Autofreie Luzerner Bahnhofstrasse rückt näher

Bahnhofstrasse: Stadtparlament sagt deutlich Ja zu Planungskredit

So stellen sich die Planer die Bahnhofstrasse vor – eine Visualisierung des Siegerprojektes.

(Bild: Visualisierung Koepfli Partner)

Autofreie Bahnhofstrasse und Theaterplatz werden konkreter: Der Stadtrat hat 480’000 Franken für die weitere Planung beantragt, das Stadtparlament ist ihm deutlich gefolgt. Wann die zweite Umbau-Etappe startet, ist aber nach wie vor offen.

Die Neugestaltung der Bahnhofstrasse und des Theaterplatzes nimmt eine weitere Hürde: Das Stadtparlament hat diesen Donnerstag einen Planungskredit von 480’000 Franken für die weiteren Schritte deutlich gutgeheissen. Schon die Baukommission war Mitte November einstimmig für den Kredit.

Das Vorgehen des Stadtrates und das ausgewählte Bauprojekt waren im Parlament weitgehend unumstritten – es gab vor allem Lob zu hören. Von linker Seite wurde zwar moniert, dass es noch immer keinen Zeitplan für die zweite, untere Etappe der Bahnhofstrasse gibt. Die CVP findet es schade, gibt es keinen Wasserzugang und nicht mehr Boulevard-Gastronomie und die GLP wünscht sich ein schnelleres Vorgehen. Einzig die SVP äusserte sich kritisch und plädierte dafür, das Projekt hinauszuschieben – blieb damit im Parlament aber chancenlos.

Bei der Mehrheit des Parlaments weckten die offenen Fragen bezüglich der Zukunft des Luzerner Theaters keine Zweifel: Das Stadtparlament will mit der Umgestaltung vorwärtsmachen und folgte mit deutlicher Mehrheit dem Stadtrat.

Baukredit folgt 2018

Diesen Sommer hat eine Jury dem Projekt «Take a walk on the bright side» den Zuschlag erteilt (siehe Box). Als Nächstes können nun das Bauprojekt (die Grundlage für den späteren Baukredit) und das Auflageprojekt (Grundlage für Bewilligungsverfahren) erarbeitet werden.

Und so geht’s weiter an der Bahnhofstrasse: 2018 wird der Stadtrat den Baukredit für die Realisierung beantragen. Falls es ein Referendum gibt, kommt es nochmals zu einer Volksabstimmung. Ende 2019, so der Plan, starten die Arbeiten der ersten Etappe. Insgesamt wird das Projekt etwa 6 Millionen Franken kosten.

So soll die Bahnhofstrasse ab 2019 aussehen, wenn es nach der Stadt geht: Visualisierung des Projekts zur Neugestaltung. (Bild: Koepfli Partner GmbH, Luzern)

So soll die Bahnhofstrasse ab 2019 aussehen, wenn es nach der Stadt geht: Visualisierung des Projekts zur Neugestaltung. (Bild: Koepfli Partner GmbH, Luzern)

Autofrei schon ab 2018?

Das Siegerprojekt

Das Siegerprojekt «Take a walk on the bright side» von Koepfli Partner hat sich gegen 56 andere Projekte durchgesetzt (hier die interessantesten im Überblick). Die Bahnhofstrasse soll wie der Schweizerhofquai zu einem 11 Meter breiten Flanierquai werden. Zur bestehenden kommt eine zweite Baumreihe hinzu.

Abgetrennte Trottoirs wird es nicht mehr geben, vielmehr eine Fahrspur für Velos und Anlieferungsverkehr. Die Veloabstellplätze werden nicht mehr wie heute zwischen den Bäumen, sondern entlang der Häuserfassaden platziert. Dort wird es eine weitere Baumreihe in Töpfen geben und viel Platz für Boulevardgastronomie inklusive einer mobilen Buvette.

Dass das Projekt in zwei Etappen gebaut wird, hat mit der komplizierten Verkehrssituation – vor allem im unteren Teil der Bahnhofstrasse – zu tun. Die Bahnhofstrasse soll in Zukunft gemäss Initiative möglichst autofrei werden. Zwar bleiben die Liegenschaften und Betriebe für Zubringer erreichbar, jedoch werden sämtliche 42 Parkplätze aufgehoben und die Bahnhofstrasse für den Durchgangsverkehr gesperrt.

Heute verkehren auf der Bahnhofstrasse täglich knapp 3500 Motorfahrzeuge, davon 55 bis 70 Prozent Durchgangsverkehr. Eine Knacknuss sind die beiden betroffenen Parkhäuser, deren Zu- und Ausfahrten neu geregelt werden müssen. Wann die zweite Umbauetappe startet, ist darum noch offen. Der Stadtrat stellt in Aussicht, dass er in der nächsten Projektphase einen Zeitplan für die Umsetzung der zweiten Etappe vorlegen wird.

