Idee für Baurecht stösst auf Gegenwind

Ausbau EVZ-Stadion: Zuger Stadtrat muss kreativ werden

Mehr Platz für Fans und Gastronomie: Das will der EV Zug in der Bossard Arena umsetzen. (Bild: Andreas Busslinger)

Der EVZ will für über 35 Millionen Franken sein Stadion ausbauen. Die Stadt Zug möchte dem Verein die Bossard Arena im Baurecht abgeben. Doch dagegen regt sich politischer Widerstand. Jetzt muss der Stadtrat über die Bücher.

Die Ausbaupläne des EVZ stossen in der Zuger Politik auf Skepsis. Wie sich bereits im Vorfeld abzeichnete, schaut das Stadtparlament bei der vorgesehenen Erweiterung des Stadions genau und kritisch hin. Die Bau- und Planungskommission (BPK) des Grossen Gemeinderats hat den zweiten Zwischenbericht des Stadtrats negativ zur Kenntnis genommen. Mit 5:4 Stimmen war das Resultat denkbar knapp, doch am Ende überwogen die Bedenken.

Vorweg: Das ist kein definitives Nein zum Ausbau. Denn erstens fällt das Stadtparlament und aller Voraussicht nach am Ende das Stimmvolk den Entscheid. Und zweitens handelt es sich erst um einen Zwischenbericht des Stadtrats, den die Politik lediglich zur Kenntnis nehmen kann. Die wichtigen Entscheide stehen erst später an.

Dennoch zeigt der BPK-Bericht, dass der EVZ in der Politik nicht so leichtes Spiel hat wie auf dem Eis. Er will mit dem Ausbau des Stadions mehr Platz schaffen für die Fans und die Gastronomie. Letztlich geht es natürlich auch ums Geld: Von der Erweiterung erhofft sich der EVZ die betriebswirtschaftliche Basis für den sportlichen Erfolg (zentralplus berichtete).

Soll der EVZ das Stadion im Baurecht übernehmen?

Dass der geplante Ausbau des Stadions durch den EVZ erfolgt, kommt bei der BPK gut an. Als sinnvoll erachtet sie auch die favorisierte Variante «Keep Building», bei der die Bossard Arena nur leicht angepasst wird.

«Es hat grundsätzlich niemand etwas dagegen, dass der EVZ das Stadion ausbaut. Aber wir können nicht einfach Steuergelder zum Fenster rauswerfen.»

Richard Rüegg, Präsident BPK

Politisch umstritten ist hingegen die Frage des Baurechts. In diesem Punkt seien «die meisten Unklarheiten und beklemmenden Gefühle in der Kommission auszumachen», heisst es im Bericht. Der Stadtrat schlägt vor, dass der EVZ die Investitionen von geschätzt 36 Millionen Franken selber tätigt und im Gegenzug die Bossard Arena im Baurecht übernimmt. Das heisst, der EVZ wäre in Zukunft für den Betrieb der Gebäude verantwortlich, die Erträge würden in seine Kasse fliessen (siehe Box). Ein Unikum in der Sportwelt – und in Zug mit entsprechend vielen Fragezeichen behaftet.

Was passiert bei einem Konkurs?

«Es hat grundsätzlich niemand etwas dagegen, dass der EVZ das Stadion ausbaut», erklärt Kommissionspräsident Richard Rüegg (Die Mitte). «Aber wir können nicht einfach Steuergelder zum Fenster rauswerfen.» Laut Rüegg lässt der Zwischenbericht des Stadtrats viele Fragen offen. Beispielsweise diejenige danach, was passiert, wenn der EVZ pleite gehen sollte – und was das finanziell für die Stadt bedeuten würde. Die Kommission hat dazu weitere juristische Abklärungen in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse sind dem Vernehmen nach vorliegend, aber noch nicht öffentlich.

Nicht nachvollziehbar ist es für einen Teil der Kommission, dass der EVZ nebst dem Stadion auch die Curling- und Trainingshalle sowie das Parkhaus – eine lukrative Einnahmequelle der Stadt – im Baurecht übernehmen soll. Ebenso sorgt die Tatsache, dass die gewinnbringenden Gastroplätze beinahe vervierfacht werden, für kritische Stimmen.

Kurzum: Die Finanzierung steht auf wackligen Beinen. Dass die Stadt, die vor zwölf Jahren über 62 Millionen Franken in die Bossard Arena investierte, das Stadion dem EVZ nun für einen Buchwert von nur gerade acht Millionen Franken überlässt, wird von vielen hinterfragt. Oder, wie es Rüegg formuliert: «Eine Mehrheit steht der Idee eines Baurechtsvertrages kritisch gegenüber.»

Auch von der SVP kommt Kritik

Hinter vorgehaltener Hand wird bereits darüber gerätselt, wie lange der Zuger Stadtrat «dieses tote Pferd noch reiten» will. Denn pikant ist: Dem Vernehmen nach steht auch die Geschäftsprüfungskommission (GPK) den Baurechtsplänen kritisch gegenüber. Sie beriet das Geschäft letzte Woche.

Der Zuger Gemeinderat und GPK-Präsident Philip C. Brunner will das aufgrund des Kommissionsgeheimnisses weder bestätigen noch dementieren. Nur so viel: Es habe mehrere, sehr differenzierte Abstimmungen zu verschiedenen Fragen gegeben. Ein ausführlicher GPK-Bericht wird Mitte März veröffentlicht werden.

