Autofreie Luzerner Bahnhofstrasse rückt näher

Theaterplatz: Steht die Box der Neugestaltung im Weg?

Die Box zwischen Theatergebäude und Jesuitenkirche – wie lange kann sie bleiben?  (Bild: zvg/Ingo Höhn)

Die Planung der autofreien Bahnhofstrasse und des Theaterplatzes wird konkret, der Stadtrat beantragt 480’000 Franken für die nächsten Schritte. Das hat auch Einfluss auf das Theater: Wenn 2019 die Arbeiten starten, müsste die Box zwei Jahre früher als geplant weichen. Beim Luzerner Theater ist man erstaunt darüber.

Die Neugestaltung der Bahnhofstrasse und des Theaterplatzes geht in die nächste Phase. Nachdem eine Jury diesen Sommer ein Siegerprojekt (siehe Box) ausgewählt hat, beantragt der Stadtrat beim Parlament nun einen Kredit von 480’000 Franken für die weiteren Planungsarbeiten. Als Nächstes werden das Bauprojekt (die Grundlage für den späteren Baukredit) und das Auflageprojekt (Grundlage für Bewilligungsverfahren) erarbeitet.

Das Stadtparlament wird voraussichtlich am 15. Dezember über den Planungskredit entscheiden. 2018 wird der Stadtrat den Baukredit für die Realisierung beantragen, und falls es ein Referendum gibt, kommt es nochmals zu einer Volksabstimmung. Ende 2019, so der Plan, starten die Arbeiten der ersten Etappe. Insgesamt wird das Projekt etwa 6 Millionen Franken kosten.

So soll die Bahnhofstrasse ab 2019 aussehen, wenn es nach der Stadt geht: Visualisierung des Projekts zur Neugestaltung. (Bild: Koepfli Partner GmbH, Luzern)

So soll die Bahnhofstrasse ab 2019 aussehen, wenn es nach der Stadt geht: Visualisierung des Projekts zur Neugestaltung. (Bild: Koepfli Partner GmbH, Luzern)

Autofrei schon ab 2018?

Das Siegerprojekt

Das Siegerprojekt «Take a walk on the bright side» von Koepfli Partner hat sich gegen 56 andere Projekte durchgesetzt (hier die interessantesten im Überblick). Die Bahnhofstrasse soll wie der Schweizerhofquai zu einem 11 Meter breiten Flanierquai werden. Zur bestehenden kommt eine zweite Baumreihe hinzu.

Abgetrennte Trottoirs wird es nicht mehr geben, vielmehr eine Fahrspur für Velos und Anlieferungsverkehr. Die Veloabstellplätze werden nicht mehr wie heute zwischen den Bäumen, sondern entlang der Häuserfassaden platziert. Dort wird es eine weitere Baumreihe in Töpfen geben und viel Platz für Boulevardgastronomie inklusive einer mobilen Buvette.

Dass das Projekt in zwei Etappen gebaut wird, hat mit der komplizierten Verkehrssituation – vor allem im unteren Teil der Bahnhofstrasse – zu tun. Die Bahnhofstrasse soll in Zukunft möglichst autofrei werden. Zwar bleiben die Liegenschaften und Betriebe für Zubringer erreichbar, jedoch werden sämtliche Parkplätze aufgehoben und die Bahnhofstrasse für den Durchgangsverkehr gesperrt.

Heute verkehren auf der Bahnhofstrasse täglich knapp 3500 Motorfahrzeuge, davon 55 bis 70 Prozent Durchgangsverkehr. Eine Knacknuss sind die beiden betroffenen Parkhäuser, deren Zu- und Ausfahrten neu geregelt werden müssen. Wann die zweite Umbauetappe startet, ist darum noch offen.

Der Stadtrat schreibt im Bericht und Antrag, dass das neue Verkehrsregime für einen Testbetrieb schon vor den Umbauarbeiten eingeführt werden könnte – temporär wohlverstanden. «Dadurch liesse sich die Stabilität des Verkehrsregimes testen und die saisonale Belebung der Stadträume forcieren», so der Stadtrat. Dieser Testbetrieb wäre frühestens 2018 möglich und nur in sorgfältiger Abstimmung mit dem gesamten Projektablauf.

