Stadt Zug

Keine Lust auf Landverkauf

Diese vier Einfamilienhäuser will der Stadtrat verkaufen, um andere Investitionen tätigen zu können. Das stösst einigen Gemeinderäten «sauer auf». (Bild: zvg)

Um die Stadtfinanzen zu entlasten will der Stadtrat Land verkaufen. Und hat das so aufgegleist, dass das Parlament darüber nicht entscheiden darf. Dieses hat trotzdem so einiges dazu zu sagen.

Investitionen gibt es nur mit Devestitionen, das ist die Maxime des Zuger Stadtrates, um auch in den kommenden Jahren weiter in die Infrastruktur der Stadt investieren zu können. Dazu gehören auch Landverkäufe. «Weshalb verkauft die Stadt ihr Tafelsilber?», hatte zentral+ noch im April den Stadtrat gefragt, und die Frage ist immer noch aktuell. In der Sitzung des Stadtparlaments vom Dienstag kamen die Verkaufspläne bei fast niemandem gut an. Das Verdikt ist eindeutig: 33 von 34 Gemeinderäten hielten ihre Hand hoch, als es darum ging, ablehnend zum Landverkauf Stellung zu nehmen.

«Gebäude ohne strategischen Wert»

Konkret handelt es sich um mehrere Liegenschaften, die nicht in die Immobilienstrategie des Stadtrates passen (siehe Box): «Gebäude ohne strategischen Wert, die Kosten verursachen, bei denen eine Sanierung nötig wäre, und die keinen finanziellen Nutzen für die Stadt haben», so Finanzchef Karl Kobelt. Um solche Gebäude handelt es sich laut Stadtrat bei vier Liegenschaften in der Gartenstadt im Herti, in denen die Stadt günstige Wohnungen vermietet, und bei der Liegenschaft am Knopfliweg. Die einzige Liegenschaft, zu deren Verkauf fast alle Fraktionen zustimmen würden, ist die 4.5-Zimmer-Wohnung in der Vorstadt 2, mit Seesicht.

«Man kann sagen, das ist Zufall. Ich denke, es ist Strategie.»

Urs Bertschi, Gemeinderat

Das eigentlich Störende an der Debatte jedoch war die fehlende Entscheidungsfähigkeit des Grossen Gemeinderates: Da der Stadtrat die einzelnen Verkaufsobjekte auf jeweils unter eine Million Franken geschätzt hatte, kann er über deren Verkauf selbst entscheiden. Dies, weil Geschäfte unter einer Million Franken nicht referendumspflichtig sind. Der Grosse Gemeinderat hat dazu nichts zu sagen. «Man kann sagen, das ist Zufall, ich denke, das ist Strategie», sagt Gemeinderat Urs Bertschi zu der Schätzung der Immobilien durch den Stadtrat, und bezeichnet sie sogar als Mogelpackung.

«Ich als Immobilienheini»

SVP-Parlamentarier Manfred Wenger bekräftigt: «Wenn die Stadt realistisch schätzen würde, kämen wir über eine Million pro Objekt, und dann wäre das Geschäft referendumspflichtig. Aus meinem Beruf als Immobilienheini sehe ich auf den ersten Blick, diese Immobilien sind zu tief eingeschätzt.»

So schätzt zum Beispiel der Stadtrat die 4.5-Zimmer-Wohnung an der Vorstadt 2, direkt vor Rössliwiese und Postplatz, auf 900’000 Franken. «Es ist auch für Laien ersichtlich, dass das zu wenig ist», sagt SP-Fraktionschefin Karin Hägi. «Offenbar ist für die Stadt jedes Mittel recht, um eine Steuererhöhung zu verhindern.»

Diese Liegenschaften stehen zur Diskussion

Die vier Reiheneinfamilienhäuser an der Hertistrasse 7, 11, 13 und 21 will der Stadtrat laut Schätzung für zwischen 760'000 Franken und 820'000 Franken verkaufen. Sie stammen aus dem Jahr 1919 und weisen grossen Sanierungsbedarf auf. Alle vier sind im Inventar schützenswerter Denkmäler erfasst.

