Luzerner Gefängnisse

«Einer Uno-Führungsposition könnte ich nicht widerstehen»

Ambitiös und erfolgreich: Barbara E. Ludwig, Leiterin der Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug des Kantons Luzern. (Bild: PD)

Als souveräne Chefin der Luzerner Gefängnisse steht Barbara E. Ludwig regelmässig im Fokus. Bleibt die 55-jährige Führungspersönlichkeit dem Justiz- und Sicherheitsdepartement erhalten? Ein Gespräch über den Grosshof-Ausbau, einen möglichen Stellenwechsel und ihre Liebe zu Sursee.

zentral+: Barbara Ludwig, Sie müssen erleichtert sein. Vor zwei Wochen hat der Luzerner Kantonsrat einen Kredit von 14,9 Millionen für den Ausbau des Gefängnisses Grosshof bewilligt.

Barbara E. Ludwig: Ja, ich bin überglücklich und sehr zufrieden.

zentral+: Ist der Zustand so prekär?

Ludwig: Sehr prekär. Wir haben im Moment unzumutbare Zustände im Grosshof, da wir die allermeisten Zellen doppelt belegt haben.

zentral+: Jammern wir in der Schweiz auf hohem Niveau?

Ludwig: Das ist sehr relativ. Letztlich geht es darum, dass die Leute hier drin nicht mehr über die Freiheit verfügen, zu tun und zu lassen, was sie möchten – kurz: Sie können ihren Alltag nicht mehr selber bestimmen. Klar geht es den Insassen in der Schweiz vergleichsweise gut. Bei uns ist alles sauber, das Essen schmeckt und die Infrastruktur stimmt. Trotzdem leiden die Menschen auch in unseren Gefängnissen. Wir haben teilweise harte Bestimmungen.

zentral+: Können Sie konkreter werden?

Ludwig: Es geht insbesondere um die zwischenmenschlichen und emotionalen Bedürfnisse, die eine gefangene Person in einem Schweizer Gefängnis nicht befriedigen kann. Der Kontakt zu Familien und Freunden wird hier nur dosiert erlaubt. Das kann bedrückend wirken. In anderen Ländern sind die Gefängnisse vielleicht schmutziger und weniger modern, dafür hat ein Insasse zum Beispiel die Möglichkeit, sich mit seiner ganzen Familie für mehrere Stunden oder sogar Tage zurückzuziehen.

zentral+: Sie sind Expertin des CPT (CPT ist das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter unmenschlicher und erniedrigender Behandlung und Strafe, die Red.). Können Sie uns mehr erzählen?

Ludwig: Als Expertin werde ich vom Komitee alle paar Jahre beauftragt, mit anderen Experten aus Europa Gefängnisse zu besuchen. Wir prüfen dann vor Ort, ob die Zustände und Verhältnisse den Gesetzen entsprechen. Die Reise samt Inspektion dauert insgesamt zwei Wochen, die Eindrücke sind enorm. Ich habe Sachen gesehen, die vergesse ich mein Leben lang nicht mehr.

«Ich habe bei Inspektionen Sachen gesehen, die vergesse ich mein Leben lang nicht mehr.»

zentral+: Auch Folter?

Ludwig: Auf Details darf ich nicht eingehen.

zentral+: Wo waren Sie denn?

Ludwig: In Moldawien und Griechenland.

zentral+: Aber kann sich die Leitung eines Gefängnisses nicht vorbereiten, wenn sie von der Inspektion erfährt?

Ludwig: Nein, weil wir die Inspektion erst im letzten Moment kommunizieren. Unsere Delegation trifft sich in einer naheliegenden Stadt zu den Vorbereitungen. Dann wird entschieden, welches Gefängnis wir inspizieren. Erst kurz vor einem Besuch informieren wir das Gefängnis.

zentral+: Inspizieren Sie als Leiterin des Justizvollzugs auch den Grosshof und die Strafanstalt Wauwilermoos?

