Zug investiert pro Kopf am wenigsten für Studenten

Der reiche Kanton Zug knausert bei Stipendien

Die Studienbibliothek Zug: Lernort für viele Studierende aus Zug und Umgebung.

(Bild: cas)

Der Kanton Zug macht beim Stipendienkonkordat nicht mit. Eine Motion zweier CVP-Kantonsrätinnen will dies ändern. Der Zuger Regierungsrat lehnt den Vorschlag ab. Erstaunlich und weit herum unbekannt: Der Kanton Zug liegt in der wichtigen Pro-Kopf-Stipendienstatistik schweizweit an letzter Stelle.

Das verblüfft: Der reiche Kanton Zug gibt pro Einwohner am wenigsten Geld für Stipendien aus. Das geht aus der aktuellen Stipendienstatistik des Bundes hervor. 17.2 Franken sind es genau. Davon steuert der Bund rund 3 Franken bei. Zum Vergleich: Der Kanton Jura gibt pro Kopf der Bevölkerung fast viermal mehr aus, der Kanton Waadt gar deutlich über viermal mehr.

Das Stipendienkonkordat

Die «Interkantonale Vereinbarung zur Harmonisierung von Ausbildungsbeiträgen» (Stipendienkonkordat) bezweckt eine Harmonisierung der 26 kantonalen Stipendiengesetzgebungen. Das Konkordat befasst sich sowohl mit den Stipendien auf der Tertiärstufe (Hochschulen und höhere Berufsbildung) als auch mit jenen der Sekundarstufe II (Allgemeinbildung, Berufsbildung). Die Beitrittskantone verpflichten sich, in ihren kantonalen Stipendiengesetzgebungen die im Konkordat festgehaltenen Grundsätze und Mindeststandards zu übernehmen. Geregelt wird etwa, wer zum Bezug von Stipendien berechtigt ist oder wie lange Stipendien ausbezahlt werden. Mit dem Stipendienkonkordat werden die kantonalen Stipendiengesetze nicht in allen Belangen vereinheitlicht, aber doch in wichtigen Punkten harmonisiert.

Zur Erinnerung: Der Kanton Zug liegt im Ressourcenindex des Bundes mit grossem Abstand an der Spitze aller Schweizer Kantone. Der Ressourcenindex widerspiegelt das wirtschaftliche Potenzial der Steuerpflichtigen und damit die Wirtschaftskraft der Kantone. Zug kommt auf den sagenhaften Wert von 264,1 Punkten und führt die entsprechende Rangliste mit haushohem Vorsprung an. Als Zweitklassierter kommt der Kanton Schwyz auf einen Wert von 170,1 Punkten. Der Kanton Luzern etwa erreicht gerade mal 86,9 Punkte. Der schweizerische Durchschnittswert liegt bei 100,0 Punkten.

18 Kantone machen mit

Und eben dieser Kanton Zug weigerte sich bisher, dem Stipendienkonkordat der Schweizer Kantone beizutreten. 18 Kantone, welche 87,3 Prozent der Bevölkerung repräsentieren, machen bei diesem Konkordat mit. Zusammen mit Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Appenzell-Innerrhoden, Wallis, Solothurn und Schaffhausen zählt Zug zu jenen Kantonen, die sich bislang nicht zu einem Beitritt entscheiden konnten.

Die beiden CVP-Kantonsrätinnen Anna Bieri und Laura Dittli wollen dies ändern. Mit einer Motion fordern sie den Regierungsrat auf, dem Stipendienkonkordat beizutreten. Gemäss Traktandenliste soll morgen Donnerstag über diesen Vorstoss im Zuger Parlament beraten werden. Der Zuger Regierungsrat lehnt einen Beitritt ab und beantragt dem Kantonsrat, die Motion von Anna Bieri und Laura Dittli als nicht erheblich zu erklären.

Regierung verweist auf Mehrkosten

In seinem Bericht schreibt der Regierungsrat, dass die Stipendienstelle des Kantons das Stipendiengesetz «im Wesentlichen konkordatskonform» anwende. Der Kanton Zug würde bei einem Konkordatsbeitritt seine Handlungs- und Entscheidungsfreiheit «ohne Not» einschränken. Der Regierungsrat verweist darauf, dass ein Beitritt jährliche Mehrkosten von 20’000 bis 36’000 Franken zur Folge hätte. Zudem würden im Kanton Zug andere Verhältnisse herrschen als beispielsweise im Kanton Graubünden.

«Der Kanton Zug hat überdurchschnittlich hohe Einkommens- und Vermögensverhältnisse.»
Zuger Regierungsrat

Zu denken sei etwa an die Erreichbarkeit der Schulen mit dem öffentlichen Verkehr. Damit sei für die Studierenden die Möglichkeit verbunden, noch zu Hause zu wohnen. Zudem verweist der Regierungsrat auf die «überdurchschnittlich hohen Einkommens- und Vermögensverhältnisse» im Kanton.

