Luzerner Verkehrsprobleme

Das Busreglement entzweit die Tourismusbranche

«Ein verkehrsfreier Schwanenplatz wäre auch für das Gewerbe ein Vorteil», sagt Grossstadtrat Albert Schwarzenbach (auf dem Bild mit Touristen am Schwanenplatz). (Bild: mbe.)

Den Initianten des Metro-Projekts schwimmen momentan offenbar die Felle davon. Ihre neue Idee eines Busreglements, mit der die Carfahrer quasi gezwungen würden, das Parkhaus an der Peripherie tatsächlich zu benutzen, hat in Tourismuskreisen und bei Hoteliers für Verunsicherung und Ärger gesorgt. «Wir haben das Gefühl, dass mehr Abklärungen nötig sind», sagt Tourismusdirektor Marcel Perren zu zentral+.

Die Diskussionen um eine Lösung der Probleme mit den Reisebussen im Stadtzentrum gehen weiter. Am Montag stellen Vertreter des Tourismus, der Stadt und der Uhrengeschäfte die Studie zum Carverkehr vor. Anfang Juli will der Luzerner Stadtrat in seiner Klausur einen politischen Richtungsentscheid fällen, welchem Grossprojekt er den Vorzug geben und ob er weitere Lösungen weiter verfolgen will. Die beiden Grossprojekte sind ein neues Parkhaus an der Peripherie mit Metroanschluss ins Zentrum sowie das Parkhaus Musegg im Zentrum mit einem Fussgängertunnel zum Schwanenplatz (zentral+ berichtete).

Eine alternative Verkehrslösung, die in Salzburg erfolgreich praktiziert wird, hat der CVP-Grossstadtrat Albert Schwarzenbach kürzlich auf zentral+ präsentiert. Er plädiert für Verkehrsfreiheit auf dem Schwanen- und Löwenplatz. In Salzburg begrüsse das Gewerbe die getroffene Lösung mit zwei Terminals im Zentrum zum Aus- und Wiedereinsteigen sowie grossen Busparkplätzen an der Peripherie. Schwarzenbach: «Ich erwarte, dass die Stadtregierung nun alle Lösungsvorschläge unvoreingenommen prüft und eine Auslegeordnung vornimmt.» Der wirtschaftsnahe Parlamentarier erwartet eine Lösung zum Wohl der Bevölkerung, wie auch der Geschäfte. Und er stellt ein Umdenken in Luzern fest: «Vor einigen Jahren wäre es unmöglich gewesen, über einen busfreien Schwanen- oder Löwenplatz auch nur nachzudenken.» Die Verkehrsfreiheit sei kein Tabu mehr.

«In Salzburg profitiert das Gewerbe davon, dass Cars nicht mehr ins Zentrum fahren»,

Albert Schwarzenbach, Luzerner CVP-Grossstadtrat

Neues Busreglement umstritten

Für heftige Diskussionen hat eine überraschende Kommunikationsoffensive der Metro-Initianten Franz Zihlmann und Marcel Sigrist kürzlich gesorgt. Die Initianten machten nochmals Werbung für Ihr Projekt und zauberten plötzlich die Idee eines Busreglements aus dem Hut. Es soll dafür sorgen, dass die Cars auch tatsächlich nicht ins Zentrum fahren, sondern ins Metro-Parkhaus ausserhalb der Stadt fahren und ihre Passagiere sodann die Metro benutzen.
Hans-Niklaus Müller vom Luzerner Büro für Umweltplanung und Siedlungsökologie hat im Auftrag der Metro-Initianten das Caraufkommen in der Stadt analysiert. Demnach fahren während der Sommersaison täglich bis zu 290 Reisebusse ins Stadtzentrum. Davon 140 auf den Schwanenplatz. Hochgerechnet aufs Jahr ergibt das 56 000 Busse, die künftig im Ibach ins Parkhaus anstatt in die Stadt fahren sollen.

Tourismusdirektor Marcel Perren kritisierte das Busreglement in der «NLZ» mit deutlichen Worten. Er befürchtet, dass die Cars Luzern deshalb meiden könnten, Nachteile für den Tourismus entstehen und sprach vom möglichen Verlust von Arbeitsplätzen. Das grosse Fragezeichen ist, ob Reisecars beispielsweise weiterhin zu den Luzerner Hotels fahren und ihre Gäste dort abladen dürfen oder ob das nicht mehr möglich ist.
Auch der Präsident von «Luzern Hotels», Patric Graber, äusserte sich skeptisch. Dies obwohl der Hotelierverband für die Metro-Initianten eine Umfrage bei seinen Mitgliedern durchgeführt hatte und diese rund 75 Prozent Zustimmung zum Projekt ergeben hatte. Patric Graber war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Metro-Initianten: «Herr Perren ist bei uns im Beirat»

Die Metro-Initianten hat Perrens Reaktion überrascht. Der Grund: «Herr Perren sitzt bei uns im Beirat», sagt Franz Zihlmann. «Wir haben ja nie behauptet, dass die Busse nicht mehr zu den Hotels fahren dürfen», sagt Zihlmann. «Wenn Herr Perren Luzern als Tourismusstadt weiter entwickeln will, sollte die Stadt Neuerungen zustimmen.» Man solle nicht warten, bis vielleicht die Stadtregierung einmal von sich aus dem Busverkehr den Regel schiebe, fügt er hinzu. Franz Zihlmann erklärt weiter, die Initianten hätten 17 Personen aus der Luzerner Wirtschaft im Beirat. «Wir haben deren Anregungen, durchaus aus kritische Punkte, aufgenommen in unser Projekt.»

