«Polo National» sang 150 Mal im Stadtkeller

Polo Hofer liebte teuren Wein in Luzern

Lebemann: Die Nächte genoss Polo Hofer mit Stadtkeller-Chef Walter Vollmeier.

(Bild: zvg)

Lieber als 87 zu werden, wolle er das Leben geniessen. Das tat der Berner Musiker Urs «Polo» Hofer, der am Samstag mit 72 Jahren starb, auch gerne in Luzern. Er gab mehr als 150 Auftritte im Stadtkeller und förderte nebenbei Talente wie den Luzerner Richard Köchli. Eine Würdigung des «Schweizer Dylan» aus lokaler Sicht.

«Tschou zäme, es isch schön gsy», heisst es in Polo Hofers Todesanzeige. Eine Wolke in Herzform, sein Name, die Daten 16. März 1945 bis 22. Juli 2017. Und dann noch: «Uf my Wunsch git’s weder Ufbahrig no Abdankig.»

Hofer war ein kurliger Typ, fadegrad, wortgewandt und im Musikalischen stilsicher. Und einen Stieregrind hatte er obendrein, den er gerne hinter seiner Sonnenbrille versteckte. Aber er prägte unser Land mit Songs, die bleiben: «Kiosk», «Teddybär» oder «D’Rosemarie und eg» hatte er in den 70ern mit seiner ersten Band Rumpelstilz gesungen. Es folgten Erfolge mit seiner Schmetterband, dann mit dem Schmetterding, ab 1983 hiess die Rocktruppe schlicht Polo Hofer und die Band.

«Alperose» ist grösster Schweizer Hit

Sein Song «Alperose» von 1985 wurde in einer TV-Show des Schweizer Fernsehens im Jahre 2006 zum grössten Schweizer Hit aller Zeiten gekürt. «Kiosk» verkaufte sich gar in Deutschland, und er ebnete nicht zuletzt auch den Weg für den Erfolg von Mundart-Bands wie Züri West, Patent Ochsner oder Stiller Has. Unermüdlich tourte er, auch immer wieder in Luzern. Und hier fast ausschliesslich im Stadtkeller. 

«Mir gefiel seine natürliche Art. Und wie er immer frisch von der Leber weg plauderte.» 

Peter Müller, Kellner im Stadtkeller

Peter Müller (63), seit 28 Jahren im Service des Stadtkellers angestellt, verpasste keinen der rund 150 Stadtkeller-Auftritte von Polo. «Mir gefiel seine natürliche Art. Und wie er immer frisch von der Leber weg plauderte.» 

A propos Leber: Mit dem langjährigen Stadtkeller-Chef Walter Vollenweider trank Polo dann bis in die Nacht hinein den feinsten Wein der Karte, einen Bordeaux Sociando-Mallet aus dem Haut-Médoc.

Die Flasche für 108 Franken gab’s mit auf den Weg

Dieser Wein kostet 108 Franken pro Flasche, und er wurde extra für den Berner Troubadour in den Weinkeller der Musikbeiz aufgenommen. Dazu wünschte Polo Hofer sich immer in Rotwein gebratenen Hasen, vom damaligen Küchenchef Richard Beaudoux zubereitet, dem späteren Besitzer der Restaurants Bodu und Café de Ville.

Sinn fürs Leckere: Stadtkeller-Kellner Peter Müller mit Hofers Hauswein.

Sinn fürs Leckere: Stadtkeller-Kellner Peter Müller mit Hofers Hauswein.

(Bild: hae)

Wenn Polo dann gegen den Morgen in sein Nachtquartier im Hotel Rebstock aufbrach, wo er in einer Suite logierte, gab ihm die Stadtkeller-Crew noch eine Flasche mit auf den Weg. «Mit Zapfenzieher», wie sich Peter Müller schmunzelnd erinnert. 

Diese Spesen wurden gerne für Polo ausgegeben, denn der Sänger sorgte über all die Jahre stets für ein volles Haus. 1982 kostete der Eintritt 7 Franken, bei den letzten Auftritten im Stadtkeller am 1. und 2. November 2014 waren es stolze 55 Franken. Hofer war ein sicherer Wert, das erkannte jetzt gar die «NZZ», die sich im Nachruf verbeugte: «Er bleibt auch nach dem Tod der grösste Weltstar im Land der Schweizer.»

Jedermann verstand ihn

Was machte Polo National aus? Man konnte ihn im dienstäglichen «Club»-Talk von «SRF» neben hochkarätige Wirtschaftsbosse und ausgebuffte Politikerinnen setzen – Hofer brachte seine Meinung in vier, fünf Sätzen auf den Punkt. Und zwar so, dass jedermann ihn verstand und ihm Recht geben musste. Polo war mehr als nur Hofnarr und lustvoller Provokateur: Er war auch ein Denker und Lenker.

Unermüdlich auf der Bühne: 150mal gastierte Polo im Stadtkeller.