«Zug will sich aus der Verantwortung stehlen»

«Die Antwort des Regierungsrates ist für mich die pure Enttäuschung», sagt Anna Bieri. Sie und Laura Dittli werden anlässlich der Kantonsratssitzung von morgen Donnerstag an ihren Forderungen festhalten. Das Bedürfnis, dass zwei Studenten mit vergleichbaren Lebenssituationen vergleichbare Stipendien erhalten, sei breit abgestützt, ja eigentlich sogar unbestritten. Um das zu erreichen, gebe es entweder eine Bundeslösung oder aber für Föderalisten ein durch die Kantone geprägtes Konkordat.

«Hier will sich der Kanton Zug aus seiner Verantwortung und diesem Versprechen an die Bevölkerung stehlen.»
Anna Bieri, Kantonsrätin

Die Stipendieninitiative, welche eine Bundeslösung anstrebte, sei auch durch das Zuger Volk abgelehnt worden. Der indirekte Gegenvorschlag stützte sich dabei komplett aufs Konkordat. Der Bevölkerung sei damals versprochen worden, dass dank dem Konkordat eine Stipendienharmonisierung eben ohne Bundeslösung möglich sei: «Hier will sich der Kanton Zug aus seiner Verantwortung und diesem Versprechen an die Bevölkerung stehlen.»

Auch in einer anderen Statistik zuhinterst

Der Zuger Bildungsdirektor Stephan Schleiss argumentiert: «Stipendien erhält, wer Stipendien braucht.» An diesem Anspruch orientiere sich das Zuger Stipendienwesen. Damit könne den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirksamkeit nachgelebt werden. Zwar treffe es zu, dass im Kanton Zug durchschnittlich weniger Personen einen Anspruch auf Stipendien haben. Auf der Tertiärstufe erhielten die Berechtigten jedoch mehr als der Schweizer Durchschnitt. Anzumerken gilt freilich, dass Zug hier nur ganz knapp über dem Schweizer Durchschnitt liegt. Für die Sekundarstufe II und auch insgesamt liegt Zug darunter.

Zudem sagt das «durchschnittliche Stipendium» wenig über die Grosszügigkeit eines Kantons aus. Zug bildet nämlich zusammen mit dem Kanton Zürich in einer weiteren Statistik das Schlusslicht: Im Verhältnis zur Wohnbevölkerung ist der prozentuale Anteil von Stipendienbezügern nirgendwo sonst in der Schweiz so tief wie in diesen beiden Kantonen.

Deutlicher Rückgang gegenüber 2005

Josef Stocker, Geschäftsleiter des Verbandes der Schweizerischen Studierenden (VSS), findet es bedauerlich, dass der Regierungsrat des Kantons Zug dem Stipendienkonkordat nicht beitreten will. Das Konkordat stelle eine gewisse Fairness im Stipendienwesen sicher. Wenn in jedem Kanton andere Regeln gelten, so führe dies zu Willkür. Im Vergleich zum Jahr 2005 gebe Zug heute pro Einwohner fast um die Hälfte weniger Geld für Stipendien aus.

Im gleichen Zeitraum sei aber auch im Kanton Zug der Bevölkerungsanteil, der eine Hochschule besucht, gestiegen. Die grossen Unterschiede bei den Pro-Kopf-Ausgaben wertet Josef Stocker als starkes Indiz, dass einige Kantone zu wenig in den Bereich Stipendien investieren: «Das gilt aus meiner Sicht insbesondere auch für den Kanton Zug.»

«Das ist etwas absurd»

Das Argument mit der reichen Einwohnerschaft ist für Josef Stocker wenig schlüssig. Der durchschnittliche Reichtum eines Kantons habe im Zusammenhang mit dem Thema Stipendien wenig Aussagekraft. Stipendien seien in der Schweiz ja eh nur für jene Fälle gedacht, bei denen eine Familie keine genügende Unterstützung leisten könne. Gar als «etwas absurd» bezeichnet Stocker das Argument der geografischen Nähe des Kantons Zug zu den Ausbildungsstätten. Schliesslich würden auch die Hochschulkantone selber durchschnittlich mehr Geld für Stipendien ausgeben als Zug. Zudem sei die Nähe zu Hochschulstandorten keine Besonderheit des Kantons Zug. So liessen sich beispielsweise aus vielen Orten im Kanton Aargau die Universitätsstandorte Zürich oder Basel innerhalb von 30 Minuten erreichen.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von franz
    franz, 27.01.2017, 15:26 Uhr

    es ist an der zeit, dass Zug sich mehr im sozialen Bereich profiliert. Das meine ich ganz grundsaetzlich. Zozialwettbewerb statt Steuerwettbewerb

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