Mit Schnupftabak ins letzte Drittel

So fiebert die EVZ-Fankurve

Der EVZ würde das Spiel nicht mehr aus der Hand geben – das war der Fankurve am Freitagabend schnell klar. (Bild: EVZ)

Wie geht es ihr so, wenn der EVZ fünf Treffer gegen Ambrì-Piotta versenkt? Wie viel Euphorie steckt da in den Knochen? Wie lange hält sie durch? Wir fühlen der Zuger Fankurve in der Bossard Arena auf den Puls.

Es ist früher Freitagabend, und die Fans blicken erwartungsvoll dem heiss ersehnten ersten Heimmatch nach der Nationalmannschaftspause entgegen. Gegen das elftplatzierte Ambri wird mit einem Sieg und vielen Toren gerechnet. So tippen Luca und Robert (beide 17, aus Cham) auf ein 4:1 beziehungsweise 4:2 für das Heimteam. Wir befinden uns in der Bossard Arena, mitten in der Fankurve. Bald beginnt auf dem Videowürfel der EVZ-Film. Die laufenden Gespräche werden unterbrochen, der Trommler wartet mit einigen ungeduldigen Schlägen auf, die Spannung steigt – und explodiert, als der Speaker das «Home-Team» ankündigt und als ersten Spieler mit der Nummer 3 Nolan «Diem» (Fans) ausruft. Nachdem mit Topscorer Pierre-Marc Bouchard der letzte Zuger das Eis betreten hat, entladen sich die aufgestauten Emotionen in den ersten Fangesängen, die klar machen, wer Herr im Haus ist.

Vollgas ab der ersten Minute

Die Anhänger lassen in der gut besetzten Kurve keinen Zweifel offen, dass sie bereit für ein intensives Spiel sind und ihre Präsenz markieren werden. Genau wie ihre Mannschaft. Die gibt ab dem ersten Bully Vollgas und erzielt bereits nach 1:18 Spielzeit dank einem ebenso harten wie platzierten Slapshot Reto Suris den Führungstreffer. Der Schuss löst in der Kurve einen ersten Ausbruch von Ekstase aus, der allerdings nur von kurzer Dauer ist. Es gilt, den EVZ weiter nach vorne zu peitschen und die Führung auszubauen. Die erste Strafe gegen den EVZ führt zu solidarischer Unterstützung der Anhänger und kann die positive Stimmung nicht beeinträchtigen – im Gegenteil sorgt ein Konter Suris in der anschliessenden Unterzahl für Szenenapplaus und höher schlagende Herzen.

«Die Stimmung ist extrem cool»

Lisa (13), Fan

Nach dem fulminanten Start wird es auf und neben dem Eis etwas ruhiger, aber bei jeder Zuger Druckphase feuern die Fans das Team noch intensiver an und beflügeln somit die Angriffsbemühungen ihrer Lieblinge. Minutenlang zeichnet sich das zweite Tor ab – es ist bloss eine Frage der Zeit, bis es fällt. Die freudige Erwartung ist in der Kurve mit Händen zu greifen. Als Dominic Lammer nach 18:36 endlich einen Schuss Alatalos für Ambrìs Goalie Wolf unhaltbar ablenkt, gibt es dann kein Halten mehr – tanzen, umarmen, schreien –, das längere Warten auf dieses Tor setzt umso grössere Gefühlsausbrüche frei. Danach ist die Stimmung wesentlich entspannter – die Fans ahnen wohl bereits, dass der souverän agierende EVZ das Spiel gegen die harmlosen Leventiner nicht mehr aus der Hand geben wird.

Vereint in der Sehnsucht nach dem zweiten Chübel

In den Drittelspausen tritt das Spiel in den Hintergrund – Thema sind der Alltag in Beruf und Schule oder ein gemeinsamer Kollege, der sich gerade von seiner Freundin getrennt hat. Von Schülerinnen, Arbeitern bis Rentnern stehen Leute diverser sozialer Milieus und Alterskategorien im Umkreis der Kurve – vereint in ihrer Unterstützung für das sportliche Aushängeschild des Kantons. Sowohl die Schülerin Lisa (13, Neuheim) als auch der Informatiker Martin (60, Zug) besuchen fast wöchentlich die Bossard Arena. Das Spiel ihrer Mannschaft finden sie «toll» und «mitreissend». «Die Stimmung ist extrem cool», sagt Lisa. Nicht nur sie beide verbindet die Sehnsucht nach dem zweiten Meistertitel in der Klubgeschichte – die ganze Kurve singt gerne und oft den Klassiker: «Lino, allé, mir wänd de Chübel i de Händ vom Lino gseh.»

Mit dem Einsaugen von Schnupftabak macht sich eine Clique von Fans auf das zweite Drittel heiss. Das Spiel plätschert danach vor sich hin – der EVZ schaltet zwei Gänge zurück, wobei er den Gegner aus der Leventina weiterhin jederzeit unter Kontrolle hat. Die Stimmung in der Kurve ist weniger intensiv als noch im ersten Drittel. Die Fans feiern in erster Linie ihr Team und sich selbst – das Spiel scheint vorzeitig entschieden zu sein. Vereinzelt ist nun sogar die Kurve der Ambrì-Fans hörbar. Dies ändert sich nach dem 3:0, einer schön vorgetragenen Pass-Stafette im Powerplay, die Lino Martschini vollendet. Der Torschütze und Publikumsliebling wird mit Sprechgesängen gefeiert. Während auf den Treffer die obligate Dosis Schnupftabak eingezogen wird, verpassen viele die Angriffsauslösung Grossmanns, die zum herrlich kombinierten vierten Treffer Josh Holdens führt. Die Fans kommen nun definitiv nicht mehr aus dem Feiern heraus.

Kür und Standing Ovation zum Abschluss

Im dritten Drittel setzen sie ebenso wie Holden zur Kür an und stimmen alle obligaten Fangesänge an, die bisher noch nicht zum Zug gekommen sind. Immer wieder werden gelungene Spielzüge applaudiert, aber nie so stark wie nach Holdens Solo-Lauf in Unterzahl, der den fünften Treffer markiert. Das längst entschiedene Spiel artet nun zum Debakel für Ambrì aus. Mit der Aufforderung für eine Standing Ovation bedanken sich die Fans in der Kurve bei ihren Helden für den Torreigen und die souveräne Leistung. Publikumsliebling Martschini wird zum «best player» ernannt und nach dem Spiel vom begeisterten Anhang ausgiebig gefeiert. Es ist ein ebenso passendes wie erhofftes Ende eines rundum geglückten Abends für die EVZ-Kurve.

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