«Es kann nicht sein, dass die Stadt das Stadion jetzt husch-husch zu einem minimalen Baurechtszins und Buchwert dem EVZ für 35 Jahre abgibt und kaum mehr etwas zu sagen hat.»

Philip C. Brunner, Gemeinderat* Zug

Persönlich vertritt SVP-Gemeinderat Philip C. Brunner allerdings eine klare Haltung – und die ist insofern bemerkenswert, als die SVP den anderen Parteien zuletzt «EVZ-Bashing» vorwarf (zentralplus berichtete). «Ich bin für den Ausbau des Stadions, aber für die Finanzierung braucht es andere Lösungsvorschläge», sagt Brunner. Die öffentliche Hand habe seit der Eröffnung der Kunsteisbahn enorm viel Geld in die Infrastruktur investiert. «Es kann nicht sein, dass die Stadt das jetzt husch-husch zu einem minimalen Baurechtszins und Buchwert dem EVZ für 35 Jahre abgibt und kaum mehr etwas zu sagen hat, während andere Zuger Sportvereine mit Anlagen in teilweise desolatem Zustand – zum Beispiel das Fussballstadion – auskommen müssen.»

Rückschlag für den EVZ

Der EVZ muss sich also auf Widerstand einstellen. CEO Patrick Lengwiler betont auf Anfrage zunächst das Positive: Der Ausbau des Stadions und «Keep Building» als beste Variante scheinen politisch unbestritten. Der EVZ will die Finanzierung selber aufbringen und auch dies werde vom Parlament als positives Signal aufgenommen.

«Offenbar will eine Mehrheit, dass die Stadt Zug die Hoheit über das Stadion mit allen Rechten und Pflichten behält.»

Patrick Lengwiler, EVZ-CEO

Dass die ausgearbeitete Variante Baurecht auf Widerstand stösst, nehme er so zur Kenntnis. «Offenbar will eine Mehrheit, dass die Stadt Zug die Hoheit über das Stadion mit allen Rechten und Pflichten behält», sagt Lengwiler ernüchtert. «Falls der GGR tatsächlich so entscheidet, müssen wir das akzeptieren.» 

Einen pfannenfertigen Plan B haben weder der EVZ noch der Stadtrat in der Hand. Zwar wurden zwei alternative Finanzierungsvarianten geprüft. Bei beiden würde die Stadt Zug den Ausbau des Stadions selber berappen; bei einer auch den Betrieb verantworten, bei der anderen den Betrieb an den EVZ übergeben. Doch erstens sind sie für die Stadt Zug kostspieliger und zweitens könnte das Stimmvolk die Stadionerweiterung in diesen Fällen an der Urne bodigen.

Jetzt ist der Stadtrat gefordert

Welche Alternativen überhaupt in Frage kommen – und für den EVZ finanziell tragbar sind, wird sich zeigen müssen. «Die Exekutive muss uns einen Vorschlag bringen, den wir akzeptieren können», sagt BPK-Präsident Richard Rüegg dazu.

Philip C. Brunner betont, dass der EVZ eine regionale, wenn nicht gar eine überregionale Bedeutung habe. Deshalb könne die Infrastruktur nicht von einer 30’000-Einwohner-Stadt alleine gestemmt werden. «Für mich ist klar, dass sich weitere Kreise an der Finanzierung beteiligen müssen, unter anderem der Kanton Zug, der ebenfalls Interesse an einem erfolgreichen EVZ haben müsse.» 

Gefordert sind also neue Ideen – und der Zuger Stadtrat. Besonders Finanzchef André Wicki und Bauchefin Eliane Birchmeier, die beide im Oktober das Stadtpräsidium übernehmen wollen. Bereits beim ersten Zwischenbericht im Frühling 2021 gab es im Stadtparlament intensive Diskussionen. Inzwischen dürfte klar sein, dass ein Festhalten am bisherigen Weg politisch kaum mehrheitsfähig sein wird.

Was bedeutet Abgabe im Baurecht?

Das Baurecht ist eine Alternative zum Verkauf von Land. Der Baurechtnehmer – in diesem Fall der EVZ – darf ein Grundstück über eine festgelegte Dauer nutzen (bei der Bossard Arena wären es 35 Jahre). Dafür zahlt er der Stadt einen Baurechtszins, ähnlich wie ein Mietzins. Anders als bei einem Mietvertrag darf der Baurechtsnehmer allerdings innerhalb bestimmter Vorgaben bauen oder umbauen. Weil die Nutzungsdauer im Voraus abgemacht wird, spricht man oft auch von einem «Landkauf auf Zeit».

Nach Ende der Vertragsdauer gehen die Gebäude und Grundstücke wieder in den Besitz der Stadt Zug als Eigentümerin über. Man spricht von «Heimfall». In vielen Fällen werden Baurechtsverträge allerdings verlängert. In der Regel laufen sie über eine Zeitspanne zwischen 30 und 100 Jahren.

Angesichts des zunehmend knappen Bodens hat das Baurechtsmodell in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Immer mehr Städte und Gemeinden geben ihr Land nur noch im Baurecht ab, um sich eine Mitsprache bei der Entwicklung der Grundstücke zu erhalten.

*Anmerkung: Ursprünglich war beim hervorgehobenen Zitat von Philip C. Brunner dessen Rolle als GPK-Präsident angegeben. Dabei handelte es sich um einen Fehler. Wie im Text beschrieben, sagt Brunner diese Aussage nicht in seiner Rolle als GPK-Präsident, sondern als Zuger Gemeinderat.

Verwendete Quellen
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