Luzerner Jung-SVP genervt von Jugendsession

«Ich muss hier in einem stocklinken Nest gelandet sein»

Die JSVP attackiert das Jugendparlament des Kantons Luzern in einer Medienmitteilung öffentlich.

(Bild: pze)

Die Junge SVP Kanton Luzern echauffiert sich über das Jugendparlament. Die Rechte sei untervertreten, die Moderation indoktrinierend. Diese Vorwürfe kommen bei den Veranstaltern nicht gut an. Auf der Kritik könnte aber die falsche Adresse stehen.

Die Junge SVP Kanton Luzern (JSVP) wettert über die diesjährige Session des Jugendparlaments: «Anstelle von Diskussionen und ergebnisoffenen Workshops werden gezielt Experten eingeladen, welche dem links-grünen Zeitgeist entsprechen», schreibt die Jungpartei in einer Medienmitteilung. Die JSVP wirft den Veranstaltern vor, die Teilnehmer der Jugendsession zu «indoktrinieren».

Gestützt wird die Kritik auf den Erlebnisbericht von Patrick Zibung, Vorstandsmitglied der JSVP Kanton Luzern, der an der Jugendsession teilnahm. Zibung macht seinem Ärger über die Veranstaltung Luft: «Ich muss hier in einem stocklinken Nest gelandet sein.» Er kritisiert die Moderationsleitung der Arbeitsgruppen als «tendenziös» und «manipulativ».

Das Jugendparlament des Kantons Luzern existiert seit drei Jahren und will Jugendlichen ein politisches Mitspracherecht ermöglichen. Rund 70 junge Leute zwischen 12 und 25 Jahren trafen sich im Herbst im Kantonsrat und diskutierten über das diesjährige Thema Mobilität. In Gruppen diskutieren Politiker und Experten mit den Jungen verschiedene Themen, am Schluss wird jeweils eine Forderung formuliert. Ziel ist es, junge Leute für die Politik zu begeistern.

Die JSVP fühlt sich bei Experten untervertreten

Die JSVP bemängelt, dass die Jungparteien bei der Wahl der Moderatoren nicht miteinbezogen wurden. Laut Christian Huber, Präsident der JSVP Kanton Luzern, habe man erst einen Monat vor dem Anlass eine offizielle Einladung erhalten. Er meint weiter, dass die Interessen der Rechten im Expertengremium nicht genügend vertreten waren.

«Wir zeigen den politischen Prozess auf und geben allen Jungparteien die Möglichkeit, sich vorzustellen.»

Denis Kläfiger, Vorstandsmitglied Jugendparlament Luzern

Die Veranstalter lassen das nicht auf sich sitzen. Lea Fuchs, Co-Präsidentin des Jugendparlaments, bestätigt auf Anfrage zwar, dass das Expertengremium und die Moderatoren vom Vorstand und nicht von den Jungparteien selber ausgewählt werden.

Sie spielt den Ball aber zurück zur Volkspartei. Der Vorstand lade jährlich Fachleute, Fraktionen und alle Kantonsräte – auch jene der SVP – ein. Die Exponenten der SVP hätten aber schlicht kein Interesse gezeigt.

«Wir versuchen jedes Jahr, ein neutrales Gremium aufzustellen.»

Denis Kläfiger, Vorstandsmitglied Jugendparlament Luzern

«Das Jugendparlament ist eine politisch neutrale Veranstaltung», betont Denis Kläfiger, Vorstandsmitglied des Luzerner Jugendparlaments. «Uns ist es wichtig, unseren eigenen politischen Hintergrund nicht mit einfliessen zu lassen und eine konstruktive Diskussion zu ermöglichen.»

Dem Vorwurf der Indoktrination widerspricht er vehement: «Das ist eine schwache Argumentation. Wir versuchen jedes Jahr ein neutrales Gremium aufzustellen. Wir zeigen den politischen Prozess auf und geben allen Jungparteien die Möglichkeit, sich vorzustellen.» Es sei nicht das Ziel, dass sich die Teilnehmenden am Ende der Veranstaltung einer Partei anschliessen.

Keine Vertreter der Autoindustrie

Die JSVP störte sich aber nicht nur an der Zusammensetzung der Fachleute. Auch die Moderation des Themas erschien ihr als zu links. Patrick Zibung schreibt in seinem Bericht: «Es wurde krampfhaft versucht, die Diskussion in eine linke Richtung zu drängen.» Zur ÖV-Priorisierung habe man nicht die «ja oder nein»-Frage, sondern die «ja und zwar wie»-Frage gestellt.

