Was Luzerner und Zuger Abo-Besitzer wissen müssen

Pendler erhalten neu eine Corona-Entschädigung

Die Busfahrer werden geschützt, der Fahrplan ausgedünnt: Corona hat Folgen für den öffentlichen Verkehr. (Bild: zvg)

Viele Pendler sitzen derzeit nicht im Zug, sondern im Homeoffice. Weil sie ihr Abonnement wegen der Corona-Krise nicht nutzen können, erhalten manche nun eine Entschädigung. Hier die Antworten auf die acht wichtigsten Fragen der Abo-Besitzer aus Luzern und Zug.

Die Züge verwaist, die Busse leer, der Fahrplan ausgedünnt: Die Corona-Krise zeigt sich besonders im öffentlichen Verkehr. Um das Risiko einer Ansteckung mit dem Virus zu minimieren, wird von der Reise im ÖV abgeraten. Viele Pendler arbeiten deshalb zurzeit von zu Hause aus, auf Freizeit-Ausflüge wird verzichtet. Die Nachfrage ist laut der Branche gegenüber dem Normalbetrieb schweizweit um rund 80 Prozent eingebrochen.

Viele stellen sich die Frage, was sie mit ihrem Abonnement machen können, wenn sie es derzeit nicht brauchen. Wer ein Generalabonnement besitzt, kann es hinterlegen und damit Geld sparen. Das haben bereits über 150'000 Personen getan – das sind deutlich mehr als im ganzen letzten Jahr (115'000).

Für Besitzer von Streckenabos, Passepartout oder Zuger Pass hingegen gab es bislang keine spezifische Corona-Entschädigung. Wer sein Abo nicht brauchte, konnte es lediglich zurückgeben – erhielt dafür aber je nach Kaufdatum kaum mehr etwas (zentralplus berichtete).

Nun hat die Branchenorganisation Alliance SwissPass eine neue Lösung erarbeitet. Sie entschädigt Abo-Besitzer in der ganzen Schweiz mit insgesamt 100 Millionen Franken, wie sie am Mittwoch bekannt gab. zentralplus zeigt, was das für Luzerner und Zuger bedeutet und was Betroffene tun müssen, um zu ihrer Entschädigung zu kommen.

1. Wer wird entschädigt?

Grundsätzlich gibt es vier Kategorien von Abonnementen, die für eine Corona-Entschädigung berücksichtigt werden:

  • Generalabonnemente
  • Verbund-, Strecken- und Modul-Jahres-Abonnemente
  • Verbund-, Strecken- und Modul-Monats-Abonnemente
  • Monatskarte zum Halbtax-Abo

Allein innerhalb des Passepartout-Tarifverbundes sind laut einem Sprecher mehrere zehntausend Kunden von den vorgeschlagenen Corona-Entschädigungen betroffen.

2. Wie viel erhalte ich mit einem Jahres-Abo?

Wer ein Verbund-, Strecken- und Moduljahresabo besitzt, bekommt automatisch eine Verlängerung um 15 Tage.

Voraussetzung ist: Am letzten Tag der «Ausserordentlichen Lage» muss ein gültiges Abo vorhanden sein. Wann dies sein wird, ist bislang noch unklar. Das werde zu gegebener Zeit definiert.

Die 15 Tage kompensieren indes nur einen Teil der Zeit, in der wohl viele von zu Hause aus arbeiten, weil von der Nutzung des öffentlichen Verkehrs abgeraten wird. Doch die Alliance Swisspass hielt am Mittwoch fest, dass im Preis eines Jahres-Abos bereits mehrere Gratis-Monate enthalten sind. «Die Hinterlegung ist dort quasi schon eingepreist», sagte Bernard Guillelmon, Präsident des Strategierates, an einer virtuellen Pressekonferenz. Dennoch habe man sich entschieden, «die treuesten Stammkunden» zu entschädigen.

Ein für Kunden lukrativeres Angebot liegt laut den Verantwortlichen finanziell nicht drin. Die am Mittwoch präsentierte Lösung sei «im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten für die beteiligten Unternehmen gerade noch tragbar», sagte Guillelmon.

3. Was ist mit meinem Monatsabo?

Auch Kunden mit einem Monats-, Verbunds-, Strecken- oder Modulabo werden entschädigt. Sie erhalten je nach Verbund und Produkt entweder 15 Franken oder 15 Prozent des Abopreises vergütet.

«Wir beabsichtigen, die nationale Lösung umzusetzen. So sollen Kunden mit einem Monats-Abo mindestens 15 Franken erhalten», erklärt Romeo Degiacomi, Passepartout-Mediensprecher. «Wer ein teureres Abo besitzt, beispielsweise über viele Zonen, bekommt 15 Prozent des Preises zurückerstattet.»

Voraussetzung: Das Monats-Abo musste am 17. März 2020 gültig gewesen sein.

4. Was ist mit dem Job-Abo?

In Zug gibt es mehrere Unternehmen, die eine Vereinbarung mit dem Tarifverbund abgeschlossen haben: Ihre Mitarbeiter erhalten das Jahres-Abo damit zu einem reduzierten Tarif. Ob Besitzer dieses «Zuger Job-Abos» auch eine Entschädigung erhalten, konnten die Verantwortlichen beim Tarifverbund Zug bis am Mittwochmittag noch nicht sagen, das wird zurzeit abgeklärt.

