Der Boden ist ein rares Gut. In Emmen verlangten die Linken darum per Initiative, dass die Gemeinde ihre Grundstücke nicht mehr verkaufen darf. Das Stimmvolk pflichtete dem bei. Das wiederum passt den Bürgerlichen nicht: Jetzt wird noch einmal über fast die gleiche Sache abgestimmt.
Am 12. Februar entscheidet die Emmer Stimmbevölkerung über das «Reglement über die Grundstücke im Eigentum der Gemeinde Emmen». Es ist nicht das erste Mal, dass über den Umgang mit Landreserven gerungen wird. Die Stimmberechtigten müssen für ein Anliegen an die Urne spurten, über das sie schon vor einem Jahr entschieden haben: Damals sagten sie Ja zur sogenannten Bodeninitiative (zentralplus berichtete).
Zu «verdanken» ist dieser zweite Urnen-Lauf der bürgerlichen Mehrheit im Einwohnerrat. Der überraschende Triumph der Linken währte nämlich nicht lange. FDP und SVP, die im 40-köpfigen Einwohnerrat mit 21 Sitzen die Mehrheit haben, stellten sich quer. Allerdings in einem Verwirrspiel: Zwar befanden auch die Bürgerlichen das neue Reglement, das der Gemeinderat aufgrund der angenommenen Initiative erarbeitet hatten, in einer ersten Abstimmung des Einwohnerrats für mehrheitlich gut.
Wesentlicher war dann die zweite Frage, über die der Einwohnerrat abstimmte: Soll das Reglement dem Volk zur Annahme empfohlen werden? Nein, befand das gleiche Gremium jetzt plötzlich. Mit diesem Entscheid war automatisch dafür gesorgt, dass das Reglement obligatorisch zur Abstimmung gelangen muss. Und zwar mit der Empfehlung: Ablehnen.
Ohne Reglement keine Bodeninitiative
Dabei ist wichtig zu wissen: Wird das erarbeitete Reglement an der Urne abgelehnt, ist die Bodeninitiative gestorben. Obschon sich die Mehrheit der Emmer dafür ausgesprochen hat.
Im Februar 2016 hat das Emmer Stimmvolk die «Bodeninitiative – Boden behalten, Emmen gestalten» mit einer knappen Mehrheit angenommen und entschieden, dass Emmen seine gemeindeeigenen Grundstücke grundsätzlich nicht mehr verkaufen darf.
Die Initiative war als Anregung formuliert, darum arbeitete der Gemeinderat das «Reglement über die Grundstücke im Eigentum der Gemeinde Emmen» aus. Die bürgerliche Mehrheit im Einwohnerrat lehnte bei der Beratung das Reglement ab und folgte dem Antrag des Gemeinderates, dieses obligatorisch dem Volk vorzulegen. Die Abstimmung findet am 12. Februar statt.
Dass viele Stimmbürger nicht nachvollziehen können, warum sie jetzt nochmals an die Urne müssen, kann man bei den Initianten der Bodeninitiative bestens nachvollziehen. «Eine Abstimmung über das Reglement wäre weder gesetzlich vorgeschrieben noch inhaltlich notwendig: Es geht um genau dasselbe Thema wie letztes Jahr», sagt Andreas Kappeler, Einwohnerrat und Fraktionschef Grüne.
Das sieht man auch bei der SP Emmen so: «Das Reglement dient lediglich der Umsetzung der vom Volk angenommenen Bodeninitiative», sagt Barbara Fas, Einwohnerrätin und Fraktionschefin SP.
«Es ist ein Versuch der Gegner, die Umsetzung der vom Volk gewünschten Bodeninitiative zu verhindern.»
Barbara Fas, Einwohnerrätin und Fraktionschefin SP
Bürgerliches Lager als schlechte Verlierer
Böse Zungen könnten sagen: Die Gegner aus dem bürgerlichen Lager sind schlechte Verlierer. Sie akzeptieren den Volksentscheid nicht und erzwingen unter fadenscheinigem Vorwand eine Abstimmung in der Hoffnung, die Bodeninitiative nachträglich doch noch zu versenken. Das weisen die Gegner, die sich in einem überparteilichen Komitee zusammengeschlossen haben, weit von sich.