Der Stadtrat schreibt im Bericht und Antrag vom 19. Oktober, dass das neue Verkehrsregime für einen Testbetrieb ab 2018 schon vor den Umbauarbeiten eingeführt werden könnte – temporär wohlverstanden.

Theaterplatz öffnen für den Markt

Der Fokus der Umbauten liegt zwar auf der Bahnhofstrasse, aber auch der angrenzende Theaterplatz ist Teil der Umgestaltung. Platz und Wiese vor der Jesuitenkirche werden komplett umgestaltet und zu einem Park mit Bäumen umfunktioniert. Der Theaterplatz soll wie auch der Quai Sitzgelegenheiten und einen Bodenbelag aus Mergel und Asphalt bekommen. Der Platz soll für Veranstaltungen und den Markt genutzt werden können.

Auch der Theaterplatz wird bald neu gestaltet.  (Bild: zvg/Stefano Schröter)

Auch der Theaterplatz wird bald neu gestaltet.  (Bild: zvg/Stefano Schröter)

Ein unsichere Komponente bleibt, wenn man wie geplant 2019 mit der Neugestaltung beginnt: das Luzerner Theater. Das alte Gebäude wird zu diesem Zeitpunkt noch stehen, doch was längerfristig dort passiert, ist offener denn je. Wird das Theater dereinst abgerissen? Wird es umgenutzt, neu gebaut oder erweitert? Vieles ist nach dem Aus der Salle Modulable möglich.

Trotzdem will der Stadtrat mit dem Umbau des Theaterplatzes nicht warten, bis man über die Zukunft des Theaters Gewissheit hat, denn das könnte noch länger dauern. Hier hat der Kanton ein gewichtiges Wort mitzureden.

Ein Neubau oder eine Erweiterung des Theaters hätte zwar grossen Einfluss auf den Theaterplatz, doch die jetzige Lösung wäre damit kompatibel. «Die im Siegerprojekt vorgesehene überzeugende und gut strukturierte Gestaltung des Querschnitts Bahnhofstrasse ist durch die allfällige Realisierung des Neuen Theaters Luzern am Theaterplatz nicht tangiert», schreibt die Stadt im Bericht und Antrag.

Kommt die Box in die Quere?

Trotzdem hat die Umgestaltung des Theaterplatzes, wenn sie denn 2019 startet, unmittelbaren Einfluss auf das Theater. Nicht auf das Hauptgebäude, aber auf die Holzbox, die seit dieser Saison vor der Jesuitenkirche steht.

Theoretisch dürfte sie bis Ende 2021 dort stehen. Doch praktisch bedeutet der Baubeginn beim Theaterplatz das Ende der Box. «Die Box ist als temporäre Intervention gedacht und hat eine befristete Konzession», schreibt der Stadtrat. Im Bericht und Antrag heisst es weiter: «Sollte der Baubeginn zur Neugestaltung der Stadträume Bahnhofstrasse und Theaterplatz früher erfolgen, gilt dieser Zeitpunkt als Ende der Befristung der Konzession.»

Von einem möglichen früheren Aus der Box wegen der Sanierung war man beim Luzerner Theater Anfang November überrascht – man geht weiterhin von einer Bewilligung bis 2021 aus (zentralplus berichtete).

Bahnhofstrasse: Was bisher geschah

Im September 2013 haben die Stimmberechtigten der Stadt Luzern für eine autofreie Bahnhofstrasse gestimmt. Sie nahmen die «Initiative für eine attraktive Bahnhofstrasse» mit 56 Prozent Ja-Stimmen an. Sie verlangt, dass die Bahnhofstrasse attraktiv und wenn immer möglich autofrei gestaltet wird.

Im März und September 2014 hat der Stadtrat mit den Geschäften und Grundeigentümern sowie mit Organisationen aus Gewerbe, Tourismus, Politik und Fachverbänden Workshops zum künftigen Verkehrsregime und zu den künftigen Nutzungen auf der Bahnhofstrasse durchgeführt. Die Ergebnisse der Workshops sind in die Grundlagen für den offenen Wettbewerb für die Neugestaltung der Bahnhofstrasse und des Theaterplatzes eingeflossen.

Ende 2015 hat der Stadtrat einen Wettbewerb ausgeschrieben. 57 Teams mit Fachleuten aus den Bereichen Landschaftsarchitektur, Architektur und Verkehrsplanung haben daran teilgenommen.

Juli 2016: Die Jury hat das Projekt «Take a walk on the bright side» von Koepfli Partner GmbH, Luzern, Enzmann + Fischer AG, Zürich, und AKP Verkehrsingenieur AG, Luzern, einstimmig zur Weiterbearbeitung empfohlen. Das Projekt erfüllt in stadträumlicher, verkehrsplanerischer, landschaftsarchitektonischer, betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht in sehr hohem Mass die Erwartungen und Ansprüche.

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