Das Mehrfamilienhaus am Knopfliweg 4 wird vom Stadtrat als Liebhaberobjekt bezeichnet und ist auf einen Verkaufswert von 1.4 Millionen Franken eingeschätzt. Es sei dringend sanierungsbedürftig.

Die Eigentumswohnung an der Vorstadt 2 war Teil der Pflichtwohnungen der Stadt, also des Kontingents, dass die Stadt an günstigen Wohnungen anbieten muss. Da die Stadt aber dieses Kontingent mittlerweile übertroffen hat, könne man die Wohnung verkaufen, so der Stadtrat. Die 4.5–Zimmer-Wohnung wurde mit einem Verkaufswert von 900'000 Franken eingeschätzt.

Die Objekte wurden laut Stadtrat von der sm bauconsult AG im Sommer 2013 eingeschätzt.

 «Stadtrat verschenkt Geld»

Der Rat kann zwar nicht über das Geschäft abstimmen, darüber diskutieren kann er aber leidlich: Quer durch alle Fraktionen steht man der Vorlage ablehnend gegenüber, wenn auch aus anderen Gründen. CSP-Parlamentarierin Susanne Giger sagt: «Der Umgang der Stadt mit den Liegenschaften stösst uns sauer auf. Es wurde lange kaum etwas investiert. Wäre die Stadt ihrer Verpflichtung nachgekommen, gäbe es keinen Sanierungsstau.» Und die Sanierungskosten wären nicht so drückend, dass die Stadt einen Verkauf in Erwägung ziehen müsse.

Die FDP-Fraktion begrüsst den Verkauf der Liegenschaften vollumfänglich, sträubt sich aber dagegen, dass den Mietern ein Vorkaufsrecht eingeräumt werden soll: «Hier verschenkt der Stadtrat ohne Not Geld», sagt FDP-Parlamentarierin Sandra Barmettler. «Die Wohnungen sollen zum Marktwert verkauft werden.» Das sieht auch die CVP so: «Der Verkauf soll nicht wenigen Privilegierten, sondern der Allgemeinheit dienen», sagt Martin Eisenring.

In dieselbe Kerbe schlägt SP-Gemeinderat Urs Bertschi: «Ich bin vielleicht nicht die Mutter aller Mieter, trotzdem ist mir das Wohl der Mieter ein Anliegen. Wenn aber die finanzielle Not der Stadt so gross ist, dass wir aus finanziellen Gründen Liegenschaften verkaufen müssen, dann soll man auch die Verantwortung übernehmen, und diese Wohnungen zum Marktwert verkaufen.» Sagt er und ergänzt: «Für mich kommt ein Verkauf allerdings niemals in Frage.»

Bertschi vertritt damit auch die Meinung der Bau- und Planungskommission (BPK), deren Präsident er ist. «Wir haben in unserer Beratung das Geschäft sehr kritisch hinterfragt», sagt er, «und wir waren uns der finanziellen Situation der Stadt dabei auch bewusst. Wir waren der Meinung, dass die Stadt damit nur einen kurzfristigen Gewinn realisiert. Aber diese kurzfristigen sechs Millionen sind schnell wieder ausgegeben, das Land ist für immer weg.»

SVP-Politiker Philip C. Brunner schlägt vor, diese in Reserve zu halten: «Ich würde empfehlen, hier ein bisschen nachzudenken und über die Bücher zu gehen.»

Kein grünes Licht

Das kommt beim Stadtrat an: «Jetzt geht es für uns darum, die Vorlage zu überdenken», sagt Finanzchef Karl Kobelt nach der Debatte. «Die Meinungen sind kontrovers, und ich denke es ist unmöglich, sie alle unter einen Hut zu bringen.» Trotzdem sei für den Stadtrat klar: «Der Grosse Gemeinderat hat uns kein grünes Licht gegeben. Wir sind froh um die Debatte und werden das Projekt überarbeiten.»

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