«Wir sind der Meinung, dass die Bevölkerung über alle Fakten und Auswirkungen informiert sein muss.»
Franz Räber, FDP-Einwohnerrat
«Wir akzeptieren den Volksentscheid vom letzten Februar», sagt Franz Räber, FDP-Einwohner- und -Kantonsrat und Mitglied des überparteilichen Komitees. «Aber wir sind der Meinung, dass die Bevölkerung über alle Fakten und Auswirkungen informiert sein muss, die jetzt durch dieses Reglement entstehen.» Dazu gehöre aus Sicht des überparteilichen Komitees, dass durch die neuen Regelungen der Handlungsspielraum der Gemeinde bezüglich Bodengeschäfte blockiert werde.
Alte Argumente neu verpackt
Neu ist dieses Argument allerdings nicht: Genau darüber haben sich die Emmerinnen und Emmer im Vorfeld der Abstimmung Bodeninitiative informiert und sich ein Bild gemacht. Und sie sind – wenn auch mit einer knappen Mehrheit – zu einem anderen Schluss gekommen: nämlich dass eine aktive Bodenpolitik erwünscht ist, damit die Gemeinde langfristig mitbestimmen kann, was auf ihren Grundstücken passiert.
Mobilisieren ist auf beiden Seiten angesagt
Damit die Bodeninitiative mit dem neuen Reglement umgesetzt werden kann, brauchen die Befürworter am 12. Februar jede Stimme. «Ich denke, es wird wieder eine knappe Angelegenheit», sagt Andreas Kappeler, Grüne Emmen. Optimistisch gibt man sich bei den Gegnern: «Wir sind zuversichtlich, dass unsere Bemühungen Früchte tragen», sagt Franz Räber. Mobilisiert wird auf beiden Seiten über Social Medias, mit Plakaten, Flyern und Standaktionen.
zentralplus fragte nach, welche drei Argumente für oder gegen die Annahme zur Abstimmung «Reglement über die Grundstücke im Eigentum der Gemeinde Emmen» wesentlich sind.
Für ein «Ja» (Grüne und SP):
Das Reglement setzt die vom Stimmvolk angenommene Bodeninitiative um
- Boden, der im Besitz der Gemeinde ist, bleibt den nachfolgenden Generationen erhalten
Kein Ausverkauf der Gemeinde für kurzfristige Gewinne, stattdessen Einnahmen durch Baurechtszins
Für ein «Nein» (überparteiliches Komitee):
Das Reglement verursacht zusätzliche Bürokratie, das Vorgehen bei Landverkäufen ist bereits bestens geregelt
Der Handlungsspielraum bei Grundstücksveräusserungen wird zu stark eingeschränkt
Der vom Volk gewählte Gemeinderat soll so entscheiden können, wie es die bestehende Gemeindeordnung vorschlägt
In diesem Beitrag von Regionaljournal Zentralschweiz gibt es weitere Pros und Contras zur Abstimmung:
Abstimmung zu Boden auch in der Stadt Luzern
In anderen Gemeinden stehen ähnliche Abstimmungen an. Auch in der Stadt Luzern: 2016 haben die Grünen die gleiche Initiative eingereicht wie jene in Emmen: «Bodeninitiative – Boden behalten, Luzern gestalten». Die Stimmberechtigten werden im kommenden Herbst darüber entscheiden.
Erfahrung mit Baurechtsverträgen hat die Stadt Luzern bereits einige gesammelt. Prominentes Beispiel ist das Areal Industriestrasse, das die Stadt verkaufen wollte. Dagegen wurde die Initiative «Ja zu einer lebendigen Industriestrasse» eingereicht, die prompt erfolgreich war.
Auch die Inititative «Für zahlbahren Wohnraum» wurde 2012 klar angenommen. Das zeigt: Für die Bewohnerinnen und Bewohner ist das Thema Wohnraum und der Umgang mit gemeindeeigenen Grundstücken wichtig. Die Auseinandersetzung damit wird die Stadt Luzern und andere Gemeinden also noch lange beschäftigen.