Busschauffeure entleeren ihre Toiletten

Zudem befragten die Metroplaner auch die Carchauffeure. «Sie fanden unsere Idee sehr gut. Nicht zuletzt wegen der Infrastruktur für Busse, die wir ihnen zur Verfügung stellen würden.» Zihlmann: «Heute entleeren und reinigen die Carchauffeure beispielsweise ihre Toiletten irgendwo in der Stadt beim Verkehrshaus oder beim Inseli. Das ist ja kein Zustand.»

«Carchauffeure entleeren ihre Toiletten mitten in der Stadt»,

Franz Zihlmann, Mitinitiant des Metro-Projekts

Der Direktor von Luzern Tourismus, Marcel Perren, hält nichtdestotrotz an seinen Argumenten fest. «Ich habe als Beisitzer des Beirats an einigen Sitzungen der Metro-Initianten teilgenommen und mitdiskutiert. Ich finde die Metro-Vision immer noch einen spannenden und kreativen Lösungsansatz.»

Rückgang der Gruppenreisen befürchtet

Das Bus-Reglement sieht er aber skeptisch. «Ein so striktes Carregime wird meiner Meinung nach zu einem Rückgang der Gruppenreisenden führen, die ein Drittel aller Touristen ausmachen. Das kann ja nicht mein Ziel sein als Tourismusdirektor von Luzern», sagt Perren. Man habe die Initianten verschiedentlich gefragt, wie ihr Projekt bezüglich Uebernachtungsgästen und Tagesbesuchern in der Praxis konkret umgesetzt werde. «Ich habe den Eindruck, dass diesbezüglich weitere Abklärungen nötig sind.»

Manche ziehen einen Vergleich mit anderen Tourismusmetropolen wie zum Beispiel Venedig, wo die Fahrt für Reisebusse ebenfalls vor den Toren der Stadt endet. Dazu sagt Marcel Perren: «Venedig ist ein absolutes Muss für internationale Gruppengäste. Zu Luzern gibt es Alternativen.» Welches Projekt die Stadtregierung bevorzugt, kann auch Perren nicht voraussagen. «Aufgrund von vielen Gesprächen scheint mir, dass das Parkhaus Musegg momentan mehr Befürworter hat», sagt er.

«Venedig ist ein Muss für internationale Gruppengäste, zu Luzern gibt es Alternativen»

Marcel Perren, Direktor Luzern Tourismus

Marcel Sigrist: «Kein Gotthard-Tunnel, wenn man auf Skeptiker gehört hätte»

Marcel Sigrist vom Metro-Projekt findet es schade, dass Luzern nicht offener ist für neue Ideen. «In der Schweiz gäbe es keinen Gotthard-Tunnel, keinen Linth-Kanal und keinen Zürcher Durchgangsbahnhof – als jüngstes Beispiel –, wenn bei all diesen Projekten die Skeptiker und Nörgler die Oberhand behalten hätten», sagt Sigrist. Die Metro in Luzern sei «eine geniale Idee einer privaten Gruppe von findigen Planern». Das Projekt solle zudem privat finanziert werden.

Sigrist: «Sogleich melden sich aber die Skeptiker zu Wort wie beispielsweise der Luzerner Touristiker Marcel Perren. Er ‘befürchte‘, er ‘glaube‘, ‘es könnte sein, dass‘, so seine Ausführungen. Keine Fakten, nichts. Schade.» Es bleibe zu hoffen, so der Initiant, dass in Luzern jene Kräfte obsiegten, die offen und flexibel gegenüber neuen und ungewöhnlichen Ideen seien. «Die Stadt muss dieses Projekt ernsthaft prüfen. Dann können wir uns bald wie die Zürcher über eine tolle verkehrstechnische Neuerung freuen, die der ganzen Bevölkerung einen grossen Nutzen bringen wird.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von marcozg
    marcozg, 22.06.2014, 10:46 Uhr

    Es ist schade, aber Luzern scheint immer mehr den Touristen zu gehören. Der Löwenplatz, der Kasernenplatz, der Schwanenplatz: 3 innerstädtische Plätze sind mehrheitlich für Cars da. Am Löwenplätz quetschen sich die Menschen das schmale Trottoir entlang, obwohl in der Mitte ein grosszügiger Platz vorhanden wäre. Am Kasernenplatz muss man über eine Fussgängerbrücke gehen und selbst dann nochmals über einen Fussgängerstreifen, nur weil der ganze Platz mit Cars verstellt ist.
    Der Schwanenplatz und der Grendel, wo es einst Bars, Restaurants und bezahlbare Läden gab, hat es fast nur noch Luxusuhrengeschäfte. Selbst die Seehofpassage wurde dem Luxussegment geopfert. Und was bringt es? Einige wenige Arbeitsplätze, ja. Und die Juweliere und Uhrenhändler werden reich. Aber es ist eine Tatsache, dass vor allem technische, höherqualifizierte Arbeitsplätze in Luzern rar sind und in Zug oder Zürich gesucht werden müssen. Ich plädiere für mehr Non-Tourismus-Business in Luzern, für mehr KMU, welche viele Arbeitsplätze schaffen.

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