Zuger Finanzausgleich löst Grundsatzdebatte aus

Ist Peter Hegglin der Falsche in Bern?

Im Kantonsratssaal spielen sich gerade Machtwechsel ab. (Bild: anm)

Der Kantonsrat stimmt der Revision des Zuger Finanzausgleichsgesetzes zu. Dennoch kommt es zu einer Grundsatzdiskussion, in der ein CVP-Ratsmitglied für die Stadt Zug eine Steuererhöhung vorschlägt. Die Linke jubelt, Bürgerliche reden sich in Rage – auch über den nationalen Finanzausgleich. Manche stellten sich gar die Frage, ob Finanzdirektor Peter Hegglin am richtigen Ort sei.

Gilt das Etikett «Steuer du heilige Kuh» bald nicht mehr für den Kanton Zug? Sind die Tage des Steuerparadieses gezählt? An der Kantonsratssitzung kam es zu einem überraschenden Ereignis: Als die Fraktionen über den kantonalen Finanzausgleich diskutierten (siehe Tabelle «Was ist neu am ZFA?»), ergriff CVP-Kantonsrat Gregor Kupper das Wort und brach ein Tabu. 

Die Stadt Zug soll die Steuern erhöhen

Er kam auf das strukturelle Defizit der Stadt Zug zu sprechen und brachte den Vorschlag, man solle im Kantonshauptort die Steuern erhöhen, um der finanziellen Schieflage zu entkommen. Es schien, als hätte Kupper fast schon Hochverrat begangen, denn, dass das Wort «Steuererhöhung» aus dem Mund eines bürgerlichen Politikers kommen würde, hätte wohl niemand erwartet.

Weitere Revision verlangt

Obwohl die Teilrevision des Gesetzes über den direkten Finanzausgleich vom Kantonsrat angenommen wurde, äusserten alle Fraktionen Kritik.

Die Staatswirtschaftskommission (Stawiko) monierte, dass auch Gelder zu Gemeinden fliessen würden, die es eigentlich gar nicht bräuchten. Es sei schwer verständlich, wieso Baar eine Gebergemeinde sei, während das vergleichbare Cham zu den Nehmern zähle. Die FDP kritisierte, dass beispielsweise Steinhausen als Nehmergemeinde den Steuerfuss hochalten würde, um nicht auf ZFA-Zahlungen verzichten zu müssen.

Die Fraktionen waren sich einig, dass der Kanton sich nicht am ZFA beteiligen sollte. Das sei systemwidrig, wurde wiederholt eingeworfen. Die Stawiko forderte, diese Beteiligung auf drei Jahre (bis 2017) zu befristen. Der Antrag wurde angenommen. Ebenfalls soll in einer zweiten Revision eine neutrale Zone geprüft werden, mit Gemeinden, die nichts einzahlen, aber auch nichts erhalten würden.

Alle Fraktionen waren sich einig, dass diese Kritikpunkte in einer 2. Teilrevision baldmöglichst aufgenommen werden sollten.

«Es zeigt sich heute, dass die auf Januar 2010 beschlossene Steuersenkung in der Stadt Zug um drei Prozentpunkte ein Fehler war. Ich möchte den Stadtrat und den Grossen Gemeinderat dazu animieren, sich darüber Gedanken zu machen», so Kupper. «Man ist wohlmöglich zu optimistisch gewesen oder hat die Auswirkungen der Entlastung des Mittelstandes unterschätzt», sagte der CVP-Politiker und fragte: «Wäre dieser Fehler nicht zu korrigieren?»

Es sei ihm sehr wohl bewusst, dass dies einen medialen Aufschrei auflösen würde, man könne es auch positiv kommunizieren im Sinne von «wir haben einen Fehler gemacht und wir korrigieren diesen nun als verantwortungsvolle Politiker.» Das wäre doch viel besser, so Kupper, als ständig weiter über das strukturelle Defizit zu klagen. Er schloss sein Votum mit den Worten: «Ich hoffe, Sie damit anzuregen.»

Jubel bei der Linken

Kupper regte nicht nur an, sondern löste eine regelrechte Grundsatzdebatte aus. Irritierend war für einige Anwesende, dass Kupper zunächst als Präsident der Staatswirtschaftskommission (Stawiko) über den Antrag der Regierung zur Gesetzesrevision sprach und anschliessend diese persönliche Einschätzung anfügte. Vor allem die Bürgerlichen fanden seine Bemerkung fehl am Platz.

