Premiere von Carmen.maquia im Luzerner Theater

Tanzabend begeisterte mit atemberaubender Choreografie

Die tragische Geschichte der sinnlichen und emanzipierten Carmen kam in Luzern gut an. (Bild: Gregory Batardon / zvg)

Was passiert, wenn aus Georges Bizets berühmter «Carmen» ein Ballett gemacht wird? Ist ein solcher Wechsel des Genres bei einer Oper sinnvoll? Eine Antwort auf diese Frage erhält man seit diesem Donnerstag im Luzerner Theater bei «Tanz 31: Carmen.maquia», einer Neufassung mit Livemusik des Luzerner Sinfonieorchesters.

Der Titel des 2012 in Chicago uraufgeführten Balletts ist eine überaus eloquente Neukreation von Gustavo Ramírez Sansano selbst. Er entstammt dem spanischen Wort «tauromaquia», welches «Stierkampfkunst» bedeutet. Es war der grosse Pablo Picasso, der auch von der Figur der Zigeunerin Carmen immer sehr fasziniert war, und sie mit einem nicht zu zähmenden Stier verglich.

Ein grandioser Tanzabend

Durch eine atemberaubende Choreografie – sicher eine der schönsten, originellsten und aussagekräftigsten, die wir in den letzten Jahren in dieser Region gesehen haben – wird keine naive Nacherzählung der Oper Bizets realisiert. Der Choreograf und sein Bühnenbildner Luis Crespo sowie die Kostümbildnerin Bregje van Balen wollten keinen klischeeartigen Rahmen, keine Folklore und auch keinen Flamenco.

Ramirez Sansano erzeugt die spanische Atmosphäre allein durch Energie, Schönheit und Impulsivität der tänzerischen Bewegungen. Er versetzt die Handlung eben in ein von Picassos Bildern inspiriertes, aber schwarz-weisses Ambiente. Die tragische, düstere Geschichte der sinnlichen und emanzipierten Carmen, die sich von den Männern nichts sagen lässt und immer selbst entscheidet, wann und ob die Zeit reif ist (auch die Zeit für den eigenen Tod), ist trotzdem wiedergegeben. Sie wird auf eine neue, individuelle Weise erzählt, aber ihre Geschichte offenbart sich mit der gleichen Intensität.

Beeindruckende Leistung der Tänzer

Aurélie Robichon begeisterte die Anwesenden als leidenschaftliche, verführerische, erotische, aber vor allem freie, willensstarke, selbstbewusste Carmen: ihr Tanzvokabular ist technisch tadellos und immer sehr differenziert und aussagekräftig. Zach Enquist berührte als totverliebter, zerrissener Don José. Dies umso mehr im Finale, als er durch seine Tat in die seelische Verzweiflung getrieben wird und er die von ihm getötete Carmen nicht überleben zu wollen scheint.

Aurélie Robichon begeisterte als Carmen zusammen mit ihrem Don José (Zach Enquist). (Bild: Gregory Batardon/zvg) (Bild: Gregory Batardon / zvg)

Andrea Thompson gefiel als zarte, naive Micaela, die immer vergebens versuchte, ihn zur Vernunft zu bringen. Giovanni Insaudo imponierte als selbstverliebter Macho/Torero Escamillo. Auch alle anderen Tänzerinnen und Tänzer in den Nebenrollen sowie als Tabakfabrikarbeiterinnen, Zigeunerinnen und Zigeuner erbrachten eine grosse Leistung.

Farbenreiche und effektvolle Musik

Die farbenreiche, effektvolle, spannende Musik wurde vom Luzerner Sinfonieorchester unter der Leitung von Clemens Heil (Solo-Violine Lisa Schatzman) am Premièrenabend mit grosser Präzision und Expressivität ausgeführt.

Die Musik von Georges Bizet erkannte man sofort: die vom Choreografen zusammengestellte Partitur besteht aus Bizets «Carmen Suites» No. 1 und No. 2, «L’Arlesienne Suite» No.1, «Petite Suite d’orchestre» No. 22, «Symphonie in C», «Carmen Symphony», «La jolie Fille de Perth Suite Danse bohémienne» sowie aus Pablo de Sarasates «Carmen Fantasy» und aus Andreas Nicolai Tarkmanns «Carmen Suite».

Das Publikum honorierte mit Recht Tänzerinnen, Tänzer, Musiker sowie alle anderen Teilnehmer mit einem warmen, kaum mehr aufhören wollenden Applaus.

Weitere Aufführungen sind noch bis 2. Februar 2020 vorgesehen (mit einer Einführung jeweils 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn).

Sie tanzten zur Musik des Luzerner Sinfonieorchesters. (Bild: Gregory Batardon / zvg) (Bild: Gregory Batardon / zvg)
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