis aber dennoch zustimmen. Ins gleiche Horn stiess Laurin Murer (Junge Grüne): «Das Gesamtverkehrskonzept ist ein Tropfen auf drei heisse Steine», meint Murer. Es profitiere der ÖV, was er begrüsse, Fuss- und Veloverkehr kämen jedoch zu kurz.

«Jetzt nichts zu unternehmen, wäre für unsere Stadt fatal.»

Markus Mächler (CVP)

András Özvegyi (GLP) lobte das Konzept als einen ersten, konkreten Schritt in die richtige Richtung. «Wir brauchen in der Stadt Luzern pragmatische Lösungen», sagte er. Markus Mächler (CVP) war damit einverstanden. Man könne nicht auf Befreiungsschläge in ferner Zukunft hoffen, wie es die Spangen Nord/Süd oder der Tiefbahnhof sein könnten: «Jetzt nichts zu unternehmen, wäre für unsere Stadt fatal.»

SVP für mehr Autos

Einzig die SVP zeigte sich nicht zufrieden. Seit Langem vertritt sie die Position, wonach Autos und Busse in der Stadt Luzern gleichermassen gefördert werden müssten. «Das hätten wir uns auch bei diesem Konzept gewünscht», sagte Urs Zimmermann: «Wir zweifeln, ob das so funktionieren kann.»

Autoverkehr und ÖV gleichermassen zu fördern, gehe «schlicht nicht», antwortete Verkehrsdirektor Borgula. Dadurch könne man die Kapazität im Stadtzentrum bloss um circa fünf statt 30 Prozent steigern. «Ausser sämtliche Autos würden plötzlich vollbesetzt durch die Stadt fahren.» Und mit Blick auf die Kritik aus den eigenen Reihen meinte Borgula: «Das Gesamtverkehrskonzept bringt uns ein Stück weiter.» Aber es sei nur ein Teil der städtischen Mobilitätsstrategie. «Die anderen Aufgaben dürfen wir nicht vergessen.»

«Das nötige Geld könnte ich ihnen auch mit einem Crowdfunding auftreiben.»

Mario Stübi (SP)

Hirschmatt-Sperrung war umstritten

Was ist alles geplant?
  • Dosierungsstellen: Ampeln beschränken die Zufahrt in die Innenstadt zuerst bei Grenzweg/Kanonenstrasse, Wesemlin-, Gesegnetmatt- und Libellenstrasse. Dies geschieht nur zu Stosszeiten und bei Bedarf.
  • Genügt das nicht, werden später auch Brunnhalde, Kaspar-Kopp- und Schachenstrasse dosiert.
  • Um die Busse auf der Dreilindenstrasse bevorzugen zu können, sollen die Autos während der Stosszeiten stadteinwärts über die unteren Abschnitte des Abendweges und der Adligenswilerstrasse geführt werden. Die Spur stadteinwärts wird für Busse sowie den Velo- und den Anwohnerverkehr reserviert.
  • Die Buslinie 14 soll in beide Richtungen über die Arsenalstrasse fahren, damit sie pünktlicher wird. Dazu wird die Arsenalstrasse in eine Einbahnstrasse umfunktioniert, in der die Autos nur noch stadtauswärts zugelassen werden.
  • In einer zweiten Phase besteht die Möglichkeit, die Einfahrt in die Hirschmattstrasse stadteinwärts während der Stosszeiten für Autos zu sperren.
Wirklich umstritten war einzig der Vorschlag, die Hirschmattstrasse stadteinwärts während den Stosszeiten für den Individualverkehr zu sperren. Die Einfahrtssperre soll nur umgesetzt werden, falls die anderen Massnahmen nicht genügend wirken.

Die FDP wollte den Vorschlag gleich ganz kübeln. Rieska Dommann argumentierte, dies würde Autofahrer und Navigationsgeräte am Bundesplatz zugleich überfordern. Das Gegenteil forderte die SP: Sie wollte die Sperre sofort einführen. Denn für Busse würde dies eine grosse Zeitersparnis bedeuten, fand Mario Stübi von der SP. Ausserdem sei die Massnahme mit 25’000 Franken sehr günstig: «Das nötige Geld könnte ich ihnen auch mit einem Crowdfunding auftreiben.»

Die CVP hingegen befürwortete die Sperre grundsätzlich, wollte sie jedoch aufweichen: Die Sperre solle nicht ab Bundesplatz gelten, sondern erst tiefer im Quartier, etwa ab Höhe Murbacher- oder Frankenstrasse. «Der Bundesplatz ist bereits heute sehr gefährlich», sagte CVP-Grossstadträtin Franziska Bitzi im Rat. Wenn dort zusätzlich verwirrte Autofahrer stehen bleiben würden, könne es sehr schnell zu Unfällen kommen.

Schlussendlich erreichte keiner der Änderungsvorschläge eine Mehrheit – SVP und CVP neutralisierten sich gegenseitig, sodass der Antrag des Stadtrats unverändert durchkam.

Die Massnahmen sollen nun schnell umgesetzt werden – 2017 geht’s los.

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