Die Linke hingegen jubelte. Eusebius Spescha von der SP nahm als Erster direkt Bezug auf Kuppers Aussage. «Es freut mich, wenn Herr Kupper als Mittepolitiker dem halblinken Stadtrat gute Arbeit attestiert und der bürgerlichen Mehrheit ins Gewissen redet.» Ebenso erfreut war Stefan Gisler von der Alternativen-Die Grünen: «Es ist schön, dass der Präsident der Stawiko auf unsere Haltung der Steuervernunft umschwenkt, vielleicht folgen ihm bald andere Bürgerliche Gemeinde- und Kantonsräte.» Er appellierte aber auch an den Kanton, dass er in Steuerfragen etwas vernünftiger umgehen soll. Der Kanton sei schliesslich durch den ZFA mitschuldig am sturkturellen Defizit der Stadt Zug.

«Es ist delikat, was Sie hier sagen»

Ganz anders kam das Votum von Kupper bei der SVP an. Kantonsrat Philip C. Brunner redete sich in Rage: «Die Aussage von Georg Kupper fordert mich nun heraus, hier doch noch etwas zu sagen. Herr Kupper, es ist delikat, was sie hier sagen.» Er fordere eine Steuererhöhung in der Stadt Zug und die Linke nehme das mit Handkuss auf. Das gebe der Linken und dem Stadtrat die Legitimation, erneut über eine Steuererhöhung nachzudenken. Ausserdem sei es nicht angebracht, dass der Präsident der Stawiko im Kantonsrat Gemeindepolitik betreibe. Für Cornelia Stocker von der FDP ist die Aussage Kuppers ebenfalls unangebracht. «Eine Steuererhöhung ist nach wie vor das falsche Signal».

«Eine Steurerhöhung ist nach wie vor das falsche Signal.»

Cornelia Stocker, FDP-Kantonsrätin

Gregor Kupper selbst nahm nochmals Stellung und blieb dabei: «Es war mir bewusst, dass ich in ein Wespennest steche, das macht mir aber nichts aus. Es war mir ebenfalls klar, dass ich Schelte von rechts und Lob von links erhalten werde.» Es gehe aber darum, den Tatsachen in die Augen zu schauen. Alle seien auf eine vernünftige Finanzpolitik angewiesen. Man müsse Signale nach aussen senden, die den Kanton und die Stadt Zug als stabil erscheinen lassen. 

NFA als «nationale Finanzabzockerei»

Die Diskussion entgleiste nicht nur in Richtung Stadt Zug und Gemeindepolitik, sondern auch in Richtung nationaler Finanzausgleich. Vor allem bürgerliche Parteien kritisierten, dass der Kanton Zug zu viel Geld in Bern abliefere. Thomas Lötscher, FDP-Kantonsrat aus Neuheim, bezeichnete den NFA als «nationale Finanzabzockerei». Eine komfortable Mehrheit von Nehmerkantonen könne mit der «stimmenmässig hoffnungslos unterlegenen Minderheit der ausgenommenen Kantone nach Belieben fuhrwerken.»

Er stellte ausserdem in Frage, ob es sinnvoll sei, dass der Zuger Finanzdirektor Peter Hegglin die Finanzdirektorenkonferenz präsidiere. Lötscher ist der Ansicht, dass Hegglin nicht mit voller Kraft für den Kanton Zug kämpfen könne, weil er die Mehrheitsmeinung vertreten müsse. «Ich persönlich finde, wir sollten wieder die Krallen schärfen.»

Was ist neu am ZFA?

Der Finanzausgleich bezweckt, die unterschiedliche Steuerkraft der Einwohnergemeinden teilweise auszugleichen und damit eine Annäherung der Steuerfüsse zu fördern. Das revidierte Gesetz über den direkten Finanzausgleich im Kanton Zug betrifft drei Punkte:

  1. Neutraler Bevölkerungsbegriff: Neu wird nicht mehr der Begriff der «zivilrechtlichen Bevölkerung», sondern jener der «ständigen Wohnbevölkerung» als Berechnungsgrundlage dienen.

  2. Senkung des Normsteuerfusses, um die Gebergemeinden zu entlasten. Dies ergibt rund 7 Prozent tiefere Ausgleichszahlungen an die Nehmergemeinden.

  3. Beteiligung des Kantons am ZFA mit 4,5 Millionen Franken, damit sollen die Gebergemeinden entlastet werden. 

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