Walpurgisnacht – eine Zuger Hexe klärt auf

«Solche Orgien finden durchaus statt»

Vom Sonntag auf den Montag wird Beltane gefeiert. Ein Fest, das sich voll und ganz der Fruchtbarkeit widmet.

(Bild: Fotolia)

In der Nacht auf den 1. Mai feiern die Heiden den Frühlingsanfang. Stimmt es, dass Walpurgisnacht vor allem eines bedeutet: wilde Orgien und sexuelle Riten? Kann, sagt eine Hünenberger Hexe. Muss aber nicht.

Es ist allerhöchste Zeit, dass endlich der Frühling Einzug hält. Und anstatt zu jammern, kann man etwas dafür tun. Etwa Beltane feiern, im Volksmund auch Walpurgisnacht genannt. Weil wir so gar nichts über den heidnischen Brauch wissen, fragen wir bei einer nach, die’s wissen muss. Hexe Svara, wie sich Sabine Gradischnig nennt, ist vertraut mit allem, was Magie betrifft.

Die in Hünenberg lebende Bayerin befasst sich seit 25 Jahren mit der Hexenkunde und lebte bereits von diesem Metier. Heute ist sie zwar hauptberuflich Studentin, die Hexenkunst dient ihr jedoch als Ausgleich.

Die heilige Walburga

Die Walpurgisnacht ist ein nord- und mitteleuropäisches Fest, das in der Nacht vom 30. April gefeiert wird. Der Name leitet sich von der heiligen Walburga ab, einer englischen Äbtissin, welche im 8. Jahrhundert gelebt hat. Der Gedenktag dieser Heiligen wurde am 1. Mai gefeiert. Die neun Tage davor wurden als Walpurgistage bezeichnet. Zudem gilt die Nacht auf den ersten Maitag als die Nacht, in der die Hexen insbesondere auf dem Blocksberg (eigentlich Brocken) ein grosses Fest abhalten. Diese Vorstellung ist beeinflusst von den Beschreibungen des Hexensabbats in der Literatur des Mittelalters. Nicht zuletzt aber auch wegen den Schilderungen in Goethes «Faust» wurde die Walpurgisnacht bekannt.

Sie erklärt: «Es gibt sehr viele Menschen, die Beltane feiern, ohne dass es ihnen bewusst ist. Alle, die etwa bei Maifeuern dabei sind, feiern im Grunde einen heidnischen Brauch. Während der Inquisition hat man diesen zu verteufeln angefangen, und flugs wurde er zum Maifest umgewandelt.» Laut Svara geht es bei der Walpurgisnacht darum, «den Frühling einzuleiten und die Fruchtbarkeit der Erde einzuweihen. Alte Sachen werden häufig im Feuer verbrannt, quasi als Symbol dafür, dass man den Winter verbrennt. Nun soll die Natur gedeihen. Die Beeren sollen wachsen, die Bäume, aber auch der Clan soll sich vergrössern.»

Wilde Orgien. Vorurteil oder Fakt?

Aha. Dann ist also etwas dran am Vorurteil der wilden Orgien und der Zügellosigkeit, der sich Heiden in der Nacht auf den ersten Mai hingeben?

Svara, die seit einigen Jahren im Kanton Zug wohnt, sagt: «Das findet teils durchaus so statt. Je nachdem, in welchen Gruppen man sich trifft.» Denn da gäbe es verschiedene Glaubensrichtungen. Etwa Wicca, Neopaganismus, Heidentum oder die Church of Satan. Auch unter Letzterer gäbe es unzählige verschiedene Ausrichtungen. «Alle feiern auf ihre Art und Weise. Aber ja, es gibt durchaus auch sexuelle Rituale. Wir hingegen konzentrieren uns eher auf die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft.»

«Jeder, der an diesem Tag draussen in der Natur Zeit verbringt, feiert im Prinzip den Frühling.»

Laut der Hexe müsse man jedoch nicht extra an ein Treffen reisen, um Beltane zu feiern. «Jeder, der an diesem Tag draussen in der Natur Zeit verbringt, feiert im Prinzip den Frühling.»

Die Hexe Svara gibt Auskunft.

Die Hexe Svara gibt Auskunft.

(Bild: zVg)

Nicht immer ist Ibuprofen nötig

Die Natur scheint überhaupt ein wichtiges Thema zu sein für die gebürtige Bayerin Svara. «Durchaus. Magie ist im Prinzip eine Rückbesinnung auf alte Werte und auf die Natur. So macht es etwa viel mehr Sinn, bei leichten Kopfschmerzen auf natürliche Mittel zurückzugreifen. Nicht immer ist Ibuprofen nötig. Auch Weidenrinde hilft.»

Dasselbe gelte für andere Bereiche. «Wenn mir jemand sagt, er habe keine Energie mehr, dann empfehle ich immer dasselbe. Geh alleine raus, in den Wald, und umarme einen Baum. Die meisten Menschen schauen mich jeweils verwirrt an.» Doch wie die Hexe erklärt, sei das Prinzip ein ganz einfaches. «Wenn ich meine Energie hinausschicke in die Welt, erhalte ich auch Energie zurück.»

Wenn man Svaras Webseite durchforstet, stösst man auf viele Tipps für mystische Praktiken und auf Bücher und Hilfsmittel, die sie im Versand anbietet.

Das Gemälde «Auf dem Weg zur Walpurgisnacht», 1760, Teniers d. J.

Das Gemälde «Auf dem Weg zur Walpurgisnacht», 1760, Teniers d. J.

(Bild: Wikipedia CC)

Vom Hexe-Sein leben? Das geht.

Passt eine solche Strömung überhaupt noch in unsere Zeit, in der Rationalität und Wissenschaft gross geschrieben werden? «Absolut. Ich habe sehr viele Leute, die auf mich zukommen. Ausserdem habe ich mit Läden in Wien und Prag bereits bewiesen, dass man vom Hexe-Sein leben kann.» Und auch wenn Svaras Fokus nun auf ihrem Medizinstudium liegt, bietet sie noch immer gewisse Leistungen an, so etwa auch Online-Lebensberatungen. Da fallen einem unwillkürlich zwielichtige TV-Hellseher an, welche die Naivität von Menschen schamlos ausnutzen.

«Oft ist das Scharlatanerie, was diese Leute betreiben.»

Von solchen Services distanziert sich die Hünenberger Hexe klar. «Oft ist das Scharlatanerie, was diese Leute betreiben. Sie ziehen den Leuten das Geld aus der Tasche, indem sie etwa Aurareinigungen und Anderes anbieten. Ich bin mir hingegen bewusst, dass die Lebenshilfe, die ich anbieten kann, beschränkt ist.» So käme es hin und wieder vor, dass sie Kunden empfehle, sich psychologische Hilfe zu holen.

Auf zum Blocksberg?

Nun aber zurück zur Walpurgisnacht, die in der Nacht auf den 1. Mai stattfindet. Wie feiert die Hexe Svara dieses für sie wichtige Fest? «Ich reise nicht bis ins deutsche Harzgebiet zum Blocksberg. Das Treffen, an dem ich teilnehme, findet in Bayern statt.»

Gibt es denn keine Anlässe in der Nähe? «Ich weiss, dass Hexen in Zürich sehr aktiv sind, und sich bestimmt auch treffen. Ob jedoch auch in der Zentralschweiz gefeiert wird, ist mir nicht bekannt.»

Michael Herr (1650): Hexensabbat auf dem Brocken

Michael Herr (1650): Hexensabbat auf dem Brocken

(Bild: Wikipedia CC)

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