Konsumentenschutz ist unzufrieden

Der Vorschlag der öV-Branche kommt nicht überall gut an. Die Stiftung für Konsumentenschutz ist zwar erfreut, dass für einen Teil der Abonnemente eine Entschädigung angeboten werde und man habe auch Verständnis dafür, dass dies angesichts des Zeitdrucks und des komplexen Systems des öffentlichen Verkehrs anspruchsvoll sei. «Wir bedauern jedoch, dass sich der öffentliche Verkehr auf eine relativ komplexe und auch lückenhafte Lösung geeinigt hat», wird Geschäftsleiterin Sara Stalder in einer Mitteilung zitiert. Diese werde bei den Kunden viele Fragen aufwerfen. Ebenso kritisiert die Stiftung, dass es etliche Einschränkungen gebe und mehrere Kunden leer ausgingen, etwa Halbtax-Besitzer.

Der in Luzern angesiedelte Verein Pro Bahn, die Interessenvertretung der Kunden des öffentlichen Verkehrs, befürchtet derweil, dass die angekündigten Massnahmen nicht ausreichen. Eine Kündigungswelle bei den Jahres-Abos müsse auf jeden Fall verhindert werden. «Gelingt das nicht, wird das gesamte öV-System der Schweiz stark und auf lange Sicht geschwächt», heisst es in einer Mitteilung. Pro Bahn fordert deshalb eine Erhöhung der Entschädigung für Jahres-Abonnements von 15 auf 30 Tage. Die Mehrkosten soll der Bund tragen.

5. Was bekomme ich für mein Halbtax?

Halbtax-Besitzer gehen leer aus. Das Halbtaxabonnement wird nicht entschädigt, da es laut Alliance Swisspass meist nach kurzer Zeit und wenigen Fahrten amortisiert sei. Ebenfalls nicht berücksichtigt werden das Jugendabo «Seven25» und das Ausflugs-Abo.

6. Kann ich mein GA nur 30 Tage hinterlegen?

Nein, für Besitzer von Generalabonnements bietet die Branche ebenfalls eine Verbesserung. Zusätzlich zu den 30 Tagen, in denen man das GA pausieren lassen kann, werden bei der Erneuerung des Abos 15 Gratistage angerechnet. Man erhält eine entsprechende Gutschrift, die bei Verlängerung vom Kaufpreis abgezogen wird. Das Geld wird aber nicht ausbezahlt.

Die Hinterlegung ist zudem während der «ausserordentlichen Lage» online und rückwirkend auf den 17. März 2020 möglich. Das GA muss allerdings ab diesem 17. März bis zum Ende der «ausserordentlichen Lage» ununterbrochen gültig sein. Sprich: Wer sein GA vorzeitig kündigt, erhält die 15-Tage-Entschädigung nicht.

7. Wie muss ich nun vorgehen?

Gar nicht. Die Verantwortlichen betonten am Mittwoch, dass alle betroffenen Kunden von der öV-Branche informiert werden. «Sie müssen nichts unternehmen», bekräftigte Helmut Eichhorn, Geschäftsführer der Alliance Swisspass. Ein Gang zum Schalter oder ein Anruf beim Kontaktcenter sei nicht notwendig, ja sollte explizit vermieden werden. Gutschriften werden im Hintergrund vorgenommen.

Auch beim Tarifverbund Zug, der die nationale Regelung mitträgt, heisst es wörtlich: «Wir möchten vermeiden, dass unsere Kunden zu diesem Zweck den Schalter im Reisezentrum Zug aufsuchen.» Man arbeite an einer kundenfreundlichen, einfachen Lösung. «Wir bitten unsere Kunden daher um etwas Geduld und werden so rasch als möglich über die konkrete Umsetzung informieren», sagt Mediensprecherin Karin Fröhlich.

8. Was, wenn die Coronakrise bis gegen den Sommer hin dauert?

Das bedeutet nicht, dass Pendler mehr Geld erhalten. Die Alliance Swisspass betonte am Mittwoch: Die Entschädigungen sind pauschal – egal, wie lange die Einschränkungen noch andauern.

Dass die hiesigen Tarifverbünde ihren Kunden darüber hinaus gehende Angebote machen, dürfte eher unwahrscheinlich sein. «Das Ziel ist eine nationale Lösung, mit der alle Kunden gleich behandelt werden», sagt Passepartout-Sprecher Romeo Degiacomi. Die Einzelheiten des aktuellen Vorschlags müssten jedoch noch durch die verschiedenen Gremien genehmigt werden. Darauf wies am Mittwoch auch die Branchenorganisation hin.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Heiko
    Heiko, 09.04.2020, 00:07 Uhr

    15 Tage ist auch ein Witz; fordert die komplette Zeit des vom Bund illegal verhängten Reiseverbotes ein!!!! Und das sind mittlerweile 5 (!!!!!!) Wochen; – OHNE JEGLICHEN GRUND!!!

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