Rund 150’000 Franken Steuergelder sollen beim Dachverband der medizinischen Masseure verschwunden sein. Gegen die beiden Vorstandsmitglieder und SVP-Politiker Felix Müri und Urs Dickerhof wurde eine Strafanzeige eingereicht.
Beim Dachverband der medizinischen Masseure – kurz ODA MM – sollen Steuergelder verschwunden sein. Rund 150'000 Franken. Im Visier stünden zwei SVP-Politiker: Felix Müri, Präsident der ODA und Finanzchef Urs Dickerhof. Dies berichtete am Samstag die «Luzerner Zeitung».
Bundesbeiträge decken zu einem Teil Prüfungskosten
Der Dachverband ist unter anderem für Berufsprüfungen zum medizinischen Masseur mit eidgenössischem Fähigkeitsausweis zuständig. Einerseits kommen die Prüfungskandidaten für die Kosten der Prüfungen auf. Zu 60 Prozent decken Beiträge des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation die Prüfungskosten. Um diese Bundesbeiträge geht es.
Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation subventioniere maximal so lange, bis die Kommission eine Obergrenze an liquiden Mitteln erreicht habe. Diese Grenze betrage 40 Prozent der durchschnittlichen Prüfungskosten der letzten sechs Jahre.
Seit fünf Jahren fehlt's an liquiden Mitteln
Wie Abrechnungen des Staatssekretariats, die der «LZ» vorliegen würden, jedoch zeigen würden, fehle es an solchen liquiden Mitteln seit mindestens fünf Jahren. Um rund 150'000 Franken soll es gehen.
Das Konto sei lange direkt über den Dachverband gelaufen. Die Kommission habe kürzlich den digitalen Zugang zum Prüfungssystem gesperrt. Dies, nachdem Lieferantenzahlungen ausgeblieben und erfolglose Anträge erfolgt seien. Seit Juli habe die Kommission ein eigenes Konto und eine eigene Buchhaltung. Der digitale Zugang sei wieder offen, doch die Bundesgelder seien nach wie vor verschwunden.
Anzeige wegen Veruntreuung eingereicht
Die Mitglieder der Kommission haben nun Anzeige wegen Veruntreuung eingereicht. Im Visier: Emmer SVP-Nationalrat Felix Müri als Präsident des Dachverbands und Emmer SVP-Fraktionschef Urs Dickerhof, Finanzchef des Dachverbands. Auch der Vizepräsident, ein weiteres Vorstandsmitglied und eine externe Buchhaltungsstelle stünden im Visier. Im Medienbericht bestätigte die Luzerner Polizei den Eingang der Anzeige. Es gilt die Unschuldsvermutung. Die Staatsanwaltschaft bespreche nun das weitere Vorgehen.
Das Staatssekretariat habe die ODA MM mehrmals darauf hingewiesen, dass Reserven zweckgebunden seien und ausschliesslich für die Durchführung der eidgenössischen Prüfung und/oder allfällige Projekte im Zusammenhang damit zu verwenden seien, heisst es weiter.
Frist bis Ende 2019
Der Dachverband habe dem Staatssekretariat versprochen, die finanzielle Situation zu klären, heisst es weiter. Dieses wiederum gab der ODA eine Frist bis Ende 2019, «um einen Lösungsweg zur Reserventhematik vorzulegen.»
Der Verband der medizinischen Masseure Schweiz, die dem Dachverband angeschlossen ist, habe anfangs Juli den Vorstand des Dachverbandes zum sofortigen Rücktritt aufgefordert. Es herrsche Kriegszustand, wird ein Insider zitiert. Am letzten Mittwoch habe der Vorstand des Dachverbands dem Verband der medizinischen Masseure Schweiz die Mitgliedschaft gekündet.
Ausserordentliche Delegiertenversammlung Ende August
Dickerhof begründete die fehlenden 150'000 Franken mit «virtuellem Buchgeld.» Bei 50'000 Franken gehe es um Rückzahlungen an jene medizinische Masseure, die für das Umwandeln eines früheren Zertifikats zu viel bezahlt hätten. Wie der restliche Betrag zusammen gekommen sei, werde an einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung Ende August abgeklärt. Dickerhof habe zudem gesagt, dass das Staatssekretariat die Aufsicht habe und die Abrechnungen der externen Buchhaltungsstelle nie bemängelt habe.
Dickerhof sagte weiter, dass auch persönliche Abrechnungen im Spiel seien. Felix Müri sagte, dass er sich mit seinem Antritt als Präsident im Jahr 2014 dem Reserveproblem angenommen habe. Seither tausche er sich regelmässig mit dem Staatssekretariat aus und habe sich mit der damaligen Geschäftsstelle und der Revisionsgesellschaft über das Buchgeld informiert.
Müri und Dickerhof erklärten, dass die Mitgliedsverbände dem Vorstand über Jahre hinweg die Decharge erteilt habe. Müri habe auf die Delegiertenversammlung vom Frühling 2020 seinen Rücktritt angekündigt. Offen sei, wie lange Dickerhof im Amt bleibe, heisst es im Medienbericht weiter.