Feiern und tanzen statt zu heulen: Hösli hätte das gefallen
Thomas Hösli war ein Naturtalent, ein Künstler durch und durch, das weiss Luzern. Auch an seinem zehnten Todestag. Am Freitag wurde im Südpol mit einer rauschenden Party an Hösli gedacht und unter dem Titel «Heaven is not that far», mindestens ein paar Sterne vom Himmel geholt.
Nein, geweint wurde nicht im Südpol. Aber emotional war der Abend. Die Verbundenheit mit Thomas Hösli (1965–2007), der vor zehn Jahren viel zu früh sterben musste, war greif- und spürbar (zentralplus berichtete).
Keine Tränen also, dafür Feier und Tanz. Ganz so, wie es Hösli gemocht hätte. Die Leute kamen in Scharen in die grosse Halle: alte Weggefährten, viele ehemalige Freunde und Freundinnen, Musiker, wenn nicht die ganze, so wenigstens die halbe Luzerner Kulturszene war anwesend.
Nachdem Stadtrat Adrian Borgula ein Grusswort an die Besucher gerichtet hatte, führte der Illustrator und Trickfilmer Jonas Räber im glänzend blauen Anzug locker und gutgelaunt durch den Abend.
Punk, Rocker und Poet
Hösli war vieles: Punk, Rocker, Poet, Entertainer. Ein Autodidakt, der nie eine professionelle, musikalische Ausbildung absolvierte, ein Naturtalent der für die Bühne geboren zu sein schien. Wo auch immer er mit seiner Band Steven’s Nude Club die Bühne betrat, da ging die Post ab.
Der Sound war mal rockig und hart, mal melodiös und sentimental, gemischt mit Einflüssen aus Ska und Blues, die Texte raunte Hösli mit seiner sonoren Stimme effektvoll in das Mikrofon. Und wenn noch das Bläserset auf die Bühne trat, da stampften sich nicht nur die weiblichen Fans die Füsse definitiv in den Boden.
«Hösli konnte nichts falsch machen, ich stand einfach auf ihn und fand alles toll, was er machte. Ich war ein richtiges Groupie.»
Eine Besucherin erinnert sich
Kann das gut gehen, Hösli zu covern?
Als die erste Band Steven’s Noodle Soup ihren Song «Trust no Magazine» herunterschmetterte, da war die Originalbesetzung mit Ibrahim Taha am Bass und Davix am Schlagzeug unüberhörbar. Und René Sager als Sänger? Die anfänglichen Bedenken lösten sich bereits beim zweiten Song in Luft auf, denn wenn dieser versuchte Hösli nachzuahmen, war es höchstens selbstgewählte Parodie.
Auch die zweite Band Count Gabba liess die Fetzen fliegen und verfing sich nicht in der Versuchung Hösli zu imitieren. Die dritte Band war Milky Ways from Mars, mit Pitt Furrer am Schlagzeug, der den Anlass mitorganisierte hat. Als Anouschka, alle schienen sie zu kennen, zum Mikrofon griff um den Hit «What is Erotic?» zu singen, ging ein grosses Raunen durch die Reihen. Spätestens hier muss es nun gesagt werden: Hösli hatte unglaublich viel Sexappeal.
Eine Besucherin sagte es so: «Er konnte nichts falsch machen, ich stand einfach auf ihn und fand alles toll, was er machte. Ich war ein richtiges Groupie.»
Zwischen Sedel und Magdibar
Im halbstündigen Film «Szenen aus einem Musikerleben» von Filmer Beat Bieri, der selber als Saxaphonist bei SNC spielte, ist Höslis schauspielerisches Talent unübersehbar. Schon als junges Bürschchen viel es ihm leicht, auf der Bühne zu stehen, ins Mikrofon zu raunen, vor der Kamera zu posieren. Hösli war einer, der Spass daran hatte, im himmelblauen Anzug an der Bar zu stehen und von sich zu sagen: «Mein Leben ist wie eine Bar.»
«Ja, eine gewisse Bitterkeit kenne ich schon. Über die kleinen Alltäglichkeiten.»
Thomas Hösli damals
Schon früh schien da auch eine gewisse Melancholie mitzuschwingen. Im Film sagt er einmal, darauf angesprochen, dass seine Texte im Lauf der Jahre ernster geworden seien: «Ja, eine gewisse Bitterkeit kenne ich schon.» Worüber denn? «Über die kleinen Alltäglichkeiten.» Keine aussergewöhnliche Aussage, aber wenn sie von Hösli kam, mit dieser spezifischen Mischung aus Ernst und Humor, da wurde Gewöhnliches eben zu Poesie.
Einfacher lässt sich die Frage wohl kaum beantworten, warum die Garagenkultur in Luzern gefördert werden soll: «Weil wir wichtig sind», brachte es Hösli charmant auf den Punkt. Später, bei seinen Auftritten mit dem Pianisten Riccardo Regidor trat sein feines Gespür für Sprache, Witz und Pointen noch mehr in den Vordergrund.
Versetzt in graue Zeiten
In den Pausen war genug Zeit, Erinnerungen aufleben zu lassen. Vieles war an diesem Abend im Südpol zu hören über diesen begabten, charismatischen und sensiblen Menschen. So erinnert sich ein ehemaliger Weggefährte an den ersten Auftritt von Hösli mit seiner früher Band Naturakt: «Das war für einen Chlaushöck des Fussballclubs Inter Altstadt im Zollhaus in Reussbühl. Höslis musikalisches Repertoire reichte gerade mal für 20 Minuten.»
Egal mit wem man redete, jeder hatte persönliche Erinnerung. Auch als die «Milky Ways from Mars» am Schluss den legendären Song «Don’t think twice» ein zweites Mal als Zugabe spielten: Ein bisschen fühlte man sich zurück versetzt, in diese Zeit der 80-iger und 90-ger Jahre – wären da nicht die vielen grauen Haare gewesen.
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