Das schreiben die Zeitungen zur SVP-Kandidatenkür

Aeschi muss bereits viel Kritik einstecken

Thomas Aeschi blickte in Hünenberg auf die vergangene Session zurück.

(Bild: zvg)

Die Reaktionen in den Medien auf die SVP-Bundesrats-Nomination des Zugers Thomas Aeschi sind vielfältig – und kritisch. Ein Bundesrat, der die SRG abschaffen will, gehe gar nicht, heisst es etwa. Andernorts wird über seine unklaren beruflichen Verwicklungen spekuliert. Eine Zeitung deckt auf, dass Aeschi im Parlament von vielen als Streber ohne Fingerspitzengefühl bezeichnet wird. Eine Presseschau, die es in sich hat.

Hat der Kanton Zug bald einen Bundesrat? Gut möglich, denn am Freitag wurde Thomas Aeschi zusammen mit dem Romand Guy Parmelin und dem Tessiner Norman Gobbi von der SVP für die Bundesratswahlen vom 9. Dezember nominiert (zentral+ berichtete). Was denkt die Schweizer Presse über den jungen Zuger? Wir schauten uns um im medialen Blätterwald.

Sonntagsblick:

Der Sonntagsblick beleuchtet Aeschis Absichten, die SRG zu zerschlagen: Er ist Mit-Initiant der «No Billag»- Initiative – gemäss Blick eines der radikalsten Volksbegehren der letzten Jahre. Noch Ende Oktober habe der Nationalrat an der Zuger Messe für die «No Billag»-Initiative geworben.

«Aeschi wäre mit Sicherheit der erste Bundesrat, der die SRG abschaffen will.»

Sonntagsblick

Dieses Engagement passe schlecht zu einem Bundesrat, so der Sonntagsblick. «Aeschi wäre mit Sicherheit der erste Bundesrat, der die SRG abschaffen will. Die Position zeigt: Der Absolvent der US-Elite-Universität Harvard ist ein knallharter Liberaler und Staatsabbauer. Es gibt für ihn keinen Grund, warum ein Medienkonzern massgeblich mit Gebühren finanziert werden soll. Genauso wie er den heutigen Finanzausgleich zwischen den Kantonen bekämpft.»

Seine ultraliberalen Positionen werden seine Wahl am 9. Dezember nicht erleichtern, ist der Blick darum überzeugt. Der Bündner CVP-Nationalrat Martin Candinas (35) bringe die Bedenken vieler Parlamentarier auf den Punkt, schreibt die Zeitung. Candinas Aussage im Blick: «Für die Minderheiten macht es Aeschi mit seinen Positionen nicht einfacher, ihn zu wählen.»

Zentralschweiz am Sonntag:

Skepsis zu seinen Wahlchancen äussert auch die Zentralschweiz am Sonntag, dies wegen seinem Arbeitgeber: «Auch wenn dem 36-jährigen Zuger gute Chancen eingeräumt werden, einfach wird es für ihn nicht. So gibt unter anderem bei CVP und FDP zu reden, dass Aeschi weder beim Parlament noch auf seiner eigenen Webseite angegeben hat, dass sein Arbeitgeber bis 2008 zu einem Konzern gehörte, der für das US-Verteidigungsministerium und die NSA tätig ist. Für den Konzern arbeitete unter anderem auch Whistleblower Edward Snowden», schreibt die Zeitung und zitiert CVP-Präsident Christophe Darbellay: «Thomas Aeschi wird sich im CVP-Hearing kritischen Fragen zu seinen beruflichen Verwicklungen stellen müssen.» Ähnlich töne es bei Ignazio Cassis, dem neuen FDP-Fraktionschef, so die ZaS.

«Ich bin seit einigen Monaten nach einer mehrjährigen Partnerschaft wieder Single, arbeite viel und geniesse es zu jassen.»

Thomas Aeschi gegenüber der Zentralschweiz am Sonntag

In einem Interview erfährt man in der Zentralschweiz am Sonntag auch interessante Details aus seinem Privatleben: «Ich bin seit einigen Monaten nach einer mehrjährigen Partnerschaft wieder Single, arbeite viel und geniesse es zu jassen, ein gutes Glas Wein mit Freunden zu trinken, Sport zu treiben oder einen unterhaltsamen Film zu sehen.»