Theaterplatz öffnen für den Markt

Der Fokus der Umbauten liegt zwar auf der Bahnhofstrasse, aber der angrenzende Theaterplatz ist genauso Teil der Umgestaltung. Platz und Wiese vor der Jesuitenkirche werden komplett umgestaltet und zu einem Park mit Bäumen umfunktioniert. Der Theaterplatz soll wie auch der Quai Sitzgelegenheiten und einen Bodenbelag aus Mergel und Asphalt bekommen. Der Platz soll für Veranstaltungen und den Markt genutzt werden können.

Auch der Theaterplatz wird bald neu gestaltet.  (Bild: zvg/Stefano Schröter)

Auch der Theaterplatz wird bald neu gestaltet.  (Bild: zvg/Stefano Schröter)

Wenn man wie vorgesehen 2019 mit der Neugestaltung beginnt, wird es eine unsichere Komponente geben: das Luzerner Theater. Zwar wird das alte Gebäude zu diesem Zeitpunkt ziemlich sicher noch stehen – was aber danach mit dem Gebäude passiert, ist offener denn je.

Wird das Theater dereinst abgerissen? Wird es umgenutzt, neu gebaut oder erweitert? Jedenfalls sind nach dem Aus der Salle Modulable eine Erweiterung oder ein Neubau am bestehenden Platz wieder eine wahrscheinliche Option.

Eine Unbekannte bleibt

Ist es denn sinnvoll, den Theaterplatz neu zu gestalten, wenn man noch nicht weiss, wie die Zukunft des Theaters aussieht? Ja, meint der Stadtrat. «Wir wollten nicht ewig damit warten», sagt Stadtrat Adrian Borgula. Erstens ist der Druck da, die Neugestaltung der Bahnhofstrasse voranzutreiben – schliesslich ist der Volksauftrag schon über drei Jahre alt. Zweitens macht es wenig Sinn, die Bahnhofstrasse ohne eine Lösung für den Theaterplatz in Angriff zu nehmen.

Es war eine Grundbedingung des Wettbewerbs, dass man diese Unbekannte berücksichtigt. Die offene Frage bezüglich Theater war also von Anfang Teil des Projekts Bahnhofstrasse/Theaterplatz. Beim Projektstart war der Theaterplatz sogar noch eine von drei möglichen Standorten für die Salle Modulable, bevor sich die Verantwortlichen bekanntlich für das Inseli entschieden.

Die Bahnhofstrasse heute: wenig einladend.  (Bild: zvg/Stefano Schröter)

Die Bahnhofstrasse heute: wenig einladend.  (Bild: zvg/Stefano Schröter)

Ein Theaterneubau bliebe möglich

Ein Neubau oder eine Erweiterung des Theaters hätte zwar grossen Einfluss auf den Theaterplatz, doch die jetzige Lösung wäre damit kompatibel. «Die im Siegerprojekt vorgesehene überzeugende und gut strukturierte Gestaltung des Querschnitts Bahnhofstrasse ist durch die allfällige Realisierung des Neuen Theaters Luzern am Theaterplatz nicht tangiert», schreibt die Stadt im Bericht und Antrag zuhanden des Parlaments.

Eine räumliche Erweiterung des Theaters Richtung Jesuitenplatz würde den Platz zwar verkleinern, jedoch nicht gänzlich einnehmen. Diese Möglichkeit habe man von Anfang an mitgedacht, sagt Borgula. «Am Grundcharakter des Platzes würde das nichts ändern, diese Flexibilität weist das Projekt auf.»

Kurz gesagt: Einen Bau in der Grösse der Salle Modulable hätte es an diesem Standort nicht vertragen, das hätte den Platz zum Verschwinden gebracht. Aber eine Erweiterung oder einen Neubau des Theaters verträgt es sehr wohl.

