Hochwasser am Vierwaldstättersee: Das droht Luzern im schlimmsten Fall
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Der aktuelle Pegelstand des Vierwaldstättersees liegt fast so hoch wie beim Hochwasser 2005. Wie gut ist der Kanton Luzern darauf vorbereitet? zentralplus hat sich die heiklen Punkte angeschaut.
Das Wasser steigt in Luzern immer mehr. Die Pegel des Vierwaldstättersees und der Reuss iat so hoch wie seit fast 15 Jahren nicht mehr. Noch 54 Zentimeter fehlen – dann steht der See wieder so hoch wie 2005 (Stand Mittwoch, 13. Juli). Die Ufer sind überflutet, die Luzerner Brücken waren zeitweise gesperrt (zentralplus berichtete).
Die Dämme entlang der Reuss drohen zu brechen. Und für die nächsten Tage ist erneut Starkregen angekündigt. Wie geht das nur weiter?
Der Pegel steigt noch bis Samstag weiter an
«Die Lage ist sehr ernst», sagt Urs Zehnder, Abteilungsleiter Naturgefahren beim Kanton Luzern. Der Bund habe sowohl für den Vierwaldstättersee als auch für die Reuss die Gefahrenstufe 5 (sehr grosse Gefahr) ausgerufen.
Zwar wird der Seepegel heute Mittwoch langsamer als gestern ansteigen. Er geht aber nicht zurück, weil die Zuflüsse noch immer deutlich grösser sind als der Ausfluss. «Es wird mit einem Anstieg bis und mit Samstag gerechnet», so Zehnder. Das sei primär von den Niederschlagsmengen im Einzugsgebiet des Sees abhängig.
Ob es erneut zu einer Hochwasserkatastrophe wie 2005 kommt, «kann zurzeit nicht eingeordnet werden», wie Zehnder es formuliert. Das sei ganz wesentlich von den zu erwartenden Niederschlägen abhängig.
Womit der Kanton im schlimmsten Fall rechnet, zeigt die Risikoanalyse Kataplan. Der Bericht liest sich wie das Drehbuch eines Horrorfilms. Die Luzerner Regierung hat ihn erst Ende Juni vorgestellt. Baudirektor Fabian Peter warnte bei dieser Gelegenheit eindringlich vor einer Hochwasserkatastrophe (zentralplus berichtete). Nicht ahnend, dass diese möglicherweise unmittelbar bevorsteht.
So sieht das Horrorszenario aus
Im schlimmsten Fall rechnet der Kanton Luzern in seiner Risikoanalyse mit einem Pegelstand von 435,30 – was ungefähr dem Stand von 2005 entspricht. Erreicht der Vierwaldstättersee diesen Wert, handelt es sich um ein Hochwasser, wie es nur alle 300 Jahre vorkommt. Anders gesagt: eine Katastrophe.
Es käme nicht nur in der Altstadt, sondern auch in der Neustadt zu Überschwemmungen. Der Bahnhof Luzern könnte ebenfalls überflutet werden. Aufgrund der Überschwemmungen und Erdrutsche würden mehrere Siedlungen von der Umwelt abgeschnitten. Menschen und Tiere müssten evakuiert werden.
Strassen und Bahnlinien würden unterbrochen – und auch Versorgungsleitungen für Gas, Wasser, Strom und Kommunikation würden beschädigt. Es wäre mit Todesopfern und Verletzten sowie einem Sachschaden von bis zu einer Milliarde Franken zu rechnen.
Dammbrüche sind möglich
Im Reusstal ist gemäss der Risikoanalyse bereits bei einem Ereignis, wie es alle 100 Jahre vorkommt mit Dammbrüchen zu rechnen. «Der Flugplatz und grosse Teile der dortigen Industrie sowie beispielsweise die Kläranlage würden bei einem solchen oder gar bei einem grösseren Ereignis unter Wasser stehen», heisst es im Bericht.
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Um das zu verhindern, plant der Kanton Luzern seit Jahren, den Hochwasserschutz an der Reuss zu verbessern. Nur: Aktuell sind noch immer 56 Einsprachen dagegen hängig. Die Verhandlungen dauern noch bis Herbst. Der Bau wird zwölf Jahre dauern. Steigt das Wasser jetzt weiter an, dürfte das für die 135'000 Menschen, die im betroffenen Gebiet leben, zu spät sein.
Die Risikoanalyse zeigt weitere Schwachstellen in der Vorbereitung auf ein Hochwasser auf. Dem Bericht ist zu entnehmen, dass die Entsorgung ölhaltiger Abfälle ein Problem werden könnte. 2005 hatten sich die Eigentümer möglicher Zwischenlager geweigert, solche auf ihrem Land einzurichten.
Zudem könnte es in einzelnen Gebieten Probleme mit der Trinkwasserversorgung geben – und die Zufahren zu kritischen Infrastrukturen könnten beeinträchtigt werden. Der Bericht definiert Massnahmen, um dies zu verhindern. Diese sollen von den zuständigen Behörden dieses oder nächstes Jahr umgesetzt werden.
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