Kolumne

Der Wunschpartnerkriterienkatalog

Was wohl Isa jetzt wieder umtreibt? (Bild: Mike Bislin)

Ein Zeitungsbericht über Studentinnen, die lieber einen reichen Mann statt eine eigene Karriere wollen, provozierte viel Kritik. Die zentralplus-Kolumnistin findet hingegen: Ansprüche an den Partner sind überbewertet.

Älter und erfolgreicher soll er sein, der Mann an der Seite einer Frau: Zu diesem Schluss zumindest kommen zwei Forscherinnen, die rund 10'000 Studentinnen der Uni Zürich und der ETH befragt haben. Viele Studentinnen in «Frauenfächern» hätten «wenig Karriereambitionen», schrieb die «SonntagsZeitung» dazu. Nach dem Uniabschluss ist erstmals Kinderkriegen angesagt, Pensum zurückschrauben und Papa als Haupternährer.

Nach dem Bericht hagelte es Kritik – zu Recht. Die Kommentarspalten quollen über. Frauen heiraten «nach oben» und Männer «nach unten», ist da zu lesen. Heinz hätte sich «mehr Wille zur Karriere und Emanzipation» gewünscht. Ruedi sagt, emanzipierte Frauen seien reines Wunschdenken – stattdessen würden sie sich für ihren «Herrn Gemahl» lieber vor den Herd spannen lassen. Back to the roots, yay!

Der Wunschpartnerkriterienkatalog

Klar, auch ich kenne eine Frau in meinem Umfeld, auf die das voll zutreffen mag. Eine frühere Kommilitonin – ja, eines «Frauenfachs» – belächelte mich vor Jahren einst, als ich peinlich berührt grinste, während sie mir ihren Wunschpartnerkriterienkatalog runterratterte.

Der ist natürlich geprägt von absolutem Beschützerinstinkt, ein sportbegeistertes Muskelpaket, an Börsenthemen interessiert, vorzugsweise in der IT- oder Finanzbranche tätig, am besten selbständig erwerbstätig, da er sich nichts vorschreiben lässt, und verfolgt Karriereambitionen – und ist vor seinem 30. Geburtstag kinderwollend. Ich wünschte ihr viel Erfolg dabei, den einen Versorger zu finden, auf dessen 37-Punkte-Liste sie selbst ebenfalls sämtliche erfüllt.

Er soll existieren

Gerade kürzlich sprachen wir bei einem Feierabendbier über mögliche Partnerkriterien. Wir sassen zu siebt am Tisch – alles Singles. Die zwei Typen in der Runde wollten wissen, wie wir Frauen uns unseren Traummann vorstellen. Eigentlich kann ich solche Fragen nicht abkriegen.

Doch eins ist klar: Einen Versorger braucht keine von uns. Unser Leben haben wir glücklicherweise selbst alleine nicht im Griff. Stattdessen sagten wir reihum: «Sensibel» soll er sein, «tiefgründig» und «humorvoll». Oder schlicht «existierend». Wie bescheiden.

Katalogdenken

Zu wissen, was man nicht will, ist sicherlich hilfreich. Zu wissen, was man will, noch besser. Mit einer Wunschpartnerkriterienliste wie meine einstige Kommilitonin hätte ich persönlich aber Mühe. Das erinnert mich an die Kataloge vom Pferdestall früher. In denen wurden Hengste angepriesen. Neben Stockmass, Abstammung und ergatterten Preisen wurden sie mit Attributen wie «typstark», «reinerbig braun» und «stets in Balance und Takt mit ausgezeichneter Kadenz» und «glänzt mit überlegener innerer Einstellung» beworben.

Nur das beste Sperma kommt in die beste Stute des Stalls. Schon klar. Ob die Chemie stimmt oder ob die beiden kompatibel sind, spielte keine Rolle – Hauptsache, die Erfolgsquote des «Produkts» passte.

Die Chemie zwischen Menschen lügt nicht

Kriterien kann man doch an ein gutes Buch haben. Oder einen guten Wein. Vielleicht auch an die Paarungszeremonie einer Stute. Aber an die Beziehung mit einem Menschen? Sollte es nicht einfach passen?

Klar, gemeinsame Interessen sind nicht verkehrt – oder zumindest sollte man sich für das Leben und die Leidenschaften des anderen ernsthaft interessieren. Genauso bei Wertvorstellungen.

Doch das Wichtigste ist doch, das Gefühl zu haben, sich beim Gegenüber fallen lassen zu können. So sein zu können, wie man wirklich ist, ohne darüber nachzudenken – mit allen Ecken und Kanten. Schwächen zuzulassen.

Das Problem mit diesen vielen Kriterien bei der Partnerwahl: Man versucht, Rationales mit Emotionalem zu mischen. Man entscheidet mit dem Kopf, ob das Gegenüber jedem einzelnen Punkt gerecht wird. Anstatt sich wirklich auf die Situation und den Menschen einzulassen und auf sein Bauchgefühl zu hören.

Verwendete Quellen
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 20.05.2023, 16:33 Uhr

    Gut beschrieben Isa

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