SVP-Kantonsrat verschickt verzweifeltes Mail

Thomas Werner braucht Geld für den Heimflug

Der Zuger Kantonsrat und Online-Fahnder Thomas Werner wurde Opfer eines Hackerangriffs. In einer Mail fragt er nach Geld für einen Rückflug von Zypern. (Bild: zentral+)

«Ich muss nur noch für mein Ticket und die Hotelrechnungen zahlen. Leider habe ich kein Geld dabei.» Eine Mail mit diesem Inhalt hat kein Geringerer verschickt als der Zuger SVP-Kantonsrat Thomas Werner. Ist seine Not wirklich so gross, dass der Online-Fahnder der Stadtpolizei Zürich zu solchen Mitteln greift?

Eine Mail des Zuger Kantonsrats Thomas Werner (SVP), die im Verlaufe des Freitags bei der Redaktion eintrifft, löst erst Kopfschütteln und dann Schmunzeln aus. Schnell wird klar, dass da etwas nicht stimmen kann. Zumal Werner noch am Donnerstag an der historischen Stadttunnel-Debatte im Kantonsrat teilnimmt. Und plötzlich soll Werner, der als Kriminalpolizist und Chef Ermittlungen Kinderschutz bei der Stadtpolizei Zürich arbeitet, nach Zypern verreist sein.

Glaubt man der eingegangenen Mail, soll auf der Mittelmeerinsel so ziemlich alles schief gegangen sein, was auf einer Reise schief laufen kann: «lch hoffe du hast dies schnell erhalten, ich bin nach Zypern verreist und habe meine Tasche verloren samt Reispass und kreditkarte. Die botschaft ist bereit, mich ohne meinen Pass fliegen zu lassen», heisst es im Schreiben. Der Leser stutzt ein erstes Mal.

«Ich wollte dich fragen, ob Du mir CHF 1’600 so schnell wie möglich leihen kannst.»

Aus der Mail des Zuger SVP-Kantonsrats Thomas Werner

1’600 Franken für einen Rückflug ohne Pass

Doch es geht noch weiter: «Ich muss nur noch für mein Ticket und die hotelrechnungen zahlen. Leider habe ich kein Geld dabei, meine kredit karte könnte helfen aber die ist auch in der Tasche. Ich habe schon kontakt mit meiner Bank aufgenommen, aber sie brauchen mehr zeit, um mir eine neue zu schicken. Ich muss unbedingt den nächsten Flug bekommen. Ich wollte dich fragen, ob Du mir CHF 1600 so schnell wie möglich leihen kannst. Ich gebe es dir zurück sobald ich da bin. Das Geld durch Westerm Union ist die beste möglichkeit. Ich warte auf deine Antwort.»

Einerseits fallen in der Mail die vielen Schreibfehler auf. Andererseits ist die Vorstellung, dass ein Kantonsrat und Kriminalpolizist so dreist ist, alle seine Mailkontakte um Geld anzufragen, ziemlich abwegig. Die Redaktion will mehr wissen und geht der Sache nach. Sie will dem Kantonsrat zurückschreiben. Doch drückt man im Mail auf «Antworten», erscheint Werners Mailadresse mit einem Fehler. Ein weiteres Indiz, dass da etwas nicht stimmen kann.

Automatisierte Mails an alle Kontakte

Schliesslich erreicht man Werner an seinem Arbeitsplatz in Zürich. Er weiss schon, was kommt. «Ja, ich hatte heute schon zahlreiche Telefonanrufe deswegen», erklärt Werner, der für zentral+ auch als PolitBlogger schreibt. Sein Mail-Account sei in der Nacht auf Freitag gehackt worden. Denn am Donnerstag im Kantonsrat um am Abend zu Hause sei alles noch normal gewesen, habe er noch Mails versendet, sagt der Online-Fahnder der Stadtpolizei Zürich.

Diese Hackerangriffe seien ein bekanntes Phänomen. Es gebe Hackerbanden, die E-Mail-Accounts knackten. Das passiere leider mehreren Hundert Leuten am Tag. «Es werden dann solche automatisierte Mails an alle Kontakte verschickt in der Hoffnung, dass jemand darauf reagiert.»

Werner ist als Kriminalpolizist zum Glück am richtigen Ort für solche Fälle. Er habe das Problem mit Spezialisten bei der Polizei beheben können. «Aber es ist natürlich extrem ärgerlich.» Werner sagt, Betroffene könnten bei der Polizei Anzeige erstatten. «Spezialisten können dann die IP-Adresse des Absenders ermitteln.» Da es sich meistens um Täterschaften aus dem Ausland handle, könne die Polizei offiziell in den entsprechenden Ländern anfragen, wem die IP-Adresse gehöre. Oft verlaufen die Ermittlungen dann aber im Sand.

Bund hat eine Koordinationsstelle

Betroffene sollten sich auch bei der Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität melden. Sie gehört zum Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement und ist die zentrale Anlaufstelle für Personen, die verdächtige Internetinhalte melden möchten. Die Meldungen werden nach einer ersten Prüfung und Datensicherung an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden im In- und Ausland weitergeleitet.

Werner konnte das Problem mit seinem Mail-Account also rasch beheben. Nervig ist die Angelegenheit aber trotzdem. Und sie zeigt, dass auch Kriminalpolizisten nicht vor fiesen Hackerangriffen geschützt sind.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon