Offener Brief an Luzerner Stadtrat

Fachverbände stellen 5 klare Forderungen

Der Luzerner Stadtrat hat die Absicht, das Schulhaus Grenzhof abreissen zu lassen, was inzwischen sogar mit der Zustimmung vom Parlament bekräftigt wurde. Die Vertreter der Architekturverbände, lässt das aufhorchen. Sie richten in einem offenen Brief einige Worte an die Adresse des Stadtrats:

Die Schulanlage Grenzhof ist 1962 von den Architekten Friedrich E. Hodel und Hans U. Gübelin gebaut worden und im Bauinventar der Stadt Luzern als «schützenswertes Objekt» eingestuft. Diese Einstufung bringt berechtigterweise zum Ausdruck, dass es sich hier um ein Ensemble von städtebaulich und architektonisch sehr hohem Stellenwert handelt.

Erst im Mai 2017 hat die Baudirektion in einer Medienmitteilung und bei öffentlichen Auftritten zum fertiggestellten Bauinventar – nicht ohne Stolz – das hohe Bewusstsein der Stadt Luzern für das baukulturelle Erbe herausgestrichen.

Wenn nun der Abbruch des Schulhauses Grenzhof bereits entschieden sein soll, so kann dieses Bewusstsein der Stadt für das baukulturelle Erbe nicht festgestellt werden. Es lässt vermuten, dass sich die Entscheidungsträger allein durch wirtschaftliche und politische Zwänge leiten lassen. Das fachliche Gutachten der Denkmalpflege erhält beim Entscheid offensichtlich keinen Stellenwert.

Die Begründung, dass das Schulhaus Grenzhof in naher Zukunft von der Stadt nicht als Schulraum genutzt wird, ist nicht ausreichend, um den schützenswerten Bau abreissen zu lassen. Gerade die Umnutzungen solcher Bauwerke haben in der Architektur eine grosse Tradition. Das erst vor Kurzem sanierte Oberstufenschulhaus in Horw, ein Stahlbau aus den 1970er Jahren, zeigt auf, wie gut das Ergebnis einer Sanierung eines solchen Stahlbaus herauskommen kann. Seine flexible Tragstruktur eignet sich hervorragend für neue Raumbedürfnisse.

Reaktion des Stadtrates

Der Stadtrat nimmt zum offenen Brief auf Anfrage wie folgt Stellung: «Der Stadtrat schätzt den Austausch mit den Verbänden, die den offen Brief an den Stadtrat gerichtet haben. Er nimmt ihre Anliegen ernst und wird sie zu einem Gespräch einladen.»

Zusätzlich stellt sich auch die Frage, ob die Nutzung als Schulraum wirklich nicht mehr gegeben ist und ob die jetzt angedachte Schulraumplanung dem enormen Bauboom in diesem Gebiet genügend Rechnung trägt. Ein öffentlicher Diskurs hat weder mit den betroffenen Quartierbewohnern noch mit einheimischen Fachleuten und Fachverbänden stattgefunden.

Nicht diskutiert wird in dieser ganzen Diskussion die Bedeutung dieser Schulanlage als öffentlicher Freiraum für das gesamte Quartier. Gerade in Zeiten, in der das Verdichten einen bedeutenden Stellenwert erhält, ist mit äusserster Sorgfalt der Frage nachzugehen, wie wichtig spezifisch öffentliche Räume in der Stadt sind. Über die Nutzung als Schulareal hinaus, bietet das Areal des Schulhauses Grenzhof dem ganzen Quartier einen wichtigen öffentlichen Raum an.

Wir möchten das Beispiel Zentral- und Hochschulbibliothek Kanton Luzern in Erinnerung rufen. Das Projekt hat aufgezeigt, dass die Fachplanerverbände zukünftige Projektvorhaben wirkungsvoll unterstützen, oder falls notwendig boykottieren werden. Eine offene und breite Diskussion zum Bauvorhaben mit allen Beteiligten scheint aus diesem Grund unerlässlich. Wir sehen auch Parallelen im Umgang mit dem Gewerbegebäude. Bei der Obergrundvilla wurde dem Grundeigentümer ebenfalls eine Abbruchbewilligung in Aussicht gestellt, noch bevor ein qualifiziertes Wettbewerbsverfahren durchgeführt wurde. Dazu möchten wir beispielsweise auch das Gebiet Steghof erwähnen, wo mit dem Neubad vielleicht die nächsten Weichen gestellt werden.

2018 ist zum europäischen Jahr des Kulturerbes bestimmt worden. Dieses kulturelle Erbe umfasst auch Bauten des 20. Jahrhunderts. Die Schulanlage Grenzhof und viele weitere Objekte sind für Luzern wichtige Bestandteile dieses Erbes und deshalb fordern wir den Stadtrat aus all diesen Gründen auf, den Entscheid im vorliegenden Fall noch einmal zu überdenken.

Wir Fachverbände möchten das anstehende europäische Jahr des Kulturerbes 2018 zum Anlass nehmen, um mit Ihnen als politisch Verantwortliche unserer Stadt, in einen Dialog zu treten. Wir formulieren deshalb bereits jetzt unseren Anliegen und unsere Erwartungen an Sie:

  1. Die von der kantonalen und städtischen Denkmalpflege erarbeiteten Inventare und deren Klassifizierungen sind zu respektieren. Die öffentliche Hand muss dabei eine Vorbildrolle einnehmen. 

  2. Die Schutzwürdigkeit eines Objekts darf diesem nicht aufgrund der städtischen Finanzplanung aberkannt werden. 

  3. Es müssen ausreichend zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit inventarisierte Bauten in öffentlichem Besitz auch denkmalpflegerisch saniert werden können. 

  4. Planungen für die städtischen Liegenschaften erfordern architektonische, städtebauliche, räumliche und soziale Überlegungen, bei denen die Planerverbände involviert sein wollen. 

  5. Die Stadt Luzern soll rechtzeitig in den Dialog mit den Fachverbänden treten, damit ausgewogene Lösungen und Strategien erarbeitet werden können und das kulturelle Erbe gestärkt und geschützt wird. 


Wir freuen uns auf einen konstruktiven Austausch und helfen gerne mit, wenn es darum geht, eine gemeinsame Strategie für die bauliche Entwicklung unseres Siedlungsgebietes zu erarbeiten. 

Norbert Truffer, dipl. Arch. FH/BSA/SIA, Obmann BSA Zentralschweiz

Patrik Bisang, dipl. Arch. ETH/BSA/SIA, Luzern, Präsident SIA Zentralschweiz

Rainer Heublein, dipl. Arch. ETH/SIA, Präsident Kantonalsektion Luzern des Innerschweizer Heimatsschutz

Tino Küng, Visueller Gestalter, Präsident SWB Zentralschweiz 


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