«Vielleicht sollten wir das Anliegen auch der Mutterpartei vortragen.»

Christian Huber, Präsident der JSVP Kanton Luzern

Dazu sagt Kläfiger: «Das Thema kann man als eher links sehen. Aber Patrick Zibung konnte seine Meinung sicher kundtun.» Vielleicht sei dieser vor allem genervt darüber, überstimmt worden zu sein. Die JSVP sah aber gerade dort den Hund begraben. Huber sagt: «Im Expertengremium gab es Vertreter des Verkehrsclubs Schweiz und der Verkehrsbetriebe Luzern. Von der Automobilindustrie war niemand vertreten.»

Kritik an der Mutterpartei

Kläfiger und Fuchs schicken die Kritik zurück an die Mutterpartei der JSVP. «In den drei Jahren, in denen es das Jugendparlament gibt, ist noch kein SVP-Vertreter beim Jugendparlament aufgetreten», sagt Fuchs. Man schreibe jedes Jahr Politiker von rechts an, doch bisher habe niemand Interesse gezeigt.

Kläfiger macht darauf aufmerksam, dass man konkret mit Lisa Zanolla, der Vizepräsidentin der SVP Kanton Luzern, Kontakt hatte. «Sie hatte selber keine Zeit, hat mir aber zugesichert, die Nachricht an ein Mitglied der Parteileitung weiterzuleiten.» Da sich niemand meldete, musste man Alternativen suchen, so Kläfiger.

Von links nach rechts: Denis Kläfiger, Vorstandsmitglied Jugendparlament Kanton Luzern, Christian Huber, Präsident JSVP Kanton Luzern, Lea Fuchs, Co-Präsidentin Jugendparlament des Kantons Luzern.

Von links nach rechts: Denis Kläfiger, Vorstandsmitglied Jugendparlament Kanton Luzern, Christian Huber, Präsident JSVP Kanton Luzern, Lea Fuchs, Co-Präsidentin Jugendparlament des Kantons Luzern.

(Bild: pze)

Wäre also die Kritik nicht bei der offenbar desinteressierten Mutterpartei besser aufgehoben? Huber wägt ab: «Vielleicht sollten wir das Anliegen auch der Mutterpartei vortragen.» Aber gerade beim Thema Verkehr hätte kaum ein Kantonsrat der SVP die Automobilindustrie vertreten können, dazu hätte es einen externen Experten gebraucht, so Huber. Er krebst aber zugleich zurück: Ihm sei nicht klar gewesen, dass alle Kantonsräte Einladungen erhalten hätten. Die JSVP scheint also gewisse Punkte nicht sehr genau recherchiert zu haben.

«Bei der JSVP hat man sich schlicht nicht genau informiert.»

Denis Kläfiger, Vorstandsmitglied Jugendparlament Luzern

Kritik an den Beiträgen

Weiter kritisiert die JSVP die «Unsummen», die für den Event ausgegeben werden. Christian Huber geht von einem kleinen, fünfstelligen Betrag aus, der jährlich für die Jugendsession budgetiert ist.

Dem widerspricht Kläfiger: «Wir erhalten 3000 bis 5000 Franken jährlich aus dem Lotteriefonds.» Das habe nichts mit den Finanzen des Kantons zu tun: «Der Lotteriefonds ist unabhängig vom Budget, wir nehmen dem Kanton also kein Geld weg», sagt Kläfiger. «Bei der JSVP hat man sich schlicht nicht genau informiert.»

Beide Seiten sehen Verbesserungspotenzial

Huber relativiert die eigene, scharf schiessende Medienmitteilung im Gespräch bereits wieder: «Uns geht es nur darum, Verbesserungspotenzial aufzuzeigen.» Man habe verschiedene Reaktionen erhalten. «Wir haben erfahren, in den letzten Jahren sei es noch schlimmer gewesen. Beim Jugendparlament passiert also bereits ein positiver Prozess. Wir möchten den optimieren.»

Dass man sich im Bereich der Gruppenmoderation verbessern kann, sieht auch Lea Fuchs: «Wir haben die Rückmeldungen erhalten, dass die Moderation sich noch mehr zurückhalten soll, damit die Jugendlichen sich selber mehr austauschen können.»

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