Komplexer Fall vor Luzerner Gericht

Millionenbetrug aus der Zentralschweiz

Unter anderem köderte das Unternehmen Investoren mit Gold- und Silbermünzen mit Luzerner Sujets. (Bild: Screenshot)

Über einen internationalen Fall selten grossen Ausmasses hat in den nächsten zwei Tagen das Luzerner Kriminalgericht zu befinden. Vor dessen Schranken steht ein 58-jähriger Deutscher, der während Jahren ein komplexes internationales Betrugskonstrukt aufgebaut hat. Der Deliktsbetrag lässt aufhorchen.

1’000 Geschädigte, 400 Privatkläger, Dutzende Rechtsvertreter, 200 Bundesordner Untersuchungsakten und ein Deliktsbetrag in zweistelliger Millionenhöhe: Die nackten Zahlen mögen die Dimension des Falles nur annähernd zu verdeutlichen. In dessen Mittelpunkt steht ein Deutscher, der über seine Unternehmen immer wieder unrechtmässig Gelder akquirierte. Zwischen 2005 und 2013 baute er laut Anklageschrift ein komplexes Betrugskonstrukt auf. Die gravierendsten Verstösse liefen über die IQ Invest Swiss AG aus Luzern.

Bis heute sind im Internet Werbetrailer eines der Unternehmen des Angeklagten abrufbar, in denen er für das «derzeit beste Produkt wirbt, das es weltweit gibt». Damit meint der Deutsche Gold und Silber, welches er über einen Strukturvertrieb an Investoren verkaufte. Allerdings wurde das gekaufte Edelmetall nicht wie vereinbart im Schweizer Zollfreilager eingelagert. Die Gelder nutzte er für seine eigenen Zwecke oder sie flossen in laufende Kosten des Unternehmens. Aber nicht nur das: Auch einen Mercedes leistete er sich von den Kundengeldern, bezahlte Kreditkartenrechnungen seiner Frau oder zweigte Mittel für eine von ihm kontrollierte Stiftung ab.

Erste Firmengründung 2003 in Zug

Begonnen hatte er seine illegale Geschäftstätigkeit in der Schweiz im Jahr 2003 im zugerischen Risch. Der Angeklagte, der in Augsburg (D) bereits 1996 wegen Betrugs in 847 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verurteilt wurde, gründete zusammen mit einem Ehepaar ein Unternehmen, das Magnet-Resonanzsysteme vertrieb. Trotz eines Monatslohnes von 19‘000 Franken höhlte er die Firma aus, um sie später ganz übernehmen zu können. Dies sollte ihm dann auch zum Verhängnis werden: Misstrauisch geworden, stattete ihm das Paar einen Überraschungsbesuch ab und stiess dabei auf verschiedene Ungereimtheiten. Die eingereichte Anzeige führte später zu Ermittlungen der Luzerner Behörden und ab 2007 zu einem ersten Strafverfahren.

In der Zwischenzeit machte der Angeklagte munter weiter. Mit den Mitteln baute er hinter dem Rücken seiner Geldgeber eine Unternehmensgruppe auf. Er führte nicht nur Firmen in Risch, Hünenberg, Luzern und Cham; involviert in den Fall sind auch Gesellschaften in mehreren Ländern Europas, Dubai oder Panama. Über von ihm geschulte Vertriebspartner wurden Darlehensverträge und Zeichnungsscheine verkauft, wobei er die tatsächliche Finanzlage der involvierten Firmen verschwieg. So nahm er von etwa 185 Personen rund eine Million Euro ein.

Goldmünzen mit Kappellbrücke als Sujet

Den grössten Schaden richtete er jedoch mit der in Luzern ansässigen IQ Invest Swiss AG an. Mit dem Edelmetall-Unternehmen zog er seinen Geldgebern rund sieben Millionen Euro aus der Tasche. Tatsächlich investierte er aber nur 1,2 Millionen. Ein Teil floss in die Herausgabe der «IQ-Sammlermünze» aus Gold und Silber für Spontankäufer. Sujet der Gold- und Silbermünzen: Die Kappellbrücke, umrahmt vom Schriftzug «Luzern – Lucerne».

Die Investoren köderte er mit umfassenden Massnahmen. So heuerte er eine Journalistin an, liess drei Bücher zum Thema verfassen und engagierte für die Anwerbung seiner Vertriebspartner im Sold stehende Fachreferenten. Verkaufsunterlagen hat er mit einem Gütesiegel einer Organisation versehen, das er käuflich erwarb. Praktisch zu 100 Prozent hätte er die Gelder veruntreut, heisst es in der Anklageschrift.

Schwierige Suche nach Geschädigten

Alles in allem wurden 760 Kaufverträge zwischen wenigen hundert und einer Viertelmillion Franken abgeschlossen. Nur rund die Hälfte der Geschädigten reagierte jedoch auf die Anfrage der Untersuchungsbehörden aus Luzern, oder die Anfrage war unzustellbar. Rund 400 Geschädigte kommen aus Deutschland, weitere 200 aus Ungarn.

Zwar wurden gegen den Angeklagten und dessen ersten Firma seit 2007 ermittelt. Die Finanzmarktaufsicht Finma untersagte der IQ Invest jedoch erst im Jahr 2010 mittels superprovisorischer Verfügung jegliche Handlungen. Bis zu seiner Verhaftung gründete er weitere Unternehmen und wickelte einen Teil seiner Geschäfte über Treuhänder ab. Die Einnahmen nutzte er für Rückzahlungen an misstrauisch gewordene Anleger.

Acht Jahre gefordert

Die Untersuchungskosten des komplexen Falles belaufen sich auf rund 389‘000 Franken. An dessen Ende soll wegen Betruges, Urkundenfälschung, Geldwäscherei und anderen Straftatbeständen eine Verurteilung zu acht Jahren Freiheitsstrafe stehen. Davon hat er bereits 1145 Tage in Untersuchungshaft abgesessen, seit bald zwei Jahren befindet er sich im vorzeitigen Strafvollzug.

Im eingangs erwähnten Video nennt der Angeklagte seine Ziele: Mit 50 Edelmetallgeschäften in 25 europäischen Ländern tätig zu sein. Und gibt dabei auch gleich einen Erfolgstipp an seine Partner: «Dass die Leute an ihren Zielen festhalten». Er selbst dürfte während den nächsten Jahre im Strafvollzug wohl etwas bescheidenere verfolgen müssen.

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