Unermüdlich auf der Bühne: 150mal gastierte Polo im Stadtkeller.

(Bild: hae)

Polo Hofer hatte stets gegen Widerstände angekämpft, nicht erst in den letzten Jahren, als dem exzessiven Genusstrinker, -Raucher und -Kiffer die Gesundheit zusetzte: Er litt an Lungenkrebs, hatte Schwächeanfälle. Obwohl er immer wieder behauptete: «Die Musik stärkt mein Immunsystem.»

Der Rebell war im Knast

Schon als Pfader imitierte der in Interlaken Aufgewachsene den Sänger und Trompeter Louis Armstrong. Als klein Polo seinen Eltern beschied, er wolle Musiker werden, lachten sie nur. Also lernte er Handlithograph, verfolgte aber die Sangeskarriere unermüdlich weiter. Mit Erfolg, auch wenn sein Vater ihn von der Bühne weg verhaften liess, als Polo in einem Striptease-Club auftrat. In den Knast in Witzwil musste er dann 1969 für fünf Wochen, als er ein altes Schlagzeug geklaut hatte.

Auch sonst war Polo Hofer ein Rebell, als 68er rüttelte er die konservative Schweiz auf: Seit ewig schon setzte er sich für die Legalisierung des Kiffens – und später gegen harte Drogen – ein, 1977 machte er sich gegen das Fallenlassen der Militärmusik bei einer Sparrunde stark oder forderte Eroszentren für Senioren.

Moritz Leuenberger voll des Lobes

Da blieb einer stets nah beim Volk. So nah, dass er 2015 zum Schweizer des Jahres gewählt wurde. Die Lobpreisung hielt Moritz Leuenberger, Ex-Bundesrat. Der schrieb: «Ein Stück meiner Generation, meines Denkens und eigenen Fühlens ist gestorben, darum setzt es mir sehr zu.»

Schweizer des Jahres: Polo Hofer mit Ehrendame Christa Rigozzi 2015.

Schweizer des Jahres: Polo Hofer mit Ehrendame Christa Rigozzi 2015.

(Bild: Bruno Torricelli)

Frech, frisch und furchtlos ging Hofer stets seine Dinge an – das schätzten seine Fans. Auch dass er sich nie als Star gebärdete. Sondern in seinen Stammlokalen durchaus für einen Schwatz zu haben war. Und Rituale pflegte.

Augen offen für Neues

Aber auch immer die Augen für Neues offen hielt. So für Musiker wie den Luzerner Henrik Belden, der sich auf den Sozialen Medien verneigte:

 

Oder der Luzerner Gitarrist Richard Köchli (55), den er förderte. Der erinnert sich gerne an seine Begegnungen mit Polo Hofer. «Er war im Studio absolut ernsthaft, kompetent und hochkonzentriert. Denn er wusste fast alles über die Musik, in aller Tiefe», sagt Köchli, der heute als einer der besten Blueser des Landes gilt und auch Filmmusik schrieb. «Man kannte einerseits das Bild des heftigen Trinkers – andererseits hatte er eine riesengrosse Leidenschaft für die Musik. Ich durfte vor allem diese Seite kennen.»

«Stets behielt er eine geheimnisvolle Seite für sich. Was ihn umso interessanter machte …»

Richard Köchli, Luzerner Gitarrist

Viermal begegneten sie sich: Bei einer Dylan-Nacht in der Horwer Zwischenbühne 1999, als Hofer dem Luzerner staunend zuschaute und ihn dann mit Lob zuschüttete. Kein Wunder kam Polo, als ihn Köchli zur Blue-Balls-Eröffnung als Sänger einlud. 2011 revanchierte sich Hofer dann wieder, und lud Köchli als versierten Gitarristen für sein «Prototyp»-Album ins Studio ein.

Nachwuchsförderung: Mit Keyboarder Hape Brüggemann feuert Polo den Luzerner Richard Köchli an.

Nachwuchsförderung: Mit Keyboarder Hape Brüggemann feuert Polo den Luzerner Richard Köchli an.

(Bild: Richard Köchli)

Und schliesslich sangen sie auf einer Kreuzschifffahrt vor vier Jahren zusammen. «Es waren bereichernde Begegnungen. Polo gelang der Spagat zwischen Volksbarde, Schlagersänger und Rock ‚n’ Roller wunderbar. Und stets behielt er eine geheimnisvolle Seite für sich. Was ihn umso interessanter machte …»

«Polo Hofer hat wie kein anderer vor ihm die Mundart und die Rockmusik zusammengeführt.»

Alain Berset, Bundesrat

Interessant bleibt auch Hofers Werk. Seine Losung war: «Besser genial stehlen als schlecht komponieren.» Damit brachte er es weit. So weit, dass sogar ein Bundesrat bei seinem Tod strammsteht. Alain Berset sagte ergriffen: «Polo Hofer hat wie kein anderer vor ihm die Mundart und die Rockmusik zusammengeführt.»

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