NZZ am Sonntag:

Die NZZ schreibt, dass nicht Aeschi, sondern der Romand Guy Parmelin im Vorteil sei. Zwar gelte der Zuger Thomas Aeschi als Kronfavorit, so die Zeitung, doch seine Nähe zu Christoph Blocher könnte ihm gefährlich werden. Das Blatt zitiert den Zuger CVP-Nationalrat Gerhard Pfister: «Er ist von den Dreien sicher der Kandidat mit der grössten Distanz zu Christoph Blocher.» Für einen Teil des Parlaments dürfte dies ein gewichtiger Grund sein, ihn zu wählen, insbesondere für das geschwächte Mitte-Links-Lager.

Parmelin sei das kleinste Übel, sagen auch einige Parlamentarier aus diesem Lager hinter vorgehaltener Hand, schreibt die NZZ am Sonntag weiter.

«Aeschi ist schlicht nervtötend.»

Zitat eines Parlamentariers in der NZZ am Sonntag

Die NZZ beleuchtet weiter, dass Aeschi im Parlament nicht nur Freunde habe. In der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates, in der auch Aeschi Einsitz hat, gebe es Stimmen, «die zwar seinen Fleiss und seine Dossierfestigkeit schätzen, ihn aber oft als mühsam empfinden. Er sei ein Streber, sagt ein Kommissionsmitglied, ihm fehle oft das politische Fingerspitzengefühl. Während der Beratung des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes etwa habe er rund 80 Änderungsanträge eingebracht, ohne reelle Chancen, damit durchzukommen. Das habe die Diskussionen unnötig in die Länge gezogen. Ein anderes Mitglied der Kommission sagt lakonisch, Aeschi sei schlicht nervtötend», schreibt die NZZ.

Hinzu komme, dass Aeschi am Freitagabend vor den Medien in seiner Rede zur offiziellen Nominierung für Stirnrunzeln gesorgt habe, heisst es weiter. «Er unterstütze die Kandidatur von Norman Gobbi, sagte er fast beiläufig und vermittelte damit offenbar bei manch einem Parlamentarier den Eindruck, er wolle gar nicht wirklich Bundesrat werden», so die NZZ am Sonntag. «Mit dieser Aussage hat er sich seine Chancen mit Sicherheit nicht erhöht», sagt Pfister gegenüber der Zeitung.

Sonntagszeitung:

Wenig Kredit bekommt Aeschi von der Sonntagszeitung: «Der Zuger Jungnationalrat Thomas Aeschi ist ein fleissiger und intelligenter Politiker. Wirklich ­dicke Bretter hat er aber noch nicht gebohrt. Wo sind Führungserfahrung und Eigenständigkeit?

«Soll das Parlament eine Standleitung vom Bundeshaus nach Herrliberg legen? Nein, muss die Antwort heissen.»

Sonntagszeitung

Selbst in der SVP gilt er als Meldeläufer Blochers. Soll das Parlament eine Standleitung vom Bundeshaus nach Herrliberg legen? Nein, muss die Antwort heissen.»

Tages Anzeiger:

Im Kommentar schreibt der Tages Anzeiger, dass Aeschi zwar kein SVP-Polterer, aber dennoch ein Hardliner sei: «Der Finanzpolitiker ist ein exemplarischer Vertreter jener SVP, die im Oktober schon die nationalen Wahlen gewann: freundlich im Auftritt, moderat im Ton. Dafür umso härter in der Sache. Vor den Wahlen verzichtete die SVP auf reisserische Plakate und gab sich in der Flüchtlingsdebatte gemässigter als auch schon.

«Inhaltlich ist er alles andere als ein Konsenspolitiker.»

Tages Anzeiger

In der Sache aber wich sie keinen Millimeter zurück und lancierte das Referendum gegen die Asylgesetzrevision. Auch Aeschi vergreift sich kaum im Ton und hat sich einen Namen als fleissiger Sparpolitiker gemacht. Inhaltlich ist er alles andere als ein Konsenspolitiker und hält sich in wichtigen Fragen strikt an die Partei­linie.»

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