So stellen sich die Planer die Bahnhofstrasse vor – eine Visualisierung des Siegerprojektes (Bild: Koepfli Partner GmbH, Luzern).

So stellen sich die Planer die Bahnhofstrasse vor – eine Visualisierung des Siegerprojektes (Bild: Koepfli Partner GmbH, Luzern).

Kommt die Box in die Quere?

Trotzdem hat die Umgestaltung des Theaterplatzes, wenn sie denn 2019 startet, unmittelbaren Einfluss auf das Theater. Nicht auf das Hauptgebäude, aber auf die Holzbox, die seit dieser Saison vor der Jesuitenkirche steht (zentralplus berichtete).

Theoretisch dürfte sie bis Ende 2021 dort stehen. Doch praktisch bedeutet der Baubeginn beim Theaterplatz das Ende der Box. «Die Box ist als temporäre Intervention gedacht und hat eine befristete Konzession», schreibt der Stadtrat.

Borgula präzisiert: «Nach aktueller Lesart muss die Box mit dem Baubeginn beim Theaterplatz weichen.» Jedoch sei das in der Konzession von Anfang an so festgehalten gewesen. Im Bericht und Antrag steht denn auch: «Sollte der Baubeginn zur Neugestaltung der Stadträume Bahnhofstrasse und Theaterplatz früher erfolgen, gilt dieser Zeitpunkt als Ende der Befristung der Konzession.»

2019 oder 2021?

Beim Luzerner Theater ist man überrascht und weiss noch nichts von einem möglichen früheren Ende der Box. Adrian Balmer, Verwaltungsdirektor beim Luzerner Theater, sagt: «Das Luzerner Theater hat eine Betriebsbewilligung für die Box bis 2021.» Gemäss Balmer hat man keine Kenntnis davon, dass die Box einer Umgestaltung des Theaterplatzes vor 2021 in die Quere kommen könnte.

Als man 2015 die Konzession für die Box eingeholt habe, sei die ganze Situation mit dem Projekt Salle Modulable noch unter ganz anderen Vorzeichen gestanden. Und vom schnellen Aus wurden sowohl Stadt als auch Luzerner Theater überrascht. «Würden sich die Vorzeichen ändern, so müssten wir wieder zusammensitzen und gemeinsam nach einer Lösung suchen.» Denn bisher sei die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Theater «sehr nah und sehr gut» gewesen, sagt Balmer.

Bahnhofstrasse: Was bisher geschah

Im September 2013 haben die Stimmberechtigten der Stadt Luzern für eine autofreie Bahnhofstrasse gestimmt. Sie nahmen die «Initiative für eine attraktive Bahnhofstrasse» mit 56 Prozent Ja-Stimmen an. Sie verlangt, dass die Bahnhofstrasse attraktiv und wenn immer möglich autofrei gestaltet wird.

Im März und September 2014 hat der Stadtrat mit den Geschäften und Grundeigentümern sowie mit Organisationen aus Gewerbe, Tourismus, Politik und Fachverbänden Workshops zum künftigen Verkehrsregime und zu den künftigen Nutzungen auf der Bahnhofstrasse durchgeführt. Die Ergebnisse der Workshops sind in die Grundlagen für den offenen Wettbewerb für die Neugestaltung der Bahnhofstrasse und des Theaterplatzes eingeflossen.

Ende 2015 hat der Stadtrat einen Wettbewerb ausgeschrieben. 57 Teams mit Fachleuten aus den Bereichen Landschaftsarchitektur, Architektur und Verkehrsplanung haben daran teilgenommen.

Juli 2016: Die Jury hat das Projekt «Take a walk on the bright side» von Koepfli Partner GmbH, Luzern, Enzmann + Fischer AG, Zürich, und AKP Verkehrsingenieur AG, Luzern, einstimmig zur Weiterbearbeitung empfohlen. Das Projekt erfüllt in stadträumlicher, verkehrsplanerischer, landschaftsarchitektonischer, betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht in sehr hohem Mass die Erwartungen und Ansprüche.

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