Kolumne

Ich als Studentin, unverschämt reich

Was wohl Isa jetzt wieder umtreibt? (Bild: Mike Bislin)

Im Studium hat man meistens nicht viel Geld – und doch reicht es irgendwie für alles. In der neuesten «Isa, garantiert kompliziert»-Kolumne geht's darum, wie sich unsere Vorstellungen über Geld ändern. Und wie reich man sein könnte.

«Stell dir vor, wie reich wir wären. Wenn wir noch so leben würden wie während des Studiums», meinte letztens eine Freundin.

Wie recht sie hat! Ich wär unverschämt reich, und das mit durchschnittlichem Lohn. Als Studentin, die ihr Geld mit Nebenjobs wie Brombeeren ablesen, Partys von Nachtclubs promoten und als Telefonbefragerin verdient hat – hat das Geld immer irgendwie gereicht. Ich hatte keine teuren Hobbys. Man traf mich meistens im Pferdestall an, fürs Reiten mistete ich die Boxen und kümmerte mich um die Tiere, wenn die Besitzerin mal weg war.

Vorglühen mit Kochwein

Beim Vorglühen nippte ich an einem Pappbecher gefüllt mit Vin Blanc, die Flasche für 2.35 Franken (ja, der wäre fürs Kochen gedacht). Ich bugsierte meinen und die Namen meiner Freunde auf jede Gästeliste dieser Stadt. Wir tranken billig, kamen überall gratis rein. Und wenn das Geld knapper wurde, schmuggelten wir eben Öttinger-Dosenbier in den Nachtclub, mit dem 20er-Nötli im Portemonnaie kamen wir locker durch den Abend.

Leben auf Pump gab's nicht. Für die Ferien musste erst gespart werden und auch vor dem spontanen Besuch beim Piercer während der Statistik-Vorlesung wurde zumindest kurz ein Bankkonto-Check gemacht, ob ein Lappen für ein goldenes Ringli in der Nase drinliegt. Oder ob man noch eine 10er-Note für den Döner um die Ecke hat – oder lieber selbstgemachten Linseneintopf von zu Hause im Tupperware in die Uni mitnimmt.

Der 10-Franken-Kaffee war nun wirklich unnötig

Klar. Ich lebte im «Hotel Mama» und musste zu Hause nichts abgeben. Aber früher, als Geld und Datenvolumen noch begrenzt waren, habe ich viel mehr abgewägt, ob diese Investition in den Starbucks-Kaffee wirklich nötig ist. Wie auch bei allen anderen Ausgaben für Freizeit und mein Leben abseits des trauten Heims.

Oder ob ich das Geld lieber sparen möchte für etwas, von dem ich wirklich etwas habe. Dann war eben auch mal knausrig sein angesagt. Meinen besten Freundinnen und Freunden erging es gleich – wir wechselten uns lediglich dabei ab, wer wann gerade etwas geizig beim Ausgeben ist. Hatte jemand kein Cash, so unternahmen wir einfach gemeinsam etwas Cashlesses. Wir hatten die geilste Zeit unseres Lebens, mit wenig Geld.

Was ist viel Geld?

Aber Zeiten ändern sich nun mal. Mit dem Geld ist es halt so: Man kann nicht mehr ausgeben, als man hat. Eigentlich. Aber wenn man mehr hat, gibt man dummerweise eben oft auch mehr aus. Irgendwie passen wir unser Leben immer neuen Standards an, schmücken unser Leben entsprechend aus – und setzen immer einen drauf. Die Idee davon, was viel Geld ist, ändert sich.

Das Leben wurde nach Auszug und Praktikum, und dem ersten vollen Lohn, verdammt teuer. Von der Single-1-Zimmer-Wohnung ging's in die WG, dann ein Upgrade-Umzug in die Single-2,5-Wohnung. Dass die Wohnung nun bereits einen Drittel des ganzen Lohns frisst, hab ich mir ja selbst ausgesucht. Aber ich verbringe gerne und viel Zeit zu Hause – das Geld ist es mir wert.

Hinzu kommen einige guilty pleasures, die ich mir leiste. Etwa den monatlichen Besuch bei meiner Nageldesignerin. Eine kleine Investition in heisse Nägel. Mich macht's glücklich. Einen fixen Betrag schiebe ich immer aufs Sparkonto – doch es könnte mehr sein, wie ich finde. Weil viel Geld irgendwo hinflattert, von dem ich eigentlich gar nicht so viel habe.

Sparen ist angesagt

Und in Zeiten von Krisen und Inflation lohnt es sich, mal alle Ausgaben unter die Lupe zu nehmen. Schliesslich bin ich in einer privilegierten Situation und könnte noch mehr sparen. Deswegen habe ich letztens Milchbüechli geführt und den «persönlichen Finanzassistenenten» in der App meiner Bank angetippt. Das war echt schockierend. Fazit: Viel zu viel Geld verprasse ich bei Lebensmitteleinkäufen und auswärts Essen. China-Sösseli vom Asia-Laden, von der ich nur einmal brauche, zu faul zum Kochen und den Pizzaiolo vor die Tür bestellt oder ein selbstgemachtes 3-Gang-Menu. Unsummen für Essen – von dem Ende Monat kein Glücksgefühl übrig bleibt.

Wie würde ich leben mit dem Geld, das ich habe, und das Leben wie damals als Studentin führen würde? Vielleicht wäre ich nicht gerade reich – aber es würde Ende Monat noch viel mehr Geld übrig bleiben. Ab jetzt gibt's wieder mehr Linseneintopf – und ja, vielleicht mal wieder Vin Blanc (der wurde übrigens satte 50 Rappen teurer!).

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1 Kommentar
  • Profilfoto von tore
    tore, 29.10.2022, 15:29 Uhr

    Ups: «(…) geht’s darüber, wie sich unsere Vorstellungen und über Umgang mit Geld ändern.» … drunter und drüber 😉

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