Ludwig: Inspizieren ist die falsche Bezeichnung. Ich nehme meine Führungsaufgaben wahr. Aber ich bin nicht dauernd  vor Ort.  Es ist mir wichtig, dass die Direktoren in Ruhe arbeiten können und nicht das Gefühl haben, sie würden ständig kontrolliert. Yvonne Schärli kommt ja auch nicht alle zwei Tage bei mir vorbei.

zentral+: Was haben Sie für ein Verhältnis zur Regierungsrätin?

Ludwig: Ein sehr gutes und vertrauensvolles. Wir sehen uns regelmässig zu einem formellen Rapport. Ich kann von Yvonne Schärli viel lernen. Sie kann gut zuhören und spürt sofort, wie es dem Gegenüber geht.

zentral+: Wenn man sich den Verlauf Ihrer Karriere ansieht, dürfte bald ein Stellenwechsel zum Thema werden. Wären Sie eine gute Regierungsrätin?

Ludwig: Ich fühle mich sehr wohl in meinem jetzigen Job. Ob ein Wechsel in die Politik in Frage käme, habe ich mir noch gar nie überlegt.

zentral+: Sie waren im Kanton Schwyz schon mal als Regierungsrätin im Gespräch. Warum haben Sie abgelehnt?

Ludwig: Weil der Zeitpunkt nicht gestimmt hat. Ich war damals Schwyzer Polizeikommandantin und ich war in einer anderen Lebensphase.

zentral+: Das heisst, man darf Sie hinsichtlich der Luzerner Wahlen in zwei Jahren nicht ausschliessen?

Ludwig: Konkret mache ich mir derzeit wirklich noch keine Gedanken.

zentral+: Sie sind nun 55 Jahre alt. Welche Aufgabe wäre denn für Sie nochmals eine Herausforderung?

Ludwig: Ich denke, einer spannenden Führungsposition bei der Uno könnte ich nicht widerstehen.

zentral+: Wieder die Uno? Sie waren ja bereits in Den Haag für die Uno tätig.

Ludwig: Ja, ich führte die Opfer- und Zeugenschutzabteilung des Internationalen Kriegsverbrechertribunals für Ex-Jugoslawien in Den Haag und Sarajewo. Das war eine extrem interessante und lehrreiche Zeit.

zentral+: Wie gefällt es Ihnen in Luzern?

«Sursee ist ein Ort, wo ich Kraft schöpfe und meiner Oma in Gedanken nahe sein kann.»

Ludwig: Sehr gut. Ich bin in Luzern geboren und habe immer noch einen starken Bezug zu Sursee. Dort habe ich als Mädchen regelmässig die Sommerferien bei meiner Grossmutter verbracht. Wenn ich Sursee besuche, kommen in mir starke Gefühle hoch. Sursee ist ein Ort, wo ich Kraft schöpfe und meiner lieben Oma in Gedanken nahe sein kann. Auch Luzern gibt mir viel. Es gibt Plätze, wo ich mich den ganzen Tag aufhalten könnte.

zentral+: Zum Beispiel?

Ludwig: Auf der Terrasse des Hotels Des Balances an der Reuss. Da ist es herrlich.

zentral+: Sie sind selbst in Hotels gross geworden und zogen mit ihren Eltern von Luzern nach Gstaad, über Zürich nach St. Moritz. Hatte Ihr Vater als Hoteldirektor genügend Zeit für Sie?

Ludwig: In Hotels aufzuwachsen ist das Schönste überhaupt. Es ist ein Märchen, dass Hotelkinder zu kurz kommen. Im Gegenteil. Mein Vater und meine Mutter waren immer da. Sie hatten zwar viel zu tun, aber mein Bruder und ich waren sehr umsorgt. Menschen während 24 Stunden zu betreuen liegt auch mir im Blut. Deshalb ist es bestimmt kein Zufall, dass ich heute unter anderem für das Armeeausbildungszentrum und die Gefängnisse verantwortlich